Der Name der Rose
In einer verlassen in den italienischen Bergen gelegenen Benediktiner-Abtei treffen im Jahre 1327 der englische Franziskanerpater William von Baskerville (Sean Connery) als Gesandter des Kaisers und sein junger Novize Adson von Melk (Christian Slater) ein. Hier wollen Gelehrte des Franziskanerordens mit einer päpstlichen Delegation über Machtverhältnisse und den theologischen Sinn der Armut der Kirche diskutieren. Doch bevor die anderen Kirchenvertreter ankommen, wird William vom Abt (Michael Lonsdale) darum gebeten, ihm bei der Aufklärung des Todes des Mönches Adelmus behilflich zu sein.
Doch bei diesem Todesfall bleibt es nicht, weitere Mönche sterben in den folgenden Tagen unter oft mysteriösen Umständen. Mit detektivischem Spürsinn macht sich der aufgeklärte William an die Arbeit und stößt auf eine labyrinthartig angelegte Klosterbibliothek, wo der blinde Bibliothekar Jorge von Burgos (Feodor Chaliapin Jr.) einen ganz besonderen Schatz hütet und versteckt hält: das „Zweite Buch der Poetik“ von Aristoteles, in dem er die Komödie abhandelt.
Jorge zufolge wirkt Lachen der Furcht entgegen, ohne die es keinen Glauben geben kann. Währenddessen wird Adson mit den Freuden fleischlicher Lust vertraut, als er sich in ein armes Mädchen zu verlieben beginnt, das sich vor allem von den Abfällen ernährt, die die Abtei den Abhang hinunterkippt. Als der Inquisitor Bernardo Gui (F. Murray Abraham) mit seinem Gefolge in der Abtei eintrifft, löst er die Mordfälle auf seine eigene Weise: Er verurteilt die beiden Mönche Remigio (Helmut Qualtinger) und den in verschiedenen Sprachen brabbelnden Salvatore (Ron Perlman) zum Verbrennen auf dem Scheiterhaufen und will so den Machtanspruch der Inquisition untermauern.
Mit der Verfilmung von Umberto Ecos komplexen Mittelalter-Krimi „Der Name der Rose“ hat sich der
französische Filmemacher Jean-Jacques Annaud („Am Anfang war das Feuer“, „Duell - Enemy at the Gates“) an ein großes Projekt gewagt und auf gelungene Weise die wesentlichen Aspekte des Romans auf die Leinwand übertragen können. Die Auflösung der geheimnisvollen Todesfälle in der Abtei bilden das spannende Gerüst des Films, doch nicht weniger spannend fällt die Auseinandersetzung mit dem spätmittelalterlichen klösterlichen Leben, kirchlichen Dogmen und der Inquisition aus. Annaud versteht es in seiner anspruchsvollen Literaturverfilmung, verschiedene religiöse Überzeugungen zu veranschaulichen. William von Baskerville hat sich längst von apokalyptischen Visionen und abergläubischen Vorstellungen verabschiedet und widmet sich mit seinem ausgeprägten Intellekt und Scharfsinn lieber der Philosophie. Der altehrwürdige Jorge sieht dagegen die Furcht als wesentliches Fundament für den Glauben an, ohne den Gott nicht seinen Einfluss auf die Menschen ausüben kann. Ubertino sieht wie die Inquisition den Teufel als Verursacher für die Geschehnisse in der Abtei.
Es fällt nicht schwer, Ecos Roman und dessen Verfilmung als Abrechnung mit dem Mittelalter und dem kirchlichen Allmachtsanspruch zu
betrachten. Hier weist der intellektuell geschulte William den Weg in die aufgeklärte Zukunft. In dieser schwer verständlichen Welt, die von Furcht, Hass und Macht geprägt ist, soll der junge Adson seinen Weg finden. William stellt es seinem Novizen frei, wohin dieser führt, ob sein Glück in der Liebe zu einem Mädchen, in dem wie auch immer gearteten Glauben an Gott oder in der Philosophie liegt.
Annaud hat seinen Film mit großer atmosphärischer Dichte und hervorragenden Darstellern ausgestattet und etliche visuelle Höhepunkte inszeniert, zu denen die Szenen in der verschachtelten Bibliothek, die Auseinandersetzung mit der Inquisition, die Arbeiten in der Schreibstube, das Auffinden der Leichen, die Liebesszene zwischen Adson und dem Mädchen und der lodernde Scheiterhaufen zählen. Die offen zur Schau gestellte Kirchenkritik mag nicht jedermanns Sache sein, doch als thematisch interessanter Mittelalter-Krimi funktioniert „Der Name der Rose“ allemal.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen