Ausnahmesituation

Hilflos muss der beruflich erfolgreiche und glücklich mit seiner hübschen Frau Aileen (Keri Russell) verheiratete John Crowley (Brendan Fraser) mit der Tatsache fertigwerden, dass zwei seiner drei Kinder - die achtjährige Megan (Meredith Droeger) und der sechsjährige Patrick (Diego Velazquez) - an der unheilbaren Erbkrankheit Morbus Pompe leiden, die in der Regel spätestens nach neun Lebensjahren zum Tod führt. Die letzte Hoffnung hat John im Internet gefunden, wo er auf die Forschungen von Dr. Robert Stonehill (Harrison Ford) stößt, der zwar noch nie ein Medikament in die Produktion gebracht hat, aber aufgrund seiner theoretischen Überlegungen guter Dinge ist, dass sein entwickeltes Enzym das Zeug dazu hat, die Krankheit in den Griff zu bekommen. 
Der eigenbrödlerische Forscher lässt John mit seinem Anliegen zunächst abblitzen, lässt sich aber auf eine Zusammenarbeit ein, wenn John ihm eine halbe Million Dollar für die Forschung beschafft. Nach einem Monat hat John nicht mal ein Fünftel der Summe zusammen, aber Stonehill ist von dem Tatendrang des besorgten Familienvaters so angetan, dass er mit ihm zusammen eine Firma gründen will. Doch bis ein wirksames Medikament auf den Markt kommen kann, sind finanzstarke Investoren notwendig. 
"Nach einer wahren Begebenheit" hat Regisseur Tom Vaughan mit "Ausnahmesituation" einen Film inszeniert, der gleich drei Aspekte unter einen Hut zu bringen versucht: Im Vordergrund steht natürlich das tragische Drama einer unheilbaren Krankheit, die die Betroffenen schon in jungen Jahren dahinrafft. Im Wettlauf gegen die Zeit muss also ein Medikament entwickelt werden. Hier übernimmt Harrison Ford, der den Film auch produziert hat, überzeugend die Rolle des leicht exzentrischen Forschers, der zunehmend menschlichere Züge entwickelt, je mehr er mit dem Leid von Johns und Aileens Kindern vertraut wird. Und drittens wird veranschaulicht, welche Überlegungen bei den mächtigen Pharmaunternehmen die größte Rolle spielen, wenn es an die teure Entwicklung eines neuen Medikaments geht. In der literarischen Vorlage "The Cure" von Geeta Anand hat dieser komplexe Prozess sieben lange Jahre in Anspruch genommen, eine Zeitspanne, die in dem anderthalbstündigen Drama nicht wirklich zum Ausdruck kommt. 
Dafür ist der Kampf der tapferen Eltern, die Brendan Fraser und Keri Russell mit viel Empathie darstellen, mit viel Gefühl und einem moderaten Druck auf die Tränendrüse überzeugend inszeniert worden. Das lässt sich von den Sequenzen, in denen die Forschung thematisiert wird, nicht behaupten. Hier stehen weniger die wissenschaftlichen Fortschritte und Rückschläge (die gar nicht erst erwähnt werden) im Vordergrund als das exzentrische Gebaren von Dr. Stonehill, der das Labor - sehr zum Ärger seiner Kollegen - laut mit seiner Musik beschallt. Und schließlich wird auch die Pharmaindustrie in letztlich glänzendem Licht präsentiert, die natürlich auf Profit ausgerichtet ist, aber im entscheidenden Moment auch die richtigen Entscheidungen im Sinne der Menschlichkeit trifft. 
Wer ein tränenrühriges, zum Glück nicht zu kitschig inszeniertes Drama über den Kampf einer Familie gegen eine schreckliche Krankheit ohne allzu komplexe wissenschaftliche Hintergründe und authentische Problemlösungsstrategien genießen möchte, ist mit dem stark besetzten, gut gespielten und handwerklich gelungenen Film bestens bedient, allerdings wird das märchenhafte Machbare des amerikanischen Traums doch stark glorifiziert.  

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