Tigerland

Joel Schumacher (1939-2020) war fraglos ein vielseitiger Regisseur, dessen Karriere nach vielversprechendem Start mit den beiden Coming-of-Age-Dramen „St. Elmo’s Fire“ und „The Lost Boys“ durch die beiden farblosen Liebesdramen „Seitensprünge“ und „Entscheidung aus Liebe“ ins Schlingern geriet und nach den fabelhaften Thrillern „Flatliners“, „Falling Down“, „Die Akte“ und „Die Jury“ mit den beiden schrill-poppigen Batman-Vehikeln „Batman Forever“ und „Batman & Robin“ abstürzte. Danach fiel es Schumacher schwer, wieder sehenswerte Filme zu machen. Nach dem harten Thriller „8MM“ und dem Drama „Makellos“ legte er im Jahr 2000 das Antikriegs-Drama „Tigerland“ vor, das dem Genre zwar nichts Neues hinzufügen, aber mit einem authentisch wirkenden Flair punkten konnte. 

Inhalt: 

In dem US-Armee-Trainingslager Fort Polk, Louisiana, werden 1971 Rekruten auf ihren Einsatz in Nordvietnam vorbereitet. Dabei lassen Captain Saunders (Nick Searcy) und vor allem Staff Sergeant Thomas (James MacDonald) den jungen Soldaten der A-Kompanie wenig durchgehen. Während Jim Paxton (Matthew Davis) das Erlebnis seiner Ausbildung protokolliert und sich durch seinen Einsatz in Vietnam eine schriftstellerische Inspiration erhofft, der psychopathische Wilson (Shea Whigham) den Krieg als Rechtfertigung für seine brutale Gewalt betrachtet und Miter (Clifton Collins jr.) sich selbst beweisen will, was für ein harter Kerl er sein kann, sieht Roland Bozz (Colin Farrell) der Ausbildung gelassen entgegen und rebelliert gegen die Befehle seiner Vorgesetzten, wo er nur kann, was nicht nur ihn immer wieder in Schwierigkeiten, sondern auch seine Kameraden in Bedrängnis bringt. 
Auf der anderen Seite kennt sich Bozz bestens mit den militärischen Vorschriften aus und findet für seine weniger robusten Kameraden immer wieder Schlupflöcher, sich vom Militärdienst befreien zu lassen. Nach ihrer zweimonatigen Grundausbildung erhalten die Rekruten im gefürchteten „Tigerland“ ihren letzten Schliff. Dabei handelt es sich um eine von der Armee errichteten Provinz Nordvietnams auf amerikanischem Boden, in der die Soldaten unter realistischen Bedingungen mit Schlafentzug, brutalen Kampfeinsätzen und sadistischen Strafmaßnahmen auf ihren Einsatz in Südostasien vorbereitet werden. Wilson will dieses Szenario nutzen, um mit Bozz eine offene Rechnung zu begleichen… 

Kritik: 

Die Schrecken des Krieges haben bereits so begnadete Filmemacher wie Stanley Kubrick („Full Metal Jacket“), Francis Ford Coppola („Apocalypse Now“), Brian De Palma („Die Verdammten des Krieges“), Steven Spielberg („Der Soldat James Ryan“), Terrence Malick („Der schmale Grat“) oder Oliver Stone („Platoon“) thematisiert. Schumachers Film konnte zwei Jahre nach Spielbergs eindringlichen Drama „Der Soldat James Ryan“ niemand mehr schockieren, aber auch das generelle Interesse an „Tigerland“ hielt sich arg in Grenzen. Schließlich hat der Film wenig Neues zu erzählen. Ross Klavan hat in seinem Drehbuch seine Zeit ind er Reservearmee Revue passieren lassen und fokussiert sich ganz auf den unmenschlichen Drill, dem die Rekruten in den Ausbildungs-Camps unterzogen werden und der damit gerechtfertigt wird, dass die Ausbildung nur ihre Chancen erhöht, lebend aus Vietnam wieder herauszukommen. Während der erniedrigende Umgangs- und Befehlston und die brutale Vorgehensweise der Ausbilder hinlänglich aus den Klassikern des Antikriegsfilms bekannt sind, sorgt Schumachers Inszenierung mit markantem Einsatz der Handkamera und dem weitgehenden Verzicht auf ausgefallene Beleuchtung, Special Effects und musikalischer Untermalung für eine authentische Atmosphäre, so dass man im letzten Viertel des Films, wenn die Rekruten ihren Härtetest in „Tigerland“ bestehen müssen, auch als Zuschauer glaubt, in Vietnam zu sein, wozu auch der nun verstärkt zum Einsatz kommende, asiatisch eingefärbte Score von Nathan Larson sorgt. 
Colin Farrell („Brügge sehen… und sterben?“, „Alexander“), der zwei Jahre später auch die Hauptrolle in Schumachers Echtzeit-Thriller „Nicht auflegen!“ spielen durfte und in dem Biopic „Die Journalistin“ einen kurzen Cameo-Auftritt absolvierte, ist als charmanter Rebell in Uniform das Herzstück des Films. Sein Bozz ist sowohl ein vor Autoritäten unerschrockener junger Mann als auch ein mitfühlender Kamerad, der weniger gebildeten oder charakterlich gestärkten Weggefährten einen Ausweg aus der Misere des Drills aufzeigt. Das ist zwar alles in allem kein wirklich großes Kino, aber routiniert mit einem guten Cast inszeniert.  

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