8mm - Acht Millimeter
Nach dem Destaster mit den beiden Batman-Filmen „Batman Forever“ (1995) und „Batman & Robin“ (1997) hielt es Joel Schumacher offensichtlich für angebracht, einen Imagewechsel zu vollziehen, sich zumindest in einem ganz anderen Genre als in seiner Vergangenheit auszuprobieren. So verfilmte er 1999 mit „8mm – Acht Millimeter“ nach den schrill-poppigen „Batman“-Teilen 3 & 4 ein Skript von Andrew Kevin Walker, der bereits mit seinen Drehbüchern zu David Finchers „Sieben“ (1995) und Tim Burtons „Sleepy Hollow“ (1999) sein Faible für abgrundtief düstere Storys zum Ausdruck gebracht hatte. Nicolas Cage kann in der Hauptrolle zwar überzeugen, doch wie bei so vielen thematisch ähnlich gelagerten Filmen ist auch hier die praktizierte Selbstjustiz mehr als fragwürdig.
Wegen seiner außergewöhnlichen Diskretion baut sich Privatdetektiv Tom Welles (Nicolas Cage) auch einen Kundenstamm in den allerhöchsten gesellschaftlichen Kreisen auf. Nach einem erfolgreichen Auftrag für eine Senatorin ist Welles gerade zu seiner Frau Amy (Catherine Keener) und ihrem gemeinsamen Baby nach Hause zurückgekehrt, als er einen Anruf von Daniel Longdale (Anthony Heald), dem Anwalt der reichen Witwe Mrs. Christian (Myra Carter), erhält, die einen ungewöhnlichen Auftrag für Welles hat. In dem Safe des verstorbenen Unternehmers hat die Witwe nämlich einen Super-8-Fim mit höchst verstörendem Inhalt gefunden. Welles schaut sich im Nebenzimmer den vermeintlichen Snuff-Film an und reagiert verstört auf die Bilder, in denen ein maskierter Mann ein junges Mädchen zu Tode foltert. Mrs. Christian möchte nun Gewissheit darüber haben, ob der Inhalt des Films echt ist. Welles sucht tagelang in der Vermisstenkartei der Polizei nach dem Mädchen und wird schließlich fündig. Er sucht die Mutter (Amy Morton) der vermissten Mary Ann Mathews (Jenny Powell) auf und bei der Durchsuchung ihrer Sachen im Toilettenspülkasten das Tagebuch der jungen Frau, die offensichtlich mit ihrem Freund nach Hollywood wollte, um Karriere als Schauspielerin zu machen. Doch offensichtlich ist sie dabei vom Weg abgekommen und in der Porno-Industrie gelandet.
In Hollywood lernt Welles den aufgeweckten Sexshop-Verkäufer Max California (Joaquin Phoenix) kennen, der in die Welt der BDSM-Pornos einführt. Doch von Snuff-Filmen will offenbar niemand etwas kennen oder wissen. Erst als Welles mit Eddie Poole (James Gandolfini) den Vermittler von Porno-Nachwuchsdarstellern trifft, kommt Welles mit seinen Ermittlungen weiter. Er zapft dessen Telefon an und stößt so auf den Produzenten Dino Velvet (Peter Stormare). Welles reist mit Max nach New York und gibt vor, Velvet mit der Produktion eines Snuff-Films zu beauftragen. Der Deal kommt aber nur zustande, wenn Welles bei den Dreharbeiten anwesend sein darf und die männliche Hauptrolle von dem maskierten Mann mit dem Pseudonym „Machine“ besetzt wird, der auf der Hand dieselbe Tätowierung aufweist wie der Mörder von Mary Ann. Doch als Welles zum verabredeten Treffpunkt erscheint, erlebt er eine böse Überraschung…
Kritik:
Die bunt-schillernden Welten von Joel Schumachers Gotham in seinen beiden Batman-Abenteuern und die düsteren Abgründe der Torture-Porn-Industrie, die der Filmemacher in „8mm“ präsentiert, könnten unterschiedlicher nicht sein. Nach dem Willen von Drehbuchautor Andrew Kevin Walker hätte Schumachers Film noch düsterer ausfallen sollen, worauf sich das Studio allerdings nicht einlassen wollte, worauf Walker das Projekt verließ und Schumacher dessen Skript mit Nicholas Kazan („Dämon – Trau keiner Seele“, „Lügenspiel“) überarbeitete. Die Neufassung des Drehbuchs konnte allerdings nicht verhindern, dass sich die Bondage-Sado-Maso-Szene heftig dagegen wehrte, in einem Atemzug mit den ominösen Snuff-Filmen genannt zu werden, die offenbar echte Tötungen zeigen.
Nicolas Cage („Spiel auf Zeit“, „Leaving Las Vegas“) fungiert in „8mm“ als Identifikationsfigur des Zuschauers. Als liebender Ehemann und Vater taucht er während seiner Ermittlungen immer tiefer in eine moralisch verkommene Welt, in der skrupellose Männer mit den Träumen junger Mädchen spielen, die nach Hollywood gekommen sind, um Schauspielerin zu werden, und stattdessen in billigen Pornos verheizt werden.
Die stärksten Szenen hat der Film aber nicht in der Konfrontation des Detektivs mit den Porno- und Snuff-Filmproduzenten, sondern in den eher ruhigeren Momenten, in denen sich Welles beispielsweise mit Mary Anns verzweifelter und einsamer Mutter auseinandersetzt, die die Geschenke für jeden verpassten Geburtstag ihrer Tochter aufbewahrt und endlich Gewissheit haben möchte. Aber auch die Art und Weise, wie Joaquin Phoenix („The Village“, „Gladiator“) als Sexshop-Verkäufer den Detektiv in die Unterwelt der BDSM-Szene einführt, verleiht dem Thriller-Drama eine authentische Note.
James Gandolfini („Die Sopranos“, „Mexican“) und Peter Stormare („Fargo“, „Constantine“) verkörpern dagegen das personifizierte Böse, das mit einer fragwürdigen Selbstjustiz-Moral ausgemerzt werden muss. Von der zweifelhaften Message des Films abgesehen, bietet „8mm“ aber eine schmerzlich intensive, stimmungsvoll von Robert Elswit („There Will Be Blood“, „Nightcrawler“) fotografierte Reise in die Abgründe menschlicher Begierden.
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