Ipcress - Streng geheim

Bevor sich nach neun James-Bond-Filmen die Wege der beiden Produzenten Harry Saltzman und Albert R. Broccoli wegen der zukünftigen Ausrichtung des erfolgreichen Franchise trennten, demonstrierte Saltzman bereits 1965, wo sein eigentliches Interesse lag. Statt der mit Action, schönen Frauen, einfallsreichen Gadgets und exotischen Kulissen aufgeladenen Bond-Abenteuer setzte Saltzman in der Verfilmung von Len Deightons „The Ipcress File“ auf authentisch wirkende Agenten-Tätigkeit. Dabei wirkt Michael Caine als Agent Harry Palmer wie ein Gegenentwurf zu James Bond.
Das Leben des britischen Geheimagenten Harry Palmer (Michael Caine) verläuft alles andere als aufregend. Mit seinem kargen Gehalt kann er sich zwar nur eine kleine Wohnung leisten, dafür legt er Wert auf frisch gemahlenen und aufgebrühten Kaffee, klassische Musik und beste Zutaten für seine Kochkünste, mit denen er auch gern seine weiblichen Besucher zu verführen versteht. Als ihn sein Vorgesetzter Colonel Ross (Guy Doleman) von einer öden Observierungstätigkeit abberuft und zur Spionageabwehr-Abteilung von Major Dalby (Nigel Green) versetzt, wird er sofort mit seiner eigenen Personalakte konfrontiert, in der wenig schmeichelhafte Attribute wie arrogant, renitent und undurchsichtig sowie eine Bereitschaft zu illegalen Aktivitäten Erwähnung finden.
Palmer erfährt, dass sein Vorgänger erschossen wurde, als er versuchte, die Entführung des britischen Atomphysikers Radcliffe (Aubrey Richards) zu verhindern. Zusammen mit seinen Kollegen Jock Carswell (Gordon Jackson) und Jean Courtney (Sue Lloyd) wird Palmer damit beauftragt, Radcliffe aufzuspüren, wobei sie dem albanischen Gangster Grantby (Frank Gatliff) und dessen Handlanger Housemartin (Oliver MacGreevy) auf die Spur kommen – und einem Tonband, das mit „Ipcress“ beschriftet ist, aber nur eine undefinierbare Geräuschkulisse enthält. Doch als Palmer die Bedeutung des Bandes erkennt, ist ihm nicht nur die CIA auf den Fersen, er gerät auch noch in Grantbys Gefangenschaft …
Bereits die Eröffnungssequenz macht deutlich, dass Len Deightons Spionage-Romane und die Adaption durch den kanadischen Regisseur Sidney J. Furie („Der stählerne Adler“, „Superman IV“) ganz andere Prioritäten verfolgt als Ian Flemings James Bond. Statt sich im Smoking in den Casinos der Welt bei gerührten Wodka-Martinis und edlen Tropfen mit den schönsten Frauen zu vergnügen und die Welt vor den größten Schurken zu retten, fristet der einfache Agent Harry Palmer ein eher schmuckloses Dasein mit langweiligen Überwachungsjobs. „Ipcress – Streng geheim“ setzt nicht auf spektakuläre Action vor exotischen Kulissen, sondern beschreibt – durchaus mit Längen – den oft tristen Arbeitsalltag eines Geheimagenten. Michael Caine („Get Carter“, „Mord mit kleinen Fehlern“) verkörpert den etwas aufmüpfigen, doch cleveren Geheimagenten mit überzeugendem Charme und versteht es, die Geschichte ganz allein auf seinen Schultern zu tragen. Der Showdown, in dem Palmer schließlich den verantwortlichen Doppelagenten identifiziert, ist dazu spannend inszeniert und bringt den unterhaltsamen Spionage-Thriller zu einem gelungenen Ende. Dazu gefällt die düstere Sixties-Optik von Kameramann Otto Heller („Augen der Angst“, „Die Rache des Pharao“) und der groovige Score von James-Bond-Komponist John Barry („Moonraker“, „Goldfinger“).
Das von Koch Media veröffentlichte Mediabook zu „Ipcress – Streng Geheim“ enthält neben dem Film auf Blu-ray auf einer Bonus-DVD die Dokumentation „Candid Caine“ – Ein Selbstportrait von Michael Caine“ sowie Interviews mit Michael Caine und dem Production-Designer Ken Adam sowie auf einer Bonus-Blu-ray die Dokumentation „My Generation“, in der Michael Caine in Spielfilmlänge über die wilden 1960er Jahre mit den Beatles, den Rolling Stones, Twiggy u.a. spricht.
"Ipcress - Streng geheim" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts