Invictus - Unbezwungen
Seit Clint Eastwood im Alter von 62 Jahren 1993 das erste Mal überhaupt für einen Oscar nominiert wurde – und ihn für seinen Neo-Western „Erbarmungslos“ auch als Bester Regisseur und Bester Film gewinnen konnte, hat er immer wieder großartige Filme wie „Mystic River“, „Million Dollar Baby“ und „American Sniper“ inszeniert, die ebenfalls ins Oscar-Rennen gegangen sind. 2009 entstand mit „Invictus – Unbezwungen“ unter Eastwoods gekonnter Regie ein ungewöhnliches Biopic, das sich dem berühmten Kämpfer gegen die Apartheid in Südafrika, Nelson Mandela, auf sehr fokussierte Weise nähert.
Als Nelson Mandela (Morgan Freeman) nach 27 Jahren Haft im Februar 1990 freigelassen wird, ruft er in seiner ersten Rede vor 120.000 Zuhörern im FNB-Stadion in Johannesburg zu einer Politik der Versöhnung in einem nichtrassischen, geeinten und demokratischen Südafrika auf. Vier Jahre später gewinnt Mandela als erster Schwarzer die Präsidentschaftswahlen in Südafrika und macht es sich zur obersten Aufgabe, die tiefe Kluft zwischen der schwarzen Mehrheit und der weißen Minderheit zu überwinden. Da kommt ihm die in einem Jahr im eigenen Land stattfindende Rugby-Union-Weltmeisterschaft gerade recht, denn die Springboks, die in Grün und Gold auftretende südafrikanische Nationalmannschaft, steht ebenso wie das Land auf dem Scheideweg. Die von Francois Pienaar (Matt Damon) angeführte Mannschaft, in der es mit Chester Williams (McNeil Hendricks) nur einen schwarzen Spieler gibt, symbolisiert noch die überwundene Herrschaft der Weißen, weshalb der 1992 neugegründete südafrikanische Rugbyverband am liebsten die Farben und Symbole der Springboks abschaffen will.
Mandela kann dies in letzter Sekunde durch eine persönliche Rede vor den Verbandsmitgliedern abwenden. Schwieriger gestaltet sich jedoch das Unterfangen, die im internationalen Vergleich recht schwache Mannschaft so zu motivieren, dass sie für eine Überraschung bei der im eigenen Land stattfindenden WM sorgen und damit ihren Beitrag zur Versöhnung der Rassen leisten kann. Mandela lädt Team Captain Pienaar zu sich ein und gibt ihm durch die Vermittlung eigener Erfahrungen die Inspiration, um mit seinem Team über sich hinauszuwachsen. Mandela lässt es sich nicht nehmen, persönlich zu den Spielen der eigenen Mannschaft ins Stadion zu kommen. Die Springboks, denen bestenfalls die Teilnahme am Viertelfinale zugetraut worden ist, wachsen unter Pienaars Anleitung tatsächlich über sich hinaus …
Kritik:
Nach John Carlins Sachbuch „Der Sieg des Nelson Mandela: Wie aus Feinden Freunde wurden“ hat Clint Eastwood sich bewusst auf den kurzen Zeitraum von Mandelas Freilassung aus dem Gefängnis und den Beginn seiner Präsidentschaft fokussiert, in den günstiger weise auch die Rugby-WM fiel, die hier als Beispiel für Mandelas politisches Geschick inszeniert wird, die tiefe Kluft zwischen den Weißen und den Schwarzen zu überbrücken. Das beginnt mit Mandelas Appell an die überwiegend weißen Mitarbeiter der vorangegangenen Regierung von Frederik de Klerk, ihre wertvollen Dienst doch auch weiterhin für das Land zur Verfügung zu stellen, und wird vor allem durch die Ergänzung der schwarzen Bodyguards durch beim SAS ausgebildete Weiße deutlich.
Man kann „Invictus – Unbezwungen“ sicher vorwerfen, dass Eastwoods Fokus auf Mandelas Pläne mit dem Rugby-Team die Probleme der Apartheid nur unzureichend thematisiert. Auf der anderen Seite stellt diese Konzentration auf einen Aspekt seiner Politik wunderbar eindringlich dar, wie Mandela die Herausforderung, eine zutiefst gespaltene Gesellschaft zu einen, mit eigenem Engagement angepackt hat. Das funktioniert auch deshalb so gut, weil Morgan Freeman („Sieben“, „Outbreak“) so großartig die Rolle des Nelson Mandela verkörpert. An seiner Seite gefällt Matt Damon („Die Bourne Identität“, „Good Will Hunting“) als sehr geerdeter Rugby-Kapitän, der die Mission seines Präsidenten gekonnt in seine Mannschaft überträgt.
Im Finale gelingt es Eastwood, die sportlichen Wettkämpfe nicht allzu sehr in den Vordergrund zu rücken. Die Bilder sind dennoