Auf der Flucht

Nachdem Andrew Davis in den 1980er Jahren mit Chuck Norris‘ „Cusack – Der Schweigsame“ und Steven Seagals „Nico“ vor allem die Freunde harter Action bedient hatte, bewies der Filmemacher bereits mit dem 1989 inszenierten, während des Kalten Krieges angesiedelten und mit den großartigen Darstellern Gene Hackman und Tommy Lee Jones besetzten Verschwörungsthriller „Die Killer-Brigade“, dass er auch das Publikum der Mainstream-Action zufriedenstellen kann. Tommy Lee Jones durfte auch in der Kino-Adaption der in den 1960er Jahren erfolgreichen Fernsehserie „Auf der Flucht“ eine Oscar-prämierte Darstellung abliefern, aber auch sein Counterpart Harrison Ford präsentierte sich in dem packenden Action-Thriller von seiner besten Seite. 

Inhalt: 

Der erfolgreiche Gefäßchirurg Dr. Richard Kimble (Harrison Ford) wird angeklagt, seiner Frau Helen (Sela Ward) in ihrer gemeinsamen Wohnung erst den Schädel eingeschlagen und sie dann erschossen zu haben. Kimble behauptet, mit dem einarmigen, mit einer Prothese versehenen Killer noch gekämpft zu haben, bevor dieser entkommen konnte, aber da die Polizei keine Einbruchsspuren feststellen konnte, dafür aber Kimbles Fingerabdrücke auch auf der Tatwaffe fand, wird Kimble zum Tod durch eine Giftspritze verurteilt. Auf der Fahrt zum Gefängnis unternehmen seine Mitgefangenen einen Ausbruchsversuch, worauf der Bus mit einem Zug kollidiert und Kimble, nachdem er einen schwer verletzten Polizisten versorgt hat, die Flucht gelingt. 
Während die ermittelnden Cops davon ausgehen, dass alle Bus-Insassen bei dem Unfall getötet wurden, geht U.S. Marshal Samuel Gerard (Tommy Lee Jones) lieber auf Nummer sicher und lässt das Gebiet weiträumig durchsuchen und Straßensperren errichten. Tatsächlich kommen Gerard und sein Team dem Flüchtigen immer wieder auf die Spur, doch gelingt es Kimble immer wieder, rechtzeitig und geschickt einen Ausweg zu finden. Er kehrt nach Chicago zurück, nimmt sich eine billige Wohnung und unternimmt in einem Krankenhaus, in dem Patienten mit Prothesen versorgt werden, Recherchen zu Männern auf, die mit der Art von Prothese versorgt wurden, die Kimble bei dem Mörder seiner Frau festgestellt hat. Allerdings erregt er dabei die Aufmerksamkeit einer Ärztin (Julianne Moore), so dass Gerard Kimble erneut dicht auf den Fersen ist. Als Kimble hinter die Identität des Killers kommt, hinterlässt er dem U.S. Marshal entsprechende Hinweise und stellt mit Entsetzen fest, wer wirklich für den Mord an Helen verantwortlich ist… 

Kritik: 

Zwischen 1963 und 1967 war David Janssen in 120 Folgen als Dr. Richard Kimble zu sehen, der als unschuldig Verurteilter auf der Flucht war und von Barry Morse als Lieutenant Philip Gerard verfolgt wurde. 30 Jahre später haben die Action-erfahrenen Drehbuchautoren Jeb Stuart („Lock Up“, „Stirb langsam“) und David Twohy („Die Akte Jane“, „Pitch Black“) die Story aktualisiert und gestrafft, um sie in den versierten Händen von Andrew Davis zu einem ebenso rasanten wie dramatischen Action-Feuerwerk gedeihen zu lassen. 
Der großartige Kameramann Michael Chapman („Taxi Driver“, „Die Wiege der Sonne“) sorgt schon mit der in Zeitlupe und schwarzweißem Infrarot-Material gefilmten Mord-Szene für die passende Atmosphäre und fängt das anschließende dramatische Katz- und Maus-Spiel zwischen Kimble und Gerard in packenden Bildern ein, während James Newton Howard mit dem jazzig angehauchten, rhythmisch pulsierenden wie melodisch eindringlichen Score die passende musikalische Untermalung bietet. 
Dass die Leinwand-Adaption von „Auf der Flucht“ aber so gut funktioniert, liegt aber natürlich in erster Linie der großartigen Inszenierung durch Andrew Davis und die brillanten Darsteller. Das Duell zwischen Kimble und Gerard ist weit mehr als eine bloß temporeiche Verfolgungsjagd, sondern ein geschickt konstruiertes Puzzle, das von zwei klugen Männern auf Augenhöhe gelöst werden will. 
Dabei sind sowohl Dr. Kimble als auch der U.S. Marshal äußerst menschlich gezeichnet, so dass sowohl Harrison Ford als auch Tommy Lee Jones genügend Raum bekommen, um ihren Figuren Tiefe zu verleihen. Natürlich bekommen auch Action-Freunde genügend Schauwerte geboten. Der Zusammenstoß von Gefängnis-Bus und Zug sowie die verschiedenen Hetzjagden durch den amerikanischen Norden sind brillant in Szene gesetzt, ohne die Brutalität früherer Davis-Filme zu präsentieren. Dass der Film satte sieben Oscar-Nominierungen (u.a. für den besten Schnitt, die beste Kamera, die beste Musik und den besten Film) erhielt, spricht da schon Bände für einen Action-Film. 
1998 erschien noch die Fortsetzung „Auf der Jagd“, erneut mit Tommy Lee Jones in einer der Hauptrollen. Andrew Davis konnte an Erfolg und Qualität von „Auf der Flucht“ in seinen nachfolgenden Filmen leider nicht mehr anknüpfen. 

Kommentare

Beliebte Posts