Königreich der Himmel

Mit seinem 5-fach Oscar-prämierten Meisterwerk „Gladiator“ (2000) hat Ridley Scott nicht nur erfolgreich das längst als verstaubt betrachtete Genre des Sandalen-Films wiederbelebt, sondern auch den erfolgreichsten Film seiner Karriere geschaffen. Offenbar hat der britische Filmemacher seinen Gefallen am Monumentalfilm bewahrt, klotzte er 2005 für das Mittelalter-Epos „Königreich der Himmel“ noch mal richtig ran. Der im Director’s Cut über dreistündige Film ist in der Zeit des ausgehenden 12. Jahrhunderts kurz vor dem dritten Kreuzzug angesiedelt und thematisiert schließlich den Krieg zwischen den Christen und den Moslems um Jerusalem. 

Inhalt: 

Frankreich im 12. Jahrhundert. Der junge Schmied Balian (Orlando Bloom) trauert um sein verstorbenes Kind und seine Frau, die sich deshalb getötet hat und als Sünderin außerhalb der Stadt begraben wurde. Auf dem Weg nach Jerusalem macht der Kreuzritter Godfrey von Ibelin (Liam Neeson) mit seinen Gefolgsleuten Halt in Balians Dorf und eröffnet dem Schmied nicht nur, dass Balian sein unehelicher Sohn sei, sondern fordert ihn auch auf, ihn ins Heilige Land zu begleiten. Der junge Schmied denkt aber nicht daran, sein Zuhause zu verlassen. 
Erst als ihn sein jüngerer Bruder (Michael Sheen), der als Priester Balians Frau begrub, ebenfalls zum Weggang bewegen will und erklärt, dass seine Frau ohnehin als Selbstmörderin in der Hölle landen würde und bei der Bestattung enthauptet wurde, stößt Balian dem Mann ein glühendes Schwert in den Leib, lässt seine Schmiede in Flammen aufgehen und folgt Godfreys Truppe. Bei einer Rast im Wald stoßen Godfreys Leute auf einen Trupp von Soldaten, die Balians Herausgabe fordern, was Godfrey allerdings ablehnt. 
Bei dem folgenden Kampf wird Godrey so schwer von einem Pfeil getroffen, dass er in Messina seinen Verletzungen erliegt, aber nicht bevor er seinem Sohn zum Ritter schlägt und den Titel als Baron von Ibelin verleiht. In Messina macht Balian auch erstmals Bekanntschaft mit dem arroganten und machthungrigen Tempelritter Guy de Lusignan (Marton Csokas), der für den ehemaligen Schmied nur Verachtung übrig hat. Nach seiner Ankunft im Heiligen Land verbringt Balian zunächst in Trauer um seine Frau eine Nacht auf dem Berg Golgota, um dann in Jerusalem von Godfreys Soldaten zu dessen Palast geführt zu werden, wo ihn Sybilla (Eva Green), die schöne Schwester des leprakranken und völlig verhüllten Königs Balduin IV (Edward Norton) und zukünftige Frau von Guy de Lusignan, erstmals besucht. 
Ebenso wie Jerusalems Statthalter Tiberias (Jeremy Irons) glaubt auch der König an ein friedvolles Miteinander mit den Moslems. Während Balian dem König verspricht, sich um die Menschen in Jerusalem zu kümmern, und Bewässerungsanlagen für ihre Felder bauen lässt, stachelt der Tempelritter Reynald (Brendan Gleeson) Guy de Lusignan dazu an, um jeden Preis einen Krieg gegen Moslemführer Saladin (Ghassan Massoud) anzuzetteln und Balian zu töten. Balian überlebt das Attentat durch eine Gruppe von Tempelrittern, aber als es zum offenen Krieg kommt, steht Balian vor der scheinbar unmöglichen Aufgabe, die Bevölkerung Jerusalems gegen den mit einer Armee von 200.000 Mann anrückenden Saladin zu verteidigen… 

Kritik: 

Ähnlich wie schon bei „Gladiator“ legte Scott bei „Königreich der Himmel“ keinen Wert auf historische Genauigkeit. Das Drehbuch von William Monahan („Der Mann, der niemals lebte“, „Departed: Unter Feinden“) basiert zwar lose auf der Geschichte des Schmieds Balian und den Kreuzzügen, zu denen Papst Urban II im November 1095 auf der Synode von Clement aufrief, doch Scott wollte vor allem ein komplexes menschliches Drama erzählen, wozu die Kreuzzüge eine interessante historische Kulisse bildeten. 
Natürlich steckt „Königreich der Himmel“ voller blutiger, brutaler Kampfszenen, die vor allem in den von der Special-Effects-Schmiede Weta („Herr der Ringe“-Trilogie, „I, Robot“) produzierten Massen-Szenen ihre volle Wucht entfalten, doch bei aller Feindseligkeit zwischen den Moslems und Christen betont die Geschichte vor allem auch den Willen von mächtigen Männern, die religiösen Differenzen beiseite zu legen und für ein friedvolles Miteinander einzustehen. 
Zwar taugt Orlando Bloom, der als Legolas in der „Herr der Ringe“-Trilogie zum Mädchenschwarm avancierte und bereits in Ridley Scotts „Black Hawk Down“ eine Mini-Rolle hatte, kaum als charismatischer Anführer und Beschützer, und auch Eva Green („Die Träumer“, „Penny Dreadful“) kann eher durch ihr Aussehen als durch eine charismatische Performance glänzen, doch dafür holen die famosen Nebendarsteller wie Jeremy Irons, Liam Neeson, Edward Norton, David Thewlis und Brendan Gleeson die Kohlen aus dem Feuer. 
Besonders herausragend ist aber wie bei Ridley Scott üblich die Inszenierung gelungen. Kameramann John Mathieson, der von „Gladiator“ bis „Robin Hood“ regelmäßig mit Scott zusammenarbeitete, schuf einmal mehr wundervolle Aufnahmen der betörenden Landschaften und der interessanten Kulissen, die von der wundervoll reichhaltigen Musik von Harry Gregson-Williams (und Stücken anderer Komponisten wie Patrick Cassidy, Jerry Goldsmith und Graeme Revell) untermalt werden. 
So wie der Score westliche Musiktradition mit Elementen der Musik des Mittleren Ostens vereint, propagiert auch der Film an sich eine Versöhnung der Kulturen, wobei die Story keinesfalls außer Acht lässt, dass sich die Kreuzzüge nicht nur um religiöse Belange, sondern vor allem um wirtschaftliche und politische Interessen drehten. 
Ridley Scott ist mit „Königreich der Himmel“ letztlich ein Manifest für die Toleranz gelungen, ein Drama, in dem das Gewissen und die Menschlichkeit von Menschen wie Godfrey, Balian, König Balduin IV, Saladin und Tiberias über die Grausamkeit und den Machtwahn von Typen wie Guy de Lusignan und Reynald siegt. Vor diesem Hintergrund lassen sich die historischen Ungenauigkeiten durchaus verzeihen.  

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