Paul und die Schule des Lebens
Der im Senegal geborene Filmemacher Nicolas Vanier hat seiner Bewunderung für Jack London während seiner Reise nach Alaska, Kanada, Lappland, Mongolei und Sibirien Ausdruck verliehen, indem er nicht nur Fotos schoss, sondern auch Romane und Graphic Novels verfasste, Dokumentationen („Der letzte Trapper“, „Iditarod – Alaskas legendäres Rennen“) und Spielfilme wie „Der Junge und der Wolf“, „Belle und Sebastian“ und „Der Junge und die Wildgänse“ drehte. Mit seinem 2017 entstandenen Film „Paul und die Schule des Lebens“ adaptierte Vanier seinen eigenen Roman und kehrte zum Schauplatz seiner Kindheit in der Sologne zurück.
Nach einiger Zeit, die der junge Paul (Jean Scandel) in den 1920ern in einem Pariser Waisenheim verbrachte, nimmt ihn eine Bekannte seiner Mutter, Célestine (Valérie Karsenti), ihn in den großen Ferien schließlich mit zu sich und ihrem Mann Borel (Eric Elmosnino), die beide für den Comte de la Fresnaye (François Berléand) arbeiten – sie als Küchenmädchen, er als Verwalter. Während Borel seine Tage vor allem damit verbringt, den vermeintlichen Wilderer Totoche (François Cluzet) auf frischer Tat zu ertappen, mit dem Célestine eine Affäre unterhält, erkundet Paul tagsüber die rieisgen Wälder. Bei einem seiner Ausflüge lernt er schließlich Totoche kennen, rettet dessen Hund vor dem Ertrinken aus einem reißenden Fluss und gewinnt so die Freundschaft des zurückgezogen auf einem Boot am Flussufer lebenden Mannes. Fortan verbringt Paul viel Zeit mit Totoche und lernt nicht nur eine Zigeunertruppe kennen, für die der Comte eine besondere Zuneigung empfindet und die er auf seinem Gut ein Plätzchen reserviert hat, sondern auch die Geheimnisse der Natur. Als Paul einen 16-Ender entdeckt, will ihm zunächst keiner glauben, doch der Jagd-begeisterte Comte sieht hier die Chance, seiner Trophäensammlung ein besonderes Prunkstück hinzuzufügen.
Bereits mit den ersten Bildern zementiert Nicolas Vanier die Grundaussage seines Films: Auf die von Disziplin, Neckereien und Ohrfeigen geprägte triste Zeit in dem Waisenhaus folgt für Paul eine Zeit der berauschenden Entdeckungen in der prachtvoll erblühten Natur. So kitschig das Szenario beginnt, so setzt Vanier seine Geschichte wie ein Märchen mit vertrauten Klischees fort, samt liebevoller Pflegemutter, grimmigem Stiefvater, liebenswürdigem Außenseiter, eigensinnigem Grafen mit dem Herzen am rechten Fleck und wohlwollender Lehrerin. Souverän navigiert der aufgeweckte wie liebenswerte Junge durch die verschiedenen Gesellschaftsschichten, nimmt die Herausforderungen im Umgang mit den Launen seiner Mitmenschen an und freundet sich nicht nur mit dem klugen Naturfreund und einem Zigeunermädchen, sondern vor allem mit dem Grafen an, dessen arroganter wie nichtsnutziger Sohn schließlich auch am Ende das Nachsehen bei der Verteilung der Erbmasse hat. Vanier geht es allerdings auch weniger um die Beziehungen zwischen den beteiligten Personen, unter denen er den Bösen alle Kanten abschleift und sie der Lächerlichkeit preisgibt und die Guten einfach nur sympathisch und liebenswert erscheinen lässt. Vielmehr steht bei dem Jack-London-Bewunderer die Natur im Mittelpunkt, die Jagd, der Kreislauf von Leben und Tod, die überwältigende Schönheit springender Rehe und die majestätische Eleganz prächtiger Hirsche. All das vermengt Vanier mit warmen, leuchtenden Farben, einer wohltuenden Prise humordurchsetzter Menschlichkeit und der verführerischen Musik seines Hauskomponisten Armand Amar („Der Stellvertreter“, „Tausendmal gute Nacht“).
