The King of Comedy

Die langjährige Zusammenarbeit zwischen Filmemacher Martin Scorsese und Schauspiel-Legende Robert De Niro hat so unterschiedliche Filme wie die Dramen „Hexenkessel“ (1973) und „Taxi Driver“ (1976), das Musical „New York, New York“ (1977) und das Boxer-Drama „Wie ein wilder Stier“ (1980) hervorgebracht. Mit „The King of Comedy“ (1983) reagierte Scorsese auf die neue Mythenbildung durch Filme wie George Lucas‘ „Star Wars“ und Steven Spielbergs „Jäger des verlorenen Schatzes“ und präsentierte einen sarkastischen Blick hinter die Unterhaltungsindustrie.
Nichts ersehnt sich der Möchtegern-Komiker Rupert Pupkin (Robert De Niro), als in der Show von Jerry Langford (Jerry Lewis) aufzutreten, um seinen längst überfälligen Durchbruch zu feiern. Dabei ist er noch nie vor Publikum aufgetreten. Um die Aufmerksamkeit seines Idols zu erregen, beschützt er Langford nach dem Ende seiner Show beim Einsteigen in seine Limousine vor der mutmaßlichen Stalkerin Mascha (Sarah Bernhard), einer Freundin von Pupkin, und verschafft sich so selbst einen Platz in Langfords Wagen. Pupkin versucht den berühmten Showmaster davon zu überzeugen, dass er reif für einen Auftritt in dessen Show sei, doch Langford vertröstet ihn auf einen Termin in seiner Produktionsfirma, in der er zwar von Langfords Sekretärin Cathy (Shelley Long) mit der Bitte um die Abgabe eines Tapes freundlich abgewimmelt wird, aber trotzdem im Wartebereich des Studios ausharrt, bis er vom Sicherheitschef an die Luft gesetzt wird. Selbst als er nach Abgabe der geforderten Aufnahme die Rückmeldung erhält, noch nicht gut genug für einen Auftritt bei Jerry Langford zu sein, lässt sich Pupkin nicht einschüchtern. Er täuscht seiner Freundin Rita (Diahnne Abbott) die Verabredung zu einem gemeinsamen Essen in Langfords Sommerhaus vor, wo die Begegnung mit Langford in einem Fiasko endet. Schließlich scheint der einzige Ausweg für Pupkin, zu seinem verdienten Auftritt zu kommen, darin zu bestehen, Langford zu entführen …
Mit „The King of Comedy“ beleuchtet Martin Scorsese auf sarkastische, aber entlarvende Weise die Schattenseiten der Unterhaltungsindustrie, und zwar sowohl aus der Perspektive der Größen des Showbusiness als auch aus der der vielen Menschen, die vergeblich auf eine Karriere in Hollywood hoffen. Bereits in der Eröffnungssequenz, als Jerry Langford erst den endlos erscheinenden Applaus seines Publikums genießt, um dann von fanatischen Fans und einer Stalkerin belagert zu werden, machen deutlich, wie sehr der Ruhm auch mit einer massiven Einschränkung der Privatsphäre verbunden ist, die – siehe den tödlichen Anschlag eines verbitterten Fans auf John Lennon am 8. Dezember 1980 – aus übermäßiger Verehrung auch in tödlichen Hass umschlagen kann.
Dabei ist Jerry Langdon im Privatleben ebenso einsam wie Rupert Pupkin. Während Rupert allein in seinem Keller sitzt und an seinen Sketchen arbeitet, wandert Jerry allein in seinem Luxus-Apartment umher, genießt den anonymen Zuspruch seiner Fans auf den Straßen. Wie schnell sich die oberflächliche Verehrung aber in Unmut verwandeln kann, erlebt Jerry an einer Telefonzelle, an der er zunächst von einer Frau nur um ein Autogramm gebeten wird, doch als Jerry es ablehnt, auch noch mit dem Gesprächspartner der älteren Dame am anderen Ende der Leitung ein paar Worte zu wechseln, ruft sie ihm wütende Worte hinterher. Dieses fragile Verhältnis zwischen Stars und Fans wird durch die Beziehung zwischen dem berühmten Entertainer und dem Möchtegern-Comedian auf die Spitze getrieben. In Rupert Pupkins Phantasien bewegt er sich selbst nämlich längst auf einem höheren Niveau als sein Idol.
Besonders eindringlich macht Scorsese das in der Szene deutlich, als Jerry und Rupert in einem Restaurant gemeinsam essen und Jerry seinen mittlerweile berühmteren Kollegen flehentlich darum bittet, für sechs Wochen seine Rolle in der Show zu übernehmen. Die Karikatur der beiden, die ein Künstler am Tisch nebenan von den beiden Komikern anfertigt, dokumentiert, dass Jerry und Rupert – zumindest in Ruperts Vorstellung – einander auf Augenhöhe begegnen, ja, dass Rupert sogar in der mächtigeren Position sitzt. Eine Autogramm-Jägerin will schließlich auch nur von Rupert ein Autogramm, während sie Jerry komplett ignoriert. Diese Szene ist allerdings auch symptomatisch für die wahnwitzige, realitätsferne Vorstellung, die manche Menschen antreibt, Karriere im Showgeschäft zu machen.
Scorsese inszeniert das Auseinanderklaffen von verklärendem Wunschtraum und oft bitterer Realität in den nahtlosen Übergängen der Szenen, in denen Rupert alles dafür unternimmt, seinen Auftritt in der Show von Jerry Langford zu ergattern, und denjenigen, in der Rupert von seinem eigenen Starruhm träumt. Indem er beide Figuren meist als isolierte Menschen zeigt, die in einer Welt voller Illusionen leben, macht Scorsese die Entfremdung und Isolation im Showgeschäft deutlich. Dabei hat er mit Jerry Lewis und Robert De Niro die Idealbesetzung für die beiden Hauptrollen gefunden. Zwar sollten zunächst Late-Night-Ikone Johnny Carson und die Show-Größen Sammy Davis Jr., Frank Sinatra und Dean Martin die Rolle von Jerry Lewis verkörpern, doch durch das Engagement von Jerry Lewis ist Scorsese ein echter Coup gelungen, denn der für seine Grimassen und Blödeleien bekannte Komiker („Der Tolpatsch“, „Der verrückte Professor“) kann hier mit fast schon versteinerte Mine in einer ungewohnt ernsten Rolle überzeugen, während Robert De Niro ebenso als wirklichkeitsfremder, obsessiver Pseudo-Comedian die ganze Tragik nicht erfüllter Sehnsüchte zum Ausdruck bringt.
In der Adaption des Drehbuchs von Newsweek-Kritiker Paul D. Zimmerman („Reise mit Anita“) sind auch etliche Cameoauftritte von Leuten wie dem Komiker Ed Herlihy, den Musikern von The Clash und Lou Brown, Victor Borge, den Film- und Fernsehproduzenten Edgar Scherick und Frederick de Cordova sowie Schauspieler Tony Randall zu sehen. Zwar zählt „The King of Comedy“ zu den erfolglosesten, aber auch unterbewertesten Filmen von Martin Scorsese.
"The King of Comedy" in der IMDb

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