Hereafter - Das Leben danach

Seit seiner Verfilmung des Michael-Connelly-Thrillers „Blood Work“ (2002) hat sich Clint Eastwood vermehrt auf seine Regie-Karriere konzentriert und immer seltener auch die Hauptrolle in seinen Filmen übernommen. In der Folge entstanden mit „Mystic River“ (2003), „Million Dollar Baby“ (2004) und dem aus jeweils US-amerikanischer und japanischer Perspektive erzählten Kriegsdrama-Doppelpack „Flags of Our Fathers“ und „Letters from Iwo Jima“ (2006) einige seiner besten Arbeiten. 2010 inszenierte er mit „Hereafter – Das Leben danach“ ein ungewöhnliches Episoden-Drama, in dem die Protagonisten auf unterschiedliche Weise mit dem Tod konfrontiert werden. 

Inhalt: 

Die französische Fernsehjournalistin Marie Lelay (Cécile de France) ist mit ihrem Freund und Kollegen Didier (Thierry Neuvic) gerade an der thailändischen Küste im Urlaub und will kurz vor der Heimreise noch Geschenke besorgen, da wird sie von dem plötzlich auftauchenden Tsunami überrascht und mit der Strömung durch die Straßen gerissen. Nach einem Schlag auf den Kopf sinkt sie ohnmächtig nach unten, wird aber von zwei Rettern wiederbelebt. 
Dieses Nahtoderlebnis, bei dem sie außergewöhnliche Bilder wahrgenommen hat, beschäftigt sie nach ihrer Rückkehr nach Paris so stark, dass es ihre Arbeit beeinträchtigt und Didier ihr rät, eine Auszeit zu nehmen und sich um ihr geplantes Buch über den französischen Präsidenten François Mitterrand zu kümmern. Zwar nimmt sich Marie tatsächlich eine Auszeit, beginnt aber stattdessen mit „Hereafter“ ein Buch über ihre Nahtoderfahrung zu schreiben, das sie schließlich auf einer Buchmesse in London vorstellt … 
In San Francisco hat George Lonegan (Matt Damon) seinen Lebensunterhalt als Medium verdient, doch hat die Beschäftigung mit dem Tod verhindert, ein eigenes Leben zu führen, weshalb er nun in einer Fabrik arbeitet und einen Neuanfang versucht, indem er sich für einen abendlichen Kochkurs anmeldet. Georges älterer Bruder Billy (Jay Mohr) versucht dennoch, George dazu zu bringen, seine Tätigkeit als Medium wieder aufzunehmen. Als George im Kochkurs die ebenfalls alleinstehende Melanie (Bryce Dallas Howard) kennenlernt, scheint sich sogar etwas wie eine Beziehung anzubahnen, doch als Melanie aus Neugierde über George Kontakt zu ihren verstorbenen Eltern aufnimmt, ist sie so erschüttert, dass sie aus Georges Leben verschwindet. Nachdem sein Bruder schon dabei ist, Räumlichkeiten für die Sitzungen seines Bruders anzumieten, und George seinen Job verliert, reist er nach London, wo er an einer Besichtigungstour zu den Stationen im Leben des von ihm verehrten Charles Dickens teilnimmt. 
In London leidet der 12-jährige Marcus darunter, seinen geliebten Zwillingsbruder Jason bei einem Autounfall verloren zu haben. Da seine Mutter in einer Entzugsklinik verweilt, wird Marcus bei Pflegeeltern untergebracht, doch kapselt er sich von seiner Umwelt komplett ab. Er beginnt stattdessen, im Internet nach Medien zu recherchieren, die ihm den ersehnten Kontakt zu seinem Bruder herstellen … 

Kritik: 

Nach einem Drehbuch von Peter Morgan („Die Queen“, „Frost/Nixon“) hat Clint Eastwood ein berührendes Episoden-Drama inszeniert, das von drei ganz unterschiedlichen Protagonisten geprägt wird, die jeweils außergewöhnliche Erfahrungen mit dem Tod gemacht haben. Dabei beginnt „Hereafter – Das Leben danach“ spektakulär mit dem Tsunami, der wie eine riesige Flutwelle über den von Urlaubern übersäten Strand in Südthailand hinwegrauscht und dabei auch Marie mitreißt. Indem sich Eastwood in der Eröffnungssequenz ganz auf Marie konzentriert, nimmt die Naturkatastrophe sehr persönliche Züge an, wobei die undeutlichen, aber irgendwie beruhigenden Bilder, die Marie während ihrer Nahtoderfahrung in ihrem Inneren wahrnimmt, ihr weiteres Leben prägen. Während Eastwood behutsam Maries Weg von einer erfolgreichen Fernsehjournalistin zu einer Buchautorin verfolgt, nachdem ihr der Weg zurück in den Fernsehsender verstellt wird, verfolgt er in der Geschichte von George zunächst einen anderen Ansatz, denn George möchte sein Leben nicht mehr von den Toten bestimmen lassen, mit denen er in seinen sogenannten „Readings“ Kontakt aufnimmt. Er wird allerdings wie Marie nicht zuletzt durch den Verlust seiner Arbeitsstelle einen neuen Sinn in seinem Leben zu finden. 
Und schließlich verfolgt Eastwood in der Episode mit dem 12-jährigen Marcus ein Schicksal, das ganz direkt mit dem Tod umzugehen lernen muss – und zwar ganz auf sich allein gestellt. Dem Filmemacher gelingt es, die drei unterschiedlichen Episoden ohne melodramatisches Pathos, aber mit großem Einfühlungsvermögen zu inszenieren. Zwar trägt er beim Zusammenführen der drei Schicksale in London dann doch etwas dick auf, aber die gewohnt überzeugenden Darstellungen von Matt Damon („Good Will Hunting“, „Invictus – Unbezwungen“), Cécile de France („Public Enemy No. 1 - Mordinstinkt“, „The French Dispatch“) und Bryce Dallas Howard („Das Mädchen aus dem Wasser“, „The Help“) als schwer mit ihrer Bürde ringenden Menschen, die nach traumatischen Erlebnissen wieder nach Halt in ihrem Leben suchen, machen zusammen mit Tom Sterns („Mystic River“, „Der fremde Sohn“) stimmungsvoller Kameraarbeit und Clint Eastwoods zurückhaltenden Piano-Score aus „Hereafter“ ein sehr sehenswertes Drama.  

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