Der Mann aus Marseille
Der französische Roman- und Drehbuch-Autor José Giovanni (1923-2004) hat in seinen Geschichten gern die Erfahrungen der eigenen Verbrecherlaufbahn und Inhaftierung verarbeitet und wurde durch die Vorlagen zu „Das Loch“ und „Der Panther wird gehetzt“ (beide 1960) bekannt. 1961 folgte mit Jean Beckers „Sie nannten ihn Rocca“ die erste Adaption von Giovannis Roman „L’excommunié“ – mit Jean-Paul Belmondo in der Hauptrolle. Gut zehn Jahre später übernahm Giovanni selbst die Regie bei der erneuten Verfilmung mit Belmondo, diesmal unter dem Titel „Der Mann aus Marseille“.
Marseille, 1934. Um die Unschuld seines Freundes Xavier (Michel Constantin) zu beweisen, mit dem er seine Kindheit in einem Waisenhaus verbracht hatte, in dem der heute mit Xaviers Schwester Georgia (Claudia Cardinale) liierte Herbergsvater seine eigenen Gelüste befriedigte, schleust sich Roberto Borgo (Jean-Paul Belmondo) in die Kreise des Gauners Villanova (Aldo Bufi Landi) ein, der Xavier den Mord untergeschoben hat. Er bringt Villanova nicht nur selbst um und beseitigt die Leiche mit Hilfe des „Eleganten“ (Michel Peyrelon) und dessen Kassierer, sondern übernimmt auch Villanovas Geschäfte. Da Roberto weiterhin in der Schusslinie der Ganoven in Marseille steht, lässt er Georgia das Bordell leiten, kann aber nicht verhindern, dass farbige Amerikaner bei dem Versuch, das Rotlichtmilieu zu übernehmen, das Bordell verwüsten.
Nach einer Schießerei mit den Männern wird Roberto selbst zu einer Haftstrafe verurteilt und ins Gefängnis überstellt, in dem Xavier nach einer Auseinandersetzung mit dem Wachpersonal in Einzelhaft sitzt. Zwar gelingt es Roberto, seinen Freund aus der Einzelhaft zu holen, doch verschiedene Ausbruchspläne scheitern.
Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs bekommen Roberto und Xavier die Möglichkeit, als Freiwillige an den französischen Küsten verminte Strände zu säubern, was Xavier einen Arm kostet, ihnen beiden aber die vorzeitige Erlassung ihrer Strafe einbringt. Roberto macht sich einen Namen als Problemlöser, der die Casinobesitzer vor Übergriffen schützt…
Kritik:
Der deutsche Verleihtitel „Der Mann aus Marseille“ wirkt so langweilig wie der Film selbst. Das liegt gewiss nicht an dem Star-Duo Jean-Paul Belmondo und Claudia Cardinale, sondern an der von José Giovanni selbst vorgenommenen Adaption des eigenen Romans und der zusammenhangslosen Inszenierung. Bereits zu Beginn, wenn Roberto einen auf ihn angesetzten Attentäter ausschaltet und anschließend seine Geliebte von Villanovas Handlangern auf offener Straße erschossen wird, fragt man sich als Zuschauer, wie die beiden Vorgänge zusammengehören, worum es bei der Feindschaft zwischen Villanova und Roberto überhaupt geht.
Im Vordergrund steht eigentlich die Freundschaft zwischen Roberto und Xavier, die gemeinsame Zeit im Knast, die verschiedenen Versuche, auch von außen mit Hilfe der Résistance, aus dem Gefängnis zu fliehen, das Himmelfahrtskommando nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beim Säubern der Strände von den versteckten Minen. Die Kerngeschichte wird allerdings durch allerlei unnötige Nebenhandlungen zerfasert, die den ohnehin zähen Fluss der Geschichte hemmen und die Figuren auf sich allein gestellt zurücklassen.
Über den Zeitraum von zwanzig Jahren, in denen die Handlung spielt, werden so viele Personen und Orte eingeführt, dass man schnell die Übersicht verliert und sich die Zusammenhänge nur dem allwissenden Autor und Regisseur erschließen. Da können Belmondo und Cardinale noch so viel Charisma versprühen, für einen unterhaltsamen Film reicht das leider nicht.
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