Der Mitternachtsmann

Mit dem Drehbuchautoren Roland Kibbee arbeitete Schauspieler Burt Lancaster bereits an „Frauenraub in Marokko“ (1951) und „Der rote Korsar“ (1952), ehe er ihn für seine zweite Regiearbeit nach „Der Mann aus Kentucky“ (1955) für „Der Mitternachtsmann“ (1974) als Co-Autor, Co-Produzent und Co-Regisseur an seine Seite holte. 45 Jahre nach seiner Uraufführung weist der klassische Whodunit-Thriller mit Film-noir-Anleihen zwar noch immer eine unverständliche FSK-18-Freigabe auf, erscheint aber nun hierzulande erstmals als Blu-ray.
Nachdem der in Chicago bei der Mordkommission arbeitende Cop Jim Slade (Burt Lancaster) den Liebhaber seiner Frau erschossen hatte und zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, bekommt er nach seiner Freilassung durch seinen ehemaligen Kollegen Quartz (Cameron Mitchell) einen Job als Nachtwächter an einem College. Slade kann übergangsweise nicht nur bei Quartz Freund und seiner Frau wohnen, sondern übernimmt an dem College, an dem Quartz selbst als Sicherheitsbeauftragter arbeitet, die Nachtschicht von Mitternacht bis 8 Uhr morgens. Doch schon die erste Nacht weckt in dem Ex-Cop auf Bewährung die vertrauten Ermittlerinstinkte. Nachdem erst Unterlagen von Studenten im Büro des College-Psychologen Dr. Prichette (Robert Quarry) gestohlen wurden, wird mit Natalie (Catherine Bach) die Tochter von Senator Clayborne (Morgan Woodward) erschlagen in ihrem Zimmer aufgefunden. Der zuständige Sheriff Casey (Harris Yulin) macht schnell den Hausmeister Ewing (Charles Tyner) als Täter aus, doch für Slade stellt sich die Sache nicht so einfach dar. Offensichtlich befinden sich auf den entwendeten Cassetten brisante Informationen, die der Täter unbedingt unter Verschluss halten will. Slade geht verschiedenen Hinweisen nach und entdeckt bei seinen Ermittlungen, dass ganz verschiedene Menschen aus Natalies Umfeld ein Motiv für die Tat haben könnten. Während sich Slade mit seiner Bewährungshelferin Linda Thorpe (Susan Clark) anfreundet, läuft ihm allerdings die Zeit davon, denn weitere Verdächtige und Zeugen werden brutal ermordet, bis auch Clayborne und Slade selbst ins Visier des Erpressers und Mörders geraten …
Zusammen mit Kibbee hat Burt Lancaster mit „Der Mitternachtsmann“ eine Romanvorlage von David Anthony verarbeitet, wobei Lancaster selbst die Hauptrolle des altmodischen wie rechtschaffenen Ex-Cops verkörpert, der dem mysteriös anmutenden Diebstahl von Tonbändern und dem Mord an einer jungen Studentin aufzuklären versucht, womit der örtliche Sheriff offensichtlich überfordert zu sein scheint. In dem komplexen Whodunit-Szenario stattet der ambitionierte Nachtwächter allen Menschen einen Besuch ab, die im Leben der ermordeten Senatorentochter eine Rolle gespielt haben, und kommt so einem Komplott auf die Spur, bei dem Inzest, Erpressung, Korruption und Mord Hand in Hand gehen.
Bis diese komplizierten Verbindungen aufgedröselt sind, bekommen die Verdächtigen und Zeugen allmählich ein eigenes, wenn auch wenig aussagekräftiges Profil, denn letztlich ist das Figurenensemble zu umfangreich, um einzelne Charaktere herausstechen zu lassen. Bevor die Aneinanderreihung von Portraits der Verdächtigen zu langweilig wird, lassen Lancaster und Kibbee etwas blutige Action in Form von weiteren Überfällen, Morden und Schlägereien sowie eine Romanze zwischen Slade und seiner Bewährungshelferin einfließen.
Natürlich wartet „Der Mitternachtsmann“ mit einigen überraschenden Wendungen im Finale auf. Auch wenn dem Film die psychologische Tiefe fehlt, ist die Jagd nach dem Täter durchweg spannend inszeniert und von allen Beteiligten gut gespielt, wobei vor allem Burt Lancaster als alternder Ex-Cop überzeugt, aber auch Harris Yulin („Scarface“, „Das Kartell“) als letztlich gar nicht so übler Sheriff und Susan Clark („Coogans großer Bluff“, „Airport 2 – Giganten am Himmel“) als attraktive Bewährungshelferin machen den Thriller sehenswert.
"Der Mitternachtsmann" in der IMDb

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