Flucht vor dem Tode

Der amerikanische Filmemacher Budd Boetticher (1916-2001) hat unter seinem bürgerlichen Namen Oscar Boeeticher (Jr.) in den 1940er Jahren eine ganze Reihe von hierzulande nicht veröffentlichten Film-Noir-Dramen inszeniert, bevor er einen Vertrag mit Universal Pictures unterzeichnete und 1952 seinen ersten Western „The Cimarron Kid“ mit Audie Murphy in der Hauptrolle inszenierte, der vom deutschen Verleih als „Flucht vor dem Tode“ in den Kinos startete und jetzt im Rahmen der Koch Media Western Legenden erstmals auf Blu-ray erschienen ist.

Inhalt:

Durch zweifelhafte Beweise von dem ambitionierten Detektiv Swanson (David Wolfe) wurde der junge Bill Doolin (Audie Murphy) eines Verbrechens für schuldig befunden, von dem selbst Marshall John Sutton (Leif Erickson) nicht überzeugt ist, dass Doolin alias The Cimarron Kid es begangen habe. Doch Bills Rückkehr in die Gesellschaft nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis fällt alles andere als reibungslos aus: Auf der Zugfahrt nach Hause wird Bill Zeuge, wie die Dalton-Bande, mit der er zusammen aufgewachsen ist, die Passagiere ausraubt. Bill wird von einigen Mitreisenden der Komplizenschaft beschuldigt und soll sich zu einem Verhör mit dem Anwalt der Eisenbahngesellschaft bereitstellen. Allerdings sind weder Marshall Sutton noch der Anwalt selbst bei dem Verhör anwesend, bei dem der profilierungssüchtige Detektiv Swanson Bill sofort unter Druck setzt, ihm Handschellen anlegen lässt und ihm mit einer langen Gefängnisstrafe droht, wenn er ihm nicht den Aufenthaltsort der Dalton-Bande bekanntgibt.
Als Swanson sein wehrloses Opfer auch noch zu schlagen beginnt, gelingt Bill die Flucht. Da er nun erneut unschuldig wegen eines Verbrechens gesucht wird, bleibt ihm nichts anderes übrig, als bei den Daltons um Unterschlupf in ihrem Versteck in den Bergen zu bitten. Bandenchef Bob Dalton (Noah Beery Jr.) und seine Jungs planen, zwei Banken gleichzeitig auszurauben, wobei Bob den einen Überfall anführt, der aufrührerische Red Buck (Hugh O’Brian) den anderen. Doch Bobs Unterfangen missglückt, bei der anschließenden Schießerei auf der Straße kommen fast alle seiner Leute ums Leben. Durch seine besonnene Art und ausgeprägten Schießkünste wird Bill zum neuen Anführer der Dalton-Bande gekürt, allerdings will er mit dem Verbrechen nichts mehr zu tun haben und sich stattdessen mit der Farmerstochter Carrie (Beverly Tyler) eine Farm in Argentinien kaufen. Um sich dafür das Startkapital zu besorgen, lässt er sich ein letztes Mal auf einen vermeintlich lukrativen Eisenbahnraub ein …

Kritik:

Gerade dem deutschen Publikum dürfte es schwer fallen, sich den damals 28-jährigen Audie Murphy mit seinen glatten Gesichtszügen als Anführer einer Gangsterbande vorzustellen. Er war allerdings der am höchsten mit Auszeichnungen dekorierte Soldat der Kampftruppen während des Zweiten Weltkriegs und somit dem US-Publikum als Held bereits bekannt. Nach seinem ersten Western „Verfemt“ (1950), in dem er den jungen Revolverhelden Billy the Kid verkörperte, avancierte Murphy in unzähligen Western schnell zum Star des Genres und überzeugt auch in Boettichers „Flucht vor dem Tode“ als getriebener junger Mann, der immer wieder fälschlicherweise unter Verdacht gerät, ein Kapitalverbrechen begangen zu haben, bis er gar nicht anders kann, als Schutz bei der berüchtigten Dalton-Bande zu suchen und sich seinen Lebensunterhalt als Bandit zu verdienen. Dabei bringt ihn aber ausgerechnet die reizende Farmerstochter Carrie in die Bredouille, denn der Übergang in ein rechtschaffenes, bürgerliches Leben scheint The Cimarron Kid für immer verwehrt. Diese Zwickmühle hat Boetticher nach einer Story und dem Drehbuch von Louis Stevens („Fluch der Verlorenen“, „Die Teufelspassage“) äußerst ökonomisch inszeniert.
Bereits in den ersten Minuten wird Bills Entlassung aus dem Gefängnis in Zusammenhang mit seiner vermuteten Unschuld gebracht, der Überfall der Dalton-Gang auf die Eisenbahn während seiner Heimreise aber mit seiner mutmaßlichen Beteiligung, bevor er sich nach dem unglücklich verlaufenen Verhör durch Swanson tatsächlich wieder auf der Flucht befindet und sich seinen Jugendfreunden anschließt. Boetticher findet schöne Einstellungen, um die Zwickmühle seines getriebenen Protagonisten zu veranschaulichen, wenn Billy in einem Pferdestall beispielsweise seine Kameraden davon abhält, den ihm wohlgesonnenen Marshall aus dem Hinterhalt zu erschießen, wofür sich Sutton bei späterer Gelegenheit entsprechend revanchiert.
Gut ausgearbeitet sind trotz des straffen, actionreichen Plots die beiden Frauenfiguren, wobei Carries Figur vor allem darauf ausgelegt ist, Bill ins Gewissen zu reden, während Cimarron Rose (Yvette Duguay) hin- und hergerissen ist, der Bande mit ihren Spionage-Tätigkeiten behilflich zu sein, und darauf zu hoffen, dass ihr Geliebter, Bitter Creek Dalton (James Best), einen Weg findet, dem Verbrechen den Rücken zu kehren.
Durch die Vielschichtigkeit an Charakteren, die thematisierten moralischen Dilemmata und die knackige Inszenierung hebt sich „Flucht vor dem Tode“ wohltuend vom Gros des Genres in den 1950er Jahren ab. Unter den Komponisten, deren Musik aus anderen Produktionen übernommen worden sind, befinden sich übrigens so illustre Namen wie Miklós Rosza, Hans J. Salter, Paul Sawtell und Frank Skinner.
"Flucht vor dem Tode" in der IMDb

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