Back in the Game
Wenn Clint Eastwood ab den 1990er Jahren vor der Kamera zu sehen war, dann in der Regel in seinen von ihm selbst inszenierten Filmen, nach seinem Einsatz als alternder Secret-Service-Agent in Wolfgang Petersens „In the Line of Fire“ (1993) sogar nur noch ausschließlich, bis er zum Kinostart seines Films „Gran Torino“ im Jahr 2009 verkündete, fortan nur noch hinter der Kamera zu stehen. Für das Regiedebüt seines Produktionspartners Robert Lorenz kehrte er 2012 dann doch schneller als erwartet wieder vor die Kamera zurück, um in die Rolle eines alternden Baseball-Talentscouts zu schlüpfen, der die verkorkste Beziehung zu seiner Tochter wieder kitten will.
Gus Lobel (Clint Eastwood) macht nicht nur seine Prostata zu schaffen, sondern sieht auch spürbar schlechter, was sich für seine Tätigkeit als Baseball-Talentscout nicht besonders positiv auswirkt. Eine nähergehende Untersuchung bei einem Augenarzt lehnt er allerdings ab. Sein Freund Pete Klein (John Goodman) legt ihm bereits nahe, an den Ruhestand zu denken, doch Baseball ist für Gus alles im Leben. Das musste auch seine nach Baseball-Star Mickey Mantle benannte Tochter Mickey (Amy Adams) am eigenen Leib erfahren, als ihr Vater sie im Alter von sechs Jahren bei entfernten Verwandten ablieferte, nachdem seine Frau verstorben war.
Seitdem kämpft Mickey verzweifelt um die Anerkennung ihres Vaters, hat Karriere als Anwältin gemacht und steht kurz davor, als erste Frau zur Partnerin in ihrer Kanzlei gemacht zu werden. Um einen neuen Spieler zu beurteilen, reist Gus nach North Carolina, und Pete bittet Mickey, ihren Vater zu begleiten, denn da sie ihn als Kind oft auf seinen Reisen begleitet hat, versteht sie so einiges von dem Sport. Nach einigem Zögern reist Mickey ihrem Vater hinterher, riskiert allerdings, dass der Zuschlag für die Partnerschaft in der Kanzlei an ihren schmierigen Kollegen Tom fällt. Auch wenn sich ihr Vater zunächst mürrisch gibt, schätzt er doch Mickeys Anwesenheit, die die gemeinsame Zeit zu nutzen versucht, um die Vergangenheit aufzuarbeiten. Die Bekanntschaft mit dem konkurrierenden Talentsucher Johnny Flanagan (Justin Timberlake) erleichtert ihr den Aufenthalt in North Carolina …
Kritik:
Bereits mit dem biografischen Drama „Invictus – Unbezwungen“ hat Clint Eastwood sein Faible für den Sport demonstriert. Ging es in dem 2009 inszenierten Film um die in Südafrika ausgetragene Rugby-Weltmeisterschaft, widmet er sich nun dem traditionsreichsten US-amerikanischen Lieblingssport, dem Baseball. Doch das Geschehen auf dem Feld ist wie schon bei „Invictus“ eher ein Nebenschauplatz. Im Mittelpunkt steht bei „Trouble With the Curve“ (so der gegenüber der unsinnigen deutschen „Übersetzung“ passendere Titel) eindeutig die verkorkste Vater-Tochter-Beziehung, deren Eckdaten erst spät thematisiert werden. Hier der Verlust der geliebten Ehefrau, dort die Unterbringung der Tochter bei Verwandten und in Internaten sowie bislang recht erfolglose Therapien. Der Film funktioniert vor allem wegen der gut funktionierenden Chemie zwischen Clint Eastwood, der souverän die ihm vertraute Figur des mürrischen, wortkargen und irgendwie auch einsamen alternden Mannes verkörpert, und der charmanten Amy Adams („Arrival“, „American Hustle“), die ihre aufstrebende Anwalts-Karriere auf Spiel setzt, um endlich herauszufinden, warum ihr Vater sie als Kind und Jugendliche verstoßen hat. John Goodman („Barton Fink“, „Argo“) kann dazu ebenso ein paar Akzente setzen wie Justin Timberlake („In Time“, „The Social Network“) als junger Talentscout, der die Tochter seines großen Idols lehrt, mal locker zu lassen. Das ist nett, aber auch unspektakulär inszeniert, wobei die weiteren Nebenfiguren wie Robert Patrick („Terminator 2“, „Walk the Line“) als Gus‘ Chef und Matthew Lillard („Scream“, „Eine wie keine“) als Gus‘ arroganter Kollege zu reinen Stereotypen verkommen. Das aufgesetzte Hollywood-Happy-End macht den Film zwar nicht besser, trägt aber zum allgemeinen Feel-good-Charme von „Back in the Game“ bei.
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