Thelma & Louise

Dass der frühere Produktionsdesigner und Werbefilmer Ridley Scott großartige Kinofilme machen kann, hat er eindrücklich mit den beiden Science-Fiction-Meilensteinen „Alien“ (1979) und „Blade Runner“ (1982) unter Beweis gestellt. Als sich Scott anschließend in anderen Genres ausprobieren wollte, konnte er allerdings nur stilistisch überzeugen und drohte, ebenso schnell wieder in Vergessenheit zu geraten wie er als neues Regie-Wunderkind gehandelt wurde. Erst mit dem Road-Movie-Thriller-Drama „Thelma & Louise“ (1991) bewies Scott, dass nicht nur weiterhin mit ihm zu rechnen war, sondern dass er auch starke Figuren zu etablieren verstand. 

Inhalt: 

Die beiden Freundinnen Thelma (Geena Davis) und Louise (Susan Sarandon) könnten unterschiedlicher kaum sein. Während Louise eine vollständig emanzipierte Frau ist und als Bedienung in einem Diner ihren eigenen Lebensunterhalt verdient, steht die verunsicherte Thelma ganz unter der Fuchtel ihres tyrannischen Ehemannes Darryl (Christopher McDonald), der sich von vorn bis hinten von Thelma bedienen lässt. Als Louise einen gemeinsamen Wochenendausflug in ihrem 66er Thunderbird plant, wagt Louise nicht mal, ihren Mann um Erlaubnis zu fragen, sondern hinterlässt ihm nur einen Zettel, dass das Essen in der Mikrowelle steht. Dafür nimmt sie unnützerweise Darryls Angelausrüstung und eine Laterne mit, steckt vorsichtshalber auch noch einen Revolver ein. Während der Rast in einer Bar lässt Louise endgültig alle Hemmungen fallen, betrinkt sich und tanzt ausgelassen mit dem Playboy Harlan (Timothy Carhart). 
Als Thelma schlecht wird, begleitet er sie an die frische Luft und nutzt den benommenen Zustand seines Opfers aus, um sie zu vergewaltigen. Louise kann ihm mit vorgehaltener Pistole gerade noch von dem Vorhaben abbringen, doch als die Situation schon geklärt scheint, schleudert Harlan den beiden Frauen noch einige Obszönitäten entgegen, worauf Louise den Mann erschießt. 
Nach der Flucht vom Tatort plant Louise ihre Flucht nach Mexiko und lässt sich von ihrem Freund Jimmy (Michael Madsen) gut 7.000 Dollar anweisen. Jimmy lässt es sich allerdings nicht nehmen, das Geld persönlich vorbeizubringen, und Thelma lässt sich im Motel auf eine Affäre mit dem charmanten Herumtreiber J.D. (Brad Pitt) ein, der die Situation ausnutzt, um Thelma das Geld abzunehmen, das ihre Freundin ihr zur Aufbewahrung überlassen hatte. Um den Schaden wieder gutzumachen, überfällt Thelma einen Laden, was die beiden Frauen in noch größere Schwierigkeiten bringt. Obwohl der zuständige Cop Hal (Harvey Keitel) ahnt, was sich abgespielt hat, und Schlimmeres verhindern will, kann er das hinzugezogene FBI nicht davon abhalten, härtere Maßnahmen gegenüber den beiden auf der Flucht befindlichen Frauen zu ergreifen… 

Kritik: 

Ridley Scotts „Thelma & Louise“ steht ohne Zweifel in der Tradition von Gangster-Road-Movies wie Arthur Penns „Bonnie & Clyde“ (1967) und George Roy Hills „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ (1969) – mit dem großen Unterschied, dass zwei Frauen die Hauptrollen spielen. 
In dieser Hinsicht drängt sich natürlich auch der häufig geäußerte Verdacht auf, dass es sich bei „Thelma & Louise“ um ein feministisches Road Movie handelt, in dem die Männer als Feindbild der Frauen vorgeführt werden, doch dieser Vorwurf greift zu kurz. Scott und seine Oscar-prämierte Drehbuchautorin Callie Khouri („Die göttlichen Geheimnisse der Ya-Ya Schwestern“, „Respect“) fertigen zwar in der einzigen Szene, in der Thelma und Darryl gemeinsam zu sehen sind, Thelmas Mann als üblen Macho ab und gewinnen auch Thelmas Fast-Vergewaltiger keine sympathischen Züge ab, doch auf der anderen Seite stehen nicht nur mit Hal ein Cop, der den Frauen ehrlich aus der verfahrenen Situation hinaushelfen will, sondern mit Jimmy auch ein fürsorglicher Lebensgefährte, der Louise unterstützt, ohne Forderungen zu stellen. 
Selbst J.D., der Thelma nach einer wilden Liebesnacht um ihr Geld erleichtert, wird zumindest als liebenswerter Charmeur eingeführt. Der junge Brad Pitt darf hier schon mal zeigen, was in ihm steckt. Doch der Film wird vor allem von den beiden großartig aufspielenden Hauptdarstellerinnen getragen: Während Susan Sarandon („Die Hexen von Eastwick“, „Dead Man Walking“) eindrucksvoll die abgeklärte und emanzipierte Anführerin des Duos verkörpert, darf sich Geena Davis („Die Fliege“, „Tödliche Weihnachten“) von der Opferrolle einer erniedrigten Ehefrau zu einer selbstbewussten Power-Frau austoben, wobei der Übergang durchaus subtiler hätte inszeniert werden können. 
Ridley Scott und Kameramann Adrian Biddle („Alien 2“, „V wie Vendetta“) haben die Reise der beiden Freundinnen in beeindruckende Landschaftsaufnahmen eingebettet, wobei sich der Showdown am Grand Canyon ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat. 
Ein grandioser Soundtrack, der mit den Gitarren-Klängen von Hans Zimmer und einigen Country-&-Western-Songs die richtige Atmosphäre schafft, verstärkt zudem den Eindruck, dass „Thelma & Louise“ genauso gut ein Western moderner Machart ein könnte. 
Leider versäumte es Scott in den nachfolgenden Jahren, an die Qualität dieses Meisterwerks anzuknüpfen. Erst mit „Gladiator“ (2000) gelang ihm fast zehn Jahre später ein fulminantes Comeback. 

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