24 Stunden in seiner Gewalt

Es scheint, als hätte Michael Cimino seit seinem Mega-Flop mit dem Spät-Western-Epos „Heaven’s Gate“ (1980) nach und nach die Lust am Filmen verloren. Für seinen Nachfolgefilm „Im Jahr des Drachen“ (1985) mit einem genialen Mickey Rourke in der Hauptrolle schrieb der Autorenfilmer noch wie zuvor auch das Drehbuch, danach verfilmte er nur noch die Vorlagen Anderer. Nachdem bereits die Verfilmung von Mario Puzos „Der Sizilianer“ (1987) nicht mehr ganz überzeugen konnte, legte er mit „24 Stunden in seiner Gewalt“ (1990), einem Remake des William-Wyler-Klassikers „An einem Tag wie jeder andere“ (1955) mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle, einen Psycho-Thriller vor, dessen schöne Kameraarbeit und soliden Darstellerleistungen nicht über die schwache Story hinwegtäuschen können. 

Inhalt:

Der psychopatische wie hochintelligente Verbrecher Michael Bosworth (Mickey Rourke) steht einmal mehr vor Gericht. Als er während der Verhandlung wieder einmal die Beherrschung verliert, bittet seine Anwältin Nancy Breyers (Kelly Lynch) das Gericht um eine Unterredung mit ihrem Mandaten unter vier Augen. Bosworth nutzt die Gelegenheit, die Pistole seiner mit ihm verbündeten Anwältin an sich zu nehmen, einen Wachmann auszuschalten und mit seiner Freundin als Geisel aus dem Gerichtsgebäude zu fliehen. Draußen warten bereits Bosworths Bruder Wally (Elias Koteas) und dessen Kumpel Albert (David Morse). Nach dem erfolgreichen Austausch der Fluchtwagen suchen sie das zum Verkauf stehende Haus des geschiedenen Ehepaars Tim Cornell (Anthony Hopkins) und Nora (Mimi Rogers) als kurzfristige Operationsbasis aus. 
Zunächst treffen die drei Gangster Nora und ihren achtjährigen Sohn Zack am frühen Morgen noch allein in dem Haus an, später machen Tim und die fünfzehnjährige Tochter May (Shawnee Smith) das ungewöhnliche Familientreffen komplett. Der erfolgreiche Anwalt Tim bemerkt schnell, dass die drei Entführer unter großem Druck stehen, und versucht sie gegeneinander auszuspielen. Bosworth wartet geduldig auf die Ankunft von Nancy, die allerdings erst einmal das FBI abschütteln muss. Als Albert seine beiden Komplizen verlässt und dabei die Leiche des zwischenzeitlich unerwartet aufgetauchten Immobilienmaklers entsorgt, bringt er das FBI allerdings auf die Spur der Bosworth-Villa… 

Kritik: 

Nach seinem Roman „The Desperate Hours“ hat Joseph Hayes nicht nur ein gleichnamiges Theaterstück konzipiert, sondern damit auch die Vorlage für eine ganze Reihe von Verfilmungen geschaffen, von der William Wylers „An einem Tag wie jeder andere“ fraglos die beste und bekannteste darstellt. Danach sind in den 1960er Jahren noch zwei Fernsehfilme entstanden. An Ciminos Neuverfilmung ist vor allem die Familiensituation der Cornells verändert worden. War sie in der 1955er Verfilmung noch eine intakte Vorzeigefamilie, ist sie hier bereits vor dem Eintreffen der Gangster zerrüttet. Tim hat Nora wegen einer jüngeren Frau verlassen, will aber wieder zu seiner Ex-Frau und den Kindern zurück. Nora will dagegen vor allem einen Mann, dem sie vertrauen kann. Vertrauen ist schließlich der Schlüsselbegriff in diesem Home-Invasion-Thriller. Nora wird aufgefordert, vor allem Bosworth zu vertrauen, damit niemandem etwas geschieht, doch Tim versucht immer wieder, zunächst die Kinder aus dem Haus zu bringen und die Situation nach seinen Vorstellungen unter Kontrolle zu bringen. 
Dass bei all den zwischenmenschlichen Spannungen der eigentlich so hochintelligente Bosworth so lange in dem Haus verweilt, ist allerdings schwer nachzuvollziehen. Immer wieder bringt er durch seine waghalsigen Anweisungen seine eigene Sicherheit in Gefahr. Cimino erzeugt durch ständige Perspektiv- und Ortswechsel Spannung. Vor allem in den grandiosen Landschaftsaufnahmen zeigt Cimino noch einmal sein Können. Davon abgesehen würzt er seinen Thriller mit einer gezwungen wirkenden Prise Sex und viel Blut, doch wie schon bei „Der Sizilianer“ fehlt es den Figuren an Tiefe, so dass man als Zuschauer wenig mit den Cornells mitfiebert. Mickey Rourke kann zwar nicht an seine beeindruckende Darstellung in Ciminos „Im Jahr des Drachen“ anknüpfen, überzeugt aber noch am meisten von den sonstigen stereotyp angelegten Charakteren. Man muss Cimino sicher zugutehalten, dass er das Beste aus dem schwachen Drehbuch gemacht hat, aber außer den prominenten Darstellern und den starken Bildern bietet „24 Stunden in seiner Gewalt“ einen Thriller auf Fernseh-Niveau. 

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