Die anfangs so grimmig erscheinenden Totoche, Borel und der Graf entwickeln sich etwas unglaubwürdig allesamt zu freundlichen Gutmenschen und verstärken so das Märchenhafte des Films, das im Schlussviertel noch exzessiv gesteigert wird. Etwas mehr glaubwürdige Figurenentwicklung und weniger hymnenhafte Verbeugung vor der Schönheit der Natur hätte diesem Feel-good-Drama durchaus gutgetan.
"Paul und die Schule des Lebens" in der IMDb
Nach einiger Zeit, die der junge Paul (Jean Scandel) in den 1920ern in einem Pariser Waisenheim verbrachte, nimmt ihn eine Bekannte seiner Mutter, Célestine (Valérie Karsenti), ihn in den großen Ferien schließlich mit zu sich und ihrem Mann Borel (Eric Elmosnino), die beide für den Comte de la Fresnaye (François Berléand) arbeiten – sie als Küchenmädchen, er als Verwalter. Während Borel seine Tage vor allem damit verbringt, den vermeintlichen Wilderer Totoche (François Cluzet) auf frischer Tat zu ertappen, mit dem Célestine eine Affäre unterhält, erkundet Paul tagsüber die rieisgen Wälder. Bei einem seiner Ausflüge lernt er schließlich Totoche kennen, rettet dessen Hund vor dem Ertrinken aus einem reißenden Fluss und gewinnt so die Freundschaft des zurückgezogen auf einem Boot am Flussufer lebenden Mannes. Fortan verbringt Paul viel Zeit mit Totoche und lernt nicht nur eine Zigeunertruppe kennen, für die der Comte eine besondere Zuneigung empfindet und die er auf seinem Gut ein Plätzchen reserviert hat, sondern auch die Geheimnisse der Natur. Als Paul einen 16-Ender entdeckt, will ihm zunächst keiner glauben, doch der Jagd-begeisterte Comte sieht hier die Chance, seiner Trophäensammlung ein besonderes Prunkstück hinzuzufügen.
Bereits mit den ersten Bildern zementiert Nicolas Vanier die Grundaussage seines Films: Auf die von Disziplin, Neckereien und Ohrfeigen geprägte triste Zeit in dem Waisenhaus folgt für Paul eine Zeit der berauschenden Entdeckungen in der prachtvoll erblühten Natur. So kitschig das Szenario beginnt, so setzt Vanier seine Geschichte wie ein Märchen mit vertrauten Klischees fort, samt liebevoller Pflegemutter, grimmigem Stiefvater, liebenswürdigem Außenseiter, eigensinnigem Grafen mit dem Herzen am rechten Fleck und wohlwollender Lehrerin. Souverän navigiert der aufgeweckte wie liebenswerte Junge durch die verschiedenen Gesellschaftsschichten, nimmt die Herausforderungen im Umgang mit den Launen seiner Mitmenschen an und freundet sich nicht nur mit dem klugen Naturfreund und einem Zigeunermädchen, sondern vor allem mit dem Grafen an, dessen arroganter wie nichtsnutziger Sohn schließlich auch am Ende das Nachsehen bei der Verteilung der Erbmasse hat. Vanier geht es allerdings auch weniger um die Beziehungen zwischen den beteiligten Personen, unter denen er den Bösen alle Kanten abschleift und sie der Lächerlichkeit preisgibt und die Guten einfach nur sympathisch und liebenswert erscheinen lässt. Vielmehr steht bei dem Jack-London-Bewunderer die Natur im Mittelpunkt, die Jagd, der Kreislauf von Leben und Tod, die überwältigende Schönheit springender Rehe und die majestätische Eleganz prächtiger Hirsche. All das vermengt Vanier mit warmen, leuchtenden Farben, einer wohltuenden Prise humordurchsetzter Menschlichkeit und der verführerischen Musik seines Hauskomponisten Armand Amar („Der Stellvertreter“, „Tausendmal gute Nacht“).
Die anfangs so grimmig erscheinenden Totoche, Borel und der Graf entwickeln sich etwas unglaubwürdig allesamt zu freundlichen Gutmenschen und verstärken so das Märchenhafte des Films, das im Schlussviertel noch exzessiv gesteigert wird. Etwas mehr glaubwürdige Figurenentwicklung und weniger hymnenhafte Verbeugung vor der Schönheit der Natur hätte diesem Feel-good-Drama durchaus gutgetan.
"Paul und die Schule des Lebens" in der IMDb
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