Den Tod überlistet
Terence Fisher zählt zu den bedeutendsten Regisseuren der Hammer Film Productions, ebnete mit seinen längst zu Klassikern avancierten Filmen „Frankensteins Fluch“ (1957), „Dracula“ (1958), „Der Hund von Baskerville“ und „Der Fluch der Pharaonen“ (beide 1959) den Weg zum Erfolg der britischen Produktionsfirma, die für ihre geschickt aufgemotzten Low-Budget-Werke im Horror- und Science-Fiction-Genre bekannt wurde. Ebenfalls 1959 entstand mit „Den Tod überlistet“ das weniger bekannte Remake von Ralph Murphys Verfilmung von Barré Lyndons Buch „The Man in Half Moon Street“.
Inhalt:
Einst hat der Psychiater Dr. Georges Bonnet (Anton Diffring) mit dem berühmten Dr. Ludwig Weiss (Arnold Marlé) das Geheimnis ewigen Lebens entdeckt. Anno 1890 in Paris wartet Bonnet händeringend auf die Ankunft des berühmten Arztes aus Wien, während er einigen geladenen Gästen seine jüngste Skulptur enthüllt, die Büste der wunderschönen Margot Philippe (Delphi Lawrence), die sich vergeblich Hoffnungen auf eine Beziehung mit dem bekannten Arzt macht, denn Bonnet ist nur an ihrer Nebenschilddrüse interessiert, die er für die ersehnte Operation benötigt. Ohnehin ist Bonnet mehr an Janine Du Bois (Hazel Court) interessiert, die überraschenderweise ebenfalls zu seiner kleinen Vorstellung auftaucht – in Begleitung von Dr. Pierre Gerrard (Christopher Lee). Bonnet unterhielt vor kurzem in Italien noch eine Liaison mit Du Bois, reiste dann aber ohne ein Wort plötzlich ab und ließ nichts mehr von sich hören. Dabei empfindet er nach wie vor etwas für seine ehemalige Geliebte. Als Weiss endlich verspätet eintrifft, löst Bonnet die Versammlung auf und widmet sich seinem nach einem Schlaganfall sehr tattrigen Gast, der unter diesen Umständen keinesfalls die von Bonnet erhoffte Operation durchführen kann.
Als Weiss erfährt, dass Bonnet alle zehn Jahre eine junge Frau tötet, um die notwendige Drüsentransplantation durchführen zu können, ist er entsetzt. Bonnet hat zwar mittlerweile Dr. Gerrard überreden können, für Weiss einzuspringen, aber nur unter der Voraussetzung, dass Weiss ihn anleitet. Währenddessen macht sich Inspektor Legris (Francis De Wolff) auf die Suche nach der vermissten Margot und stößt im Lebenslauf von Bonnet auf ähnliche Vorkommnisse in anderen Städten, in denen Frauen verschwunden waren …
Kritik:
Nicht nur in den Vampirfilmen, für die Hammer berühmt geworden ist, geht es um das ewige Leben. Während Graf Dracula und seine Gesellen allerdings mit sinnlichen Versprechungen ihre Opfer verführen, liegt der Schwerpunkt in Lyndons Buchvorlage auf dem wissenschaftlichen und moralischen Aspekt. Vor allem in den Gesprächen zwischen dem 84 Jahre alten, sichtlich gebrechlichen Chirurgen Dr. Weiss und dem zwanzig Jahre älteren, jedoch nach wie vor jung gebliebenen Psychiater Dr. Bonnet gewinnt die moralische Frage nach dem Sinn des ewigen Lebens und dem Preis, der dafür zu zahlen ist, an Bedeutung.
Auf der einen Seite verweist der vernünftige Weiss darauf, dass für die Verlängerung des eigenen Lebens nicht der Tod anderer Menschen in Kauf genommen werden darf, auf der anderen Seite will der egozentrische Bonnet seine Forschungsergebnisse nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen, weil eine Überbevölkerung als Folge der Methode, Unsterblichkeit zu erlangen, zu einem Kollaps auf der Erde führen würde. Die moralischen Fragen geraten indes nicht so in den Vordergrund, dass die Dramatik der Story darunter leiden würde. Hier sorgt allein die Liebesgeschichte zwischen Bonnet und Du Bois dafür, das Publikum bei Laune zu halten. Hier geht es schließlich auch um die Frage, ob die Liebe eine Zukunft haben kann, denn dazu müsste sich Bonnets Geliebte ebenfalls der lebensverlängernden Operationen unterziehen.
Der in Koblenz geborene Anton Diffring („Agenten sterben einsam“, „Fahrenheit 451“) überzeugt als skrupelloser, egozentrischer Wissenschaftler mit dem unbändigen Drang, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, während Hazel Court („Frankensteins Fluch“, „Die Maske des Roten Todes“) als bezaubernde Geliebte für wärmere menschliche Töne sorgt und Christopher Lee („Dracula“, „Der Hund von Baskerville“) als Dr. Gerrard ebenso wie Arnold Marlé („Yeti, der Schneemensch“) als Dr. Weiss das menschliche Gewissen repräsentieren.
„Den Tod überlistet“ bietet philosophisch angehauchte Grusel-Unterhaltung, die von den Hammer-Legenden Bernard Robinson (Produktionsdesign) und Jack Asher (Kamera) stimmungsvoll eingefangen wurde.
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