Wyatt Earp - Das Leben einer Legende

1985 realisierten Filmemacher Lawrence Kasdan und Schauspieler Kevin Costner zusammen den Western „Silverado“. Costner hatte seitdem nicht nur ein besonderes Faible für das Western-Genre, sondern auch für monumentale Heldengeschichten – sowohl als Schauspieler als auch als Regisseur – entwickelt. Mit „Wyatt Earp“ bekam er 1994 die Gelegenheit, die mythisch überhöhte Figur des berühmt-berüchtigten Marshalls in all ihren Facetten auf der Leinwand zu neuem Leben zu erwecken.

Inhalt: 

Nachdem seine geliebte Frau Urilla (Annabeth Gish) mit dem noch ungeborenen Kind an Typhus verstorben ist, gerät die bis dahin so geordnete Welt von Wyatt Earp (Kevin Costner) aus ihren Fugen. Er brennt das Haus nieder, wird zum Alkoholiker und Herumtreiber. Als er schließlich einen Mann überfällt und dessen Pferd stiehlt, rettet ihn sein Vater, der ebenso fürsorgliche wie strenge Richter Nicholas Earp (Gene Hackman), vor dem sicheren Aufknüpfen am Galgen. Earp flieht aus Arkansas und verdient sich seinen Lebensunterhalt zunächst als Büffeljäger. Er heuert die beiden Brüder Ed (Bill Pullman) und Bat (Tom Sizemore) Masterson als Helfer an, zieht dann aber bald weiter, um in der Stadt als Kartengeber beim Glücksspiel zu arbeiten. Als er entschlossen einen wild um sich schießenden Mann allein außer Gefecht setzt, wird ihm sofort ein Posten als Deputy angeboten. 
Earp erwirbt sich einen guten Ruf und soll schließlich in Dodge City als Sheriff für Ordnung sorgen, was ihm zusammen mit seinen alten Freunde Ed und Bat zunächst gut gelingt, doch können sich viele Bürger in der Stadt mit Earps hartem Stil nicht anfreunden und übergeben dem friedfertigeren Ed Masterson den Job. Wyatt Earp zieht indes weiter und schlägt sich zunächst als Kopfgeldjäger durch. Bei der Suche nach Hinweisen und einen gesuchten Straftäter lernt Wyatt den Glücksspieler Doc Holliday (Dennis Quaid) kennen und freundet sich mit ihm an. Als er erfährt, dass Ed Masterson erschossen wurde, kehrt Wyatt nach Dodge City zurück, um wieder Recht und Ordnung durchzusetzen, aber als auch einer seiner Brüder aus dem Hinterhalt erschossen wird, zieht er – zusammen mit seinen beiden Brüdern Morgan (Linden Ashby) und Virgil (Michael Madsen) sowie Doc Holliday in einen unerbittlichen Rachefeldzug gegen Ike Clanton (Jeff Fahey) und seine Bande … 

Kritik: 

