Begierde

Der US-amerikanische (Horror-)Autor Whitley Strieber erregte in den 1980er Jahren nicht nur mit seinem Bestseller „Die Besucher“ (über seine mutmaßlich eigene Entführung durch Außerirdische) international Aufmerksamkeit, sondern schon durch seine ersten beiden Romane, die jeweils kurz nach ihrem Erscheinen erfolgreich verfilmt wurden. Nachdem Michael Wadleigh 1981 mit „Wolfen“ den hierzulande als „Wolfsbrut“ veröffentlichten Roman „The Wolfen“ aus dem Jahr 1978 verfilmt hatte, nahm sich Tony Scott in seinem Regiedebüt des Romans „Der Kuss des Todes“ an. 
„Begierde“, so der deutsche Verleihtitel von „The Hunger“, wartet mit einer faszinierenden Ästhetik und einem eindrucksvollen Hauptdarsteller-Trio auf. 

Inhalt:

In einer New Yorker New-Wave-Diskothek suchen sich Miriam (Catherine Deneuve) und John Blaylock (David Bowie) ein junges Paar für einen Partnertausch, doch das anschließende erotische Stelldichein in ihrem mit wertvollen Antiquitäten gefüllten Haus endet für die beiden Gäste tödlich. Kurz nach Beginn der ersten Zärtlichkeiten ziehen Miriam und John kleine Messer aus dem Anhänger an ihren Halsketten, schneiden die Halsschlagadern des jeweiligen Partners durch und trinken deren Blut. Miriam lebt schon seit Jahrtausenden, indem sie regelmäßig menschliches Blut zu sich nimmt, John ist erst seit dem 18. Jahrhundert – fast – unsterblich. Denn im Gegensatz zu Miriam ist es John nicht vergönnt, ewig zu leben. 
Wie seine Vorgänger nach einigen Jahrhunderten beginnt auch John eines Tages, rapide zu altern, so dass er vor lauter Verzweiflung Rat bei der Gerontologin Dr. Sarah Roberts (Susan Sarandon) in der Park West Clinic sucht, die er gerade in einer Fernsehsendung sah, wo sie über ihre Forschung nach dem Geheimnis eines längeren Lebens sprach. 
Als Sarah mit einigen Augen sieht, wie John innerhalb weniger Stunden zu einem alten Mann geworden ist, sucht sie ihn zuhause auf, wo sie allerdings nur auf die faszinierende Miriam trifft. Während John verzweifelt auf der Suche nach frischem Blut ist, beginnt Miriam eine Affäre mit Sarah… 

Kritik: 

Bereits mit der Eröffnungssequenz demonstriert Tony Scott, dass er einen ganz anderen, wahrhaft modernen Vampirfilm präsentiert. Scotts Vampire haben weder Furcht vor der Sonne, noch vor Knoblauch, Kruzifixen und Holzpflöcken. Die modernen Blutsauger suchen sich ihre Opfer in Clubs, deren Besucher bereits mit ihrem Outfit signalisieren, dass sie offen für unorthodoxe Sex-Praktiken sind. Während der effizient ausgeübten Partnersuche singt Peter Murphy von Bauhaus passenderweise „Bela Lugosi’s Dead“ – der perfekte Auftakt für einen stark stilisiertes Erotik-Vampir-Drama. 
Zwar streift „Begierde“ auch die vertrauten Aspekte der Vampir-Thematik mit dem unstillbaren Verlangen nach Blut und dem Wunsch nach ewigem Leben, um der Angst vor dem Altern, dem Verfall und dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, doch im Zentrum steht vor allem die Dreiecksbeziehung zwischen John, Miriam und Sarah, wobei John durch seine schnelle Alterung recht bald aus dem Spiel genommen wird und sich die Handlung zunehmend auf die gefährliche Beziehung zwischen Miriam und Sarah fokussiert. 
Die lesbische Liebesszene zwischen Catherine Deneuve und Susan Sarandon ist schnell legendär geworden, wobei Scott das Liebesspiel mit wehenden weißen Vorhängen und Kerzenlicht geschickt verschleiert und den Zuschauern viel der Phantasie überlässt. Bei aller visueller Raffinesse ist die Story jedoch wenig einfallsreich. Wenn Scott anhand der schnellen Szenenwechsel zwischen Johns Altern und dem Schnelldurchlauf eines rapide alternden, sterbenden und schließlich zu Knochen zerfallenden Äffchens den Prozess des vorschnellen Alterns vor Augen führt, ist das zentrale Thema des Films bereits abgehandelt. Darüber hinaus macht „Begierde“ aber auch die mit dem ewigen Leben verbundene Einsamkeit deutlich, der nur sporadisch begegnet werden kann. 
Dass das moderne Vampir-Drama trotz des umständlich inszenierten Plots gut zu unterhalten vermag, liegt nicht nur an dem erfrischenden Umgang mit der klassischen Blutsauger-Thematik, sondern auch an den wunderbar ausgesuchten Darstellern, der schicken Ästhetik und dem coolen Soundtrack, auf dem nach dem Auftakt mit Bauhaus vor allem klassische Stücke von Schubert, Ravel, Bach, Gregorio Allegri, Léo Delibes (aus seiner Oper „Lakmé“) und Édouard Lalo folgen. Der große Durchbruch sollte für Tony Scott drei Jahre später mit „Top Gun“ folgen.  

Kommentare

Beliebte Posts