Midnight In Paris

Mitte der 2000er Jahre hat Woody Allen eine besondere Vorliebe für europäische Metropolen entwickelt, die er ins Zentrum seiner Filme stellte. Nachdem „Match Point“ (2005), „Scoop – Der Knüller“ (2006), „Cassandras Traum“ (2007) und „Ich sehe den Mann deiner Träume“ (2010) in London und „Vicky Cristina Barcelona“ (2008) in Barcelona angesiedelt waren, darf natürlich mit Paris auch die Stadt der Liebe nicht in Allens filmischer Huldigung fehlen. Auf charmante Weise entführt er dabei seinen Protagonisten wie sein Publikum auf eine Zeitreise in die Goldenen Zwanziger.
Eine geschäftliche Angelegenheit führt die Eltern (Kurt Fuller, Mimi Kennedy) seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams) nach Paris, weshalb es sich auch für Gil (Owen Wilson) und Inez anbietet, dort Urlaub zu machen. Während Inez mit ihrer Mutter viel Zeit damit verbringt, sich in Paris nach geeigneter Inneneinrichtung für die gemeinsame Wohnung umzusehen, will Gil vor allem nach Inspiration für seinen Roman suchen. Da er bislang nur Drehbücher für Hollywood verfasst hat, ist er sich extrem unsicher, was seine Karriere als ernstzunehmender Schriftsteller betrifft. Die Zeit mit Inez und ihren Eltern empfindet er dabei eher als anstrengend, vor allem als mit Paul (Michael Sheen) und Carol (Nina Arianda) alte Freunde seiner Verlobten auftauchen und die Familie in Beschlag nehmen. Während Inez von Pauls enzyklopädischen Wissen beeindruckt ist, geht Gil eines Abends seiner eigenen Wege, verirrt sich aber auf dem Rückweg zum Hotel. Kurz nach Mitternacht wird er in ein altes Taxi eingeladen, das ihn ins Paris der 20er Jahre katapultiert und ihn mit einer ganzen Schar berühmter Persönlichkeiten bekannt macht: In einer Bar lernt er zunächst Scott Fitzgerald (Tom Hiddleston) und seine Frau Zelda (Alison Pill) kennen, während Cole Porter (Yves Heck) am Piano seine Lieder spielt. Wenig später macht Gil aber auch Bekanntschaft mit Ernest Hemingway (Corey Stoll), der Gil wiederum mit der berühmten Kulturkritikerin Gertrude Stein (Kathy Bates) bekannt macht, die dem völlig verdutzten Autor verspricht, sich in der Nacht seinen Roman anzusehen. Dabei wird er Zeuge, wie sie Pablo Picassos (Marcial Di Fonzo Bo) jüngstes Portrait kritisiert, lernt aber auch Picassos Geliebte Adriana (Marion Cotillard) näher kennen.
Fasziniert von dieser ersten Nacht versucht Gil auch seine Verlobte für diesen mitternächtlichen Ausflug zu begeistern, doch nimmt sie bereits vor dem Schlagen der mitternächtlichen Stunde Reißaus. So begibt sich Gil Nacht für Nacht allein auf die Zeitreise in die Goldenen Zwanziger, lernt die Surrealisten Salvador Dali (Adrien Brody), Luis Bunuel (Adrien de Van) und Man Ray (Tom Cordier) kennen und ist zunehmend berauscht von Adrianas Art, die Gils Begeisterung für die 1920er Jahre aber nicht nachvollziehen kann, da sie sich ihrerseits nach dem Paris zur Jahrhundertwende zurücksehnt …
Bereits mit den in warmen Vintage-Tönen getauchten Szenen rund um Pariser Wahrzeichen und Straßenszenen, die Woody Allen nahtlos aneinanderreiht und mit der passenden Musik unterlegt, versetzt der Drehbuchautor und Regisseur sein Publikum in ein nostalgisch verklärtes Paris, das in den nachfolgenden anderthalb Stunden auch gar nichts von seiner romantischen Betrachtung verliert. Bereits mit den in der Gegenwart spielenden Eröffnungsszenen wird deutlich, dass der ambitionierte Autor Gil so gar nicht in die Luxus-Welt von Inez und ihren anspruchsvollen Eltern passt. Die Trennung der Erzähl- und Zeitebenen wirkt da nur konsequent. Während sich Gil von seinen Mitmenschen zunehmend entfernt und erkennen muss, dass Inez viel besser zu dem offensichtlichen schmierig-arroganten Neunmalklug Paul passt, teilt Gil lieber emotionalere Momente mit einer jungen Cole-Porter-Liebhaberin (Léa Seydoux), einer Museumsführerin (Carla Bruni) oder Picassos Muse, vor allem mit aber seinen literarischen Vorbildern Hemingway und Fitzgerald. Gerade in der Zurschaustellung der Goldenen Zwanziger in warmen, goldgelb strahlenden Farben und den einladenden Bars, Salons und Vergnügungsparks schwingt eine Nostalgiesehnsucht mit, die der Zuschauer zwangsläufig mit Gil teilen muss.
Dabei sorgen immer wieder skurrile Dialoge und Monologe für humorvolles Schmunzeln und verleihen den portraitierten Künstlern ein ganz eigenes Profil, das bis an die Karikatur grenzt. In diesem romantischen Nostalgie-Trip gibt es kein böses Erwachen, sondern ein passendes Happy-End. So ist Woody Allens 42. Film eine nostalgisch-romantisches Feel-good-Movie der höchst unterhaltsamen Art.
"Midnight In Paris" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts