Jede Sekunde zählt - The Guardian
Hollywood hat von Natur aus ein Faible für Heldengeschichten, zeigen sie den Menschen doch von seiner besten Seite und dienen dem Publikum als ideale Identifikationsfiguren. So wurden Soldaten, Feuerwehrmännern, Polizisten, Ärzten und Piloten ein Denkmal gesetzt, die das ihnen anvertraute Leben über ihr eigenes stellen und die Welt zu einem besseren Ort machen. Andrew Davis, vor allem in Sachen Action-Kino eine echte Größe („Auf der Flucht“, „Alarmstufe: Rot“), nahm sich 2006 in seinem bislang letzten Film einer Gruppe an, die vor allem durch Hurrikan Katrina etwas mehr ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte, den Rettungsschwimmern.
Der Ende August 2005 in den südöstlichen Teilen der USA wütende Hurrikan richtete vor allem an der dortigen Golfküste gewaltige Schäden an und kostete mehr als 1800 Menschen das Leben. Dagegen konnte die Coast Guard mehr als 30.000 Menschen evakuieren. Vor diesem Hintergrund inszenierte Davis mit Hollywood-Star Kevin Costner in der Hauptrolle ein ebenso spannendes wie aufwühlendes Drama, das zum Ende hin allerdings dem Publikum zu viel des Guten zumutet.
Ben Randall (Kevin Costner) ist eine lebende Legende unter den Rettungsschwimmern. Er hält nicht nur die meisten Rekorde in den für seine Zunft relevantesten Disziplinen, sondern scheint bereits mehr als 200 Menschen das Leben gerettet zu haben, wie die unterschiedlichsten Gerüchte verbreiten. Allerdings zieht seine Frau Helen (Sela Ward) aus dem gemeinsamen Haus aus und reicht wenig später die Scheidung ein, schließlich ist ihr Mann vor allem mit der Küstenwache verheiratet. Als bei einem Rettungseinsatz auch noch vor seinen Augen der Rettungshubschrauber von Wrackteilen eines Schiffes bei stürmischer See vom Himmel geholt wird und seine gesamte Crew umkommt, stellt ihn sein Freund und Vorgesetzter Captain William Hadley (Clancy Brown) vor die Alternative, entweder seinen Abschied von der Truppe einzureichen oder als Ausbilder an die „A“-School, der Ausbildungsschule der US-Küstenwache, in Kodiac, Alaska, zu unterrichten, um seine Reserven wieder aufzutanken.
Mit seinen unkonventionellen, vor allem an der Praxis ausgerichteten Methoden, stößt er aber bei seinen Kollegen wie Jack Skinner (Neal McDonough) oft auf Unverständnis, doch der Ausbildungsleiter Frank Larson (John Heard) gibt der Rettungsschwimmer-Legende volle Rückendeckung. Nichtsdestotrotz ist die Durchfallquote enorm. Unter den Auszubildenden befindet sich mit Jake Fischer (Ashton Kutcher) allerdings auch ein meisterhafter Schwimmer, der gewillt ist, Randalls langlebige Rekorde zu brechen. Doch als er eine lockere Beziehung mit der Lehrerin Emily Thomas (Melissa Sagemiller) eingeht, droht er seine Karriere aufs Spiel zu setzen…
Kritik:
Mit großer Unterstützung der US-Küstenwache setzte Andrew Davis 2006 den Rettungsschwimmern ein filmisches Denkmal, wie es einst „Top Gun“ den Piloten der US Navy vormachte. Drehbuchautor Ron L. Brinkerhoff („Das Mercury Puzzle“, „D-Tox – Im Auge der Angst“) bemüht dabei sogar ganze Plot-Teile des US-Navy-Werbefilms, um auf der einen Seite die besondere Beziehung zwischen dem Ausbilder und dem übermütigen Ausnahme-Talent und auf der anderen Seite die Liaison zwischen Fischer und der Lehrerin mit Leben zu füllen.
Aus der oft sehr pathetischen Skriptvorlage versucht Davis das Bestmögliche herauszuholen. Das gelingt ihm bei den Szenen auf hoher See besonders gut, wenn er die Rettungsschwimmer unter schwierigsten Bedingungen Menschen aus lebensbedrohlichen Situationen wie sinkenden Schiffen befreit und in Sicherheit bringt. Besonders authentisch wirken auch die Ausbildungssequenzen, die deutlich machen, aus welchem Holz Rettungsschwimmer geschnitzt sein müssen, um den Anforderungen ihres Berufs gerecht werden zu können.
Daneben arbeitet das Drama aber auch eindringlich die Traumata auf, die Randall und Fischer miteinander verbinden, doch zum Ende hin drückt „Jede Sekunde zählt“ dann zu sehr auf die Tränendrüse und trübt so den Eindruck des handwerklich grandios umgesetzten Dramas, in dem Kevin Costner („Wyatt Earp“, „Waterworld“) in seiner Paraderolle als alternder Held überzeugt und Nachwuchs-Star Ashton Kutcher („Voll verheiratet“, „Kiss & Kill“) als ehrgeiziger Athlet souverän mitzuhalten versteht.
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