Die Stockholm Story - Geliebte Geisel

Der vor kurzem aus dem Gefängnis entlassene 32-jährige Häftling Jan-Erik Olsson überfiel am 23. August 1973 in Stockholm die Filiale der schwedischen Kreditbank und fordert neben drei Millionen Kronen auch die Freilassung seines ehemaligen Zellengenossen Clark Olofsson. Der aufsehenerregende, von den Medien von Beginn an begleitete Banküberfall ist deshalb in die Geschichte eingegangen, weil eine der vier Geiseln Sympathien für Olsson entwickelt hat, worauf der Begriff „Stockholm-Syndrom“ Eingang in die Psychologie gefunden hat. Robert Budreau („That Beautiful Somewhere“, „Born to be Blue“) hat die wahre Geschichte zum Ursprung des durchaus umstrittenen Begriffs als humorvolles Krimi-Drama mit starker Besetzung inszeniert.
Mit einer Langhaar-Perücke, Maschinenpistole und Transistorradio bestückt, stürmt Lars Nystrom (Ethan Hawke) in die Stockholmer Filiale der Svenska Kreditbanken. Als Nystrom seinem Ansinnen mit einer Feuersalve aus der Maschinenpistole Nachdruck verleiht, gehen alle Angestellten und Kunden in Deckung, während Kassiererin Bianca Lind (Noomi Rapace) geistesgegenwärtig den Alarmknopf drückt und so binnen kürzester Zeit Polizei und Medienvertreter um die Bank herum versammelt sind. Der Bankräuber ist alles andere als verärgert über das schnelle Anrücken der Sicherheitskräfte, denn mit dem ebenfalls auf den Plan tretenden Polizeichef Mattsson (Christopher Heyerdahl) hat Nystrom gleich den richtigen Verhandlungspartner am Ort. So fordert er nicht nur die Freilassung seines Freundes Gunnar Sorensson (Mark Strong) aus dem Gefängnis, sondern auch die Bereitstellung eines Ford Mustang, wie ihn Steve McQueen in „Bullitt“ gefahren hat. Nystrom lässt bis auf Bianca und zwei ihrer Kollegen alle gehen und kann mit dem zwischenzeitlich herbeigeführten Sorensson das weitere Vorgehen besprechen, wobei sie unerwartete Unterstützung durch Bianca erhalten. Zunächst scheint alles nach Plan zu laufen, doch da der Ministerpräsident Olof Palme (Shanti Roney) angeordnet hat, dass die Bankräuber das Gebäude nicht als freie Männer verlassen dürfen, setzt die Polizei auf Hinhaltemanöver …
Drehbuchautor und Regisseur Robert Budreau hat mit „Die Stockholm Story – Geliebte Geisel“ nicht nur ein simples Heist Movie oder Geiseldrama inszeniert, sondern immerhin eines, das sich vom 23. bis 28. August über einen Zeitraum von 131 Stunden hinzog und durch die besonderen Begleitumstände, dass eine Geisel besondere Sympathien für den Bankräuber entwickelte, das Phänomen des „Stockholm-Syndroms“ hervorbrachte.
Um sich von üblichen Genrebeiträgen abzugrenzen, hat Budreau in seinem Film sehr stark auf komödiantische Elemente gesetzt, indem er auf der einen Seite den Hippie-Look der 1970er Jahre betonte, der sich nicht nur in der legeren Aufmachung der Bankangestellten manifestiert, sondern auch in dem fast schon schmuddeligen Look des Protagonisten und dem überdimensionierten Brillengestell der hilfreichen Geisel Bianca zum Ausdruck kommt. Ethan Hawke („Die glorreichen Sieben“, „Juliet, Naked“) ist als exaltierter Bankräuber glänzend besetzt und sorgt durch seine temperamentvolle Performance an der Grenze zum Overacting für kurzweilige Unterhaltung, während seine Filmpartnerin Noomi Rapace („Verblendung“, „Passion“) wie eine gutmütige wie nüchterne Mutter und Ehefrau wirkt, die selbst für die Bösewichter dieser Welt Sympathien zu entwickeln scheint. Dazwischen darf Mark Strong („Die Erfindung der Wahrheit“, „Kingsman: The Golden Circle“) als mahnende Stimme der Vernunft glänzen, wobei nie so recht deutlich wird, ob er eher auf der Seite seines alten Zellenkumpels steht oder doch eher auf der Seite der Polizei, von der er sich einen Deal zur Freilassung erhofft.
Während das Szenario des Low-Budget-Dramas eher konventionell daherkommt, gewinnt der Film vor allem durch die glänzenden Darstellerleistungen an Profil und Unterhaltungswert. Nachdem „Stockholm“ im Rahmen der „Cinestrange Goes BIFF“-Reihe beim 33. Braunschweig International Film Festival gezeigt wurde, erscheint der Film nun bei Koch Media als DVD und Blu-ray.
"Die Stockholm Story - Geliebte Geisel" in der IMDb

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