Die Geschichte von Wyatt Earp (1848-1929) wurde durch seine schöngefärbte Autobiografie populär und seit John Fords „Faustrecht der Prärie“ (1946) mit Henry Fonda in der Hauptrolle immer wieder eindrucksvoll verfilmt, vor allem von John Sturges („Zwei rechnen ab“, 1957, und „Die fünf Geächteten“, 1967). Kevin Costner sollte eigentlich in George P. Cosmatos‘ „Tombstone“ 1993 die Gelegenheit bekommen, Wyatt Earp zu verkörpern, verließ das Projekt aber, da es nicht mit seinen eigenen Vorstellungen einherging. Also tat er sich mit „Silverado“-Regisseur Lawrence Kasdan zusammen, der zusammen mit Dan Gordon („Murder in the First“, „Hurricane“) ein Drehbuch verfasste, das sich nicht allein auf die streitbare Karriere des Revolverhelden und Gesetzeshüters sowie den obligatorischen Showdown am O.K. Carrol beschränkte, sondern zu aufzuzeigen versuchte, wie Wyatt Earp zu dem Mann wurde, der große Probleme damit hatte, die strengen Moralvorstellungen seines Vaters mit der eigenen Lebenssituation in Einklang zu bringen. 
„Wyatt Earp – Das Leben einer Legende“ ist ganz auf die epische Breite und die komplexe Heldenverkörperung zugeschnitten, für die Kevin Costner seit Brian De Palmas „Die Unbestechlichen“ (1987) prädestiniert gewesen ist, vor allem nach dem Überraschungserfolg mit seinem Regiedebüt „Der mit dem Wolf tanzt“ (1990). Der Film beginnt dann auch in Wyatt Earps Jugend. Immer wieder hat der Junge versucht, wie seine älteren Brüder Newton, James und Virgil für die Unionsarmee zu kämpfen, wurde aber immer wieder von seinem Vater aufgehalten, der ihn schnell mit seinen wesentlichen Prinzipien des Lebens vertraut machte; dass die Bande des Blutes stärker als alles sei, dass man im Kampf mit Gesetzlosen möglichst zuerst zuschlagen solle. Doch wie brüchig diese Vorstellungen sind, erlebt der junge Wyatt nicht nur durch den schmerzlichen Verlust seiner Frau und seines ungeborenen Kindes, sondern auch später, als er alle Schwierigkeiten hat, seine Brüder und ihre Frauen zusammenzuhalten, die alles andere als einverstanden mit Wyatts rigorosem Auftreten sind. Dabei stößt er auch der Prostituierten Mattie (Mare Winningham) immer wieder auf den Kopf, die sich gern als seine Frau sehen würde, mit der er auch zusammen lebt, aber sein Herz gewinnt schließlich das frühere Show-Girl Josie (Jaonna Going). Der über dreistündige Film nimmt sich viel Zeit, die zunehmend komplexer werdenden familiären Beziehungen in einer sich schneller drehenden Welt aufzuzeigen, aber auch die Art und Weise, wie die eindringlich eingeimpften Prinzipien seines Vaters ihre Spuren in Wyatts Wirken hinterlassen haben. Neben dem Vorsatz, bei Konfrontationen möglichst zuerst zuzuschlagen, wird Wyatt Earp nämlich auch von einem weiteren Motto angetrieben: Bringe immer zu Ende, was zu angefangen hast! 
So ausführlich wie in „Wyatt Earp – Das Leben einer Legende“ wurde Wyatts Leben bislang noch nicht erzählt. Kevin Costner („Robin Hood – König der Diebe“, „J.F.K. – Tatort Dallas“) überzeugt vor allem als älterer, reiferer, aber auch verbitterter und rachsüchtiger Gesetzeshüter, der irgendwann nicht mehr die Balance fand in der Ausübung seines Amtes. An seiner Seite sind – bis in die Nebenrollen – eine Vielzahl prominenter und großartiger Darsteller zu sehen, die daraus leider kaum Kapital schlagen können. Unter den wenigen Stars, die tatsächlich Eindruck hinterlassen können, zählen zunächst Gene Hackman („Erbarmungslos“, „French Connection“) als Wyatts Vater, Dennis Quaid („D.O.A. – Bei Ankunft Mord“, „The Day After Tomorrow“) als cooler und intelligenter Spieler Doc Holliday, und Bill Pullman („Die Schlange im Regenbogen“, „Lost Highway“) als Wyatts Freund Ed Masterson, während großartige Mimen wie Michael Madsen und Tom Sizemore fast in ihren Rollen versteckt bleiben. Das Drehbuch und die Inszenierung sind sicherlich zu ausschweifend ausgefallen und entwickeln keine wirkliche Spannung, dafür ist der Ton sehr einheitlich gelungen. Die fantastische, Oscar-nominierte Kameraarbeit von Owen Roizman („The French Connection“, „The Exorcist“) und auch der bombastische, thematisch bereits in der ersten Viertelstunde virtuos ausgebreitete Score von James Newton Howard („The Village“, „A Hidden Life“) sorgen ebenfalls dafür, dass „Wyatt Earp – Das Leben einer Legende“ zwar kein wirklich herausragender Western ist, aber wunderbar zu unterhalten versteht, weil er die Zerrissenheit seiner Titelfigur zwischen Ordnung und Rebellentum wunderbar zum Ausdruck bringt. Da der Film an den Kinokassen floppte, war das Western-Genre für Hollywood dann lange Zeit kein großes Thema mehr, und auch für Kevin Costners Karriere wirkte sich das nicht förderlich aus. 

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