The American

Mit seinem ganz in Schwarz-Weiß gedrehten Spielfilmdebüt "Control", einer düsteren Hommage an Joy-Division-Sänger Ian Curtis, gelang dem niederländischen Top-Fotografen und Musikvideo-Regisseur Anton Corbijn 2007 erfolgreich der Sprung ins Filmgeschäft. Bereits seine Videos für renommierte Acts wie U2, Depeche Mode, Roxette oder Metallica dokumentierten Corbijns ausgeprägten Sinn für Farbgebung und Atmosphären, der wie geschaffen für die große Leinwand scheint. Tatsächlich folgt Corbijn in "The American" weniger den Action- und Inszenierungskonventionen Hollywoods, sondern legt das Thriller-Drama mit Superstar George Clooney als großartig fotografiertes Portrait eines alternden Berufskillers an, der selbst zum Abschuss freigegeben wird. 
Als sich Jack (George Clooney) in einer abgelegenen Hütte in Schweden mit einer schönen Frau vergnügt, bemerkt er verdächtige Fußabdrücke im Schnee und schaltet wenig später seinen mutmaßlichen Attentäter gekonnt aus. Jacks schaltet daraufhin nicht nur seine Spielgefährtin aus, um keine Zeugen zu hinterlassen, sondern auch den zweiten Killer. Jack macht sich auf den Weg nach Rom, wo er von seinem Auftraggeber Pavel (Johan Leysen) in ein kleines italienisches Bergdorf geschickt wird, wo er auf weitere Anweisungen warten soll. Während der erzwungenen Arbeitspause macht "der Amerikaner", wie Jack nur von den Einwohnern genannt wird, die Bekanntschaft des redseligen wie aufmerksamen Pfarrers Benedetto (Paolo Bonacelli) und der attraktiven Prostituierten Clara (Violante Placido), mit der sich Jack auch außerhalb der regelmäßigen Arrangements trifft. Für einen letzten Auftrag soll er seiner Kollegin Mathilde (Thekla Reuten) ein kompaktes Scharfschützengewehr besorgen, danach will Jack aussteigen. Doch in seiner Branche wird das Ausscheiden aus dem Dienst für gewöhnlich endgültiger gelöst. 
Anton Corbijn ist ein besonderer Coup geglückt, die Hauptrolle in der Verfilmung von Martin Booths Roman "A Very Private Gentleman" mit Frauenschwarm George Clooney zu besetzen. Auf der einen Seite spielt Corbijn das Sex-Appeal seines Stars genüsslich aus. Doch schon die Eröffnungsszene, als er ohne mit der Wimper zu zucken seine Geliebte von hinten mit einem Kopfschuss niederstreckt, macht deutlich, dass George Clooneys Figur nicht der liebreizende, verführerisch lächelnde Charmeur ist, wie man es aus seinen Filmen wie "Tage wie dieser", "Der Sturm" oder "Up In The Air" her kennt. Corbijn nimmt sich viel Zeit, um Jack als schweigsamen Einzelgänger zu zeichnen, dem es schwer fällt, Vertrauen zu jemandem zu fassen, den er eigentlich sehr mag. Und Jack muss sehr bald feststellen, dass die Auflösung seiner inneren Blockade ihn verwundbar macht. George Clooney gelingt es hervorragend, die ambivalente Figur des alternden Killers in all ihren Facetten darzustellen. So wie er ist auch der Zuschauer schnell den Reizen der atemberaubenden Clara verfallen, deren Vorzüge Corbijn nicht müde wird zu präsentieren. 
Die emotionale Spannung zwischen Jack und der Prostituierten verleiht dem Film eine ebenso große Anziehungskraft wie die eher geschäftliche Beziehung zur geheimnisvollen Killerin Mathilde. Eingebettet in die teils unterkühlt, teils farbenprächtig inszenierten Bilder und Herbert Grönemeyers angemessen verhaltenem Score, entfaltet "The American" eine stets geheimnisvolle, psychologisch aufgeladene und erotische Spannung, die bis zum Schluss aufrechterhalten wird. 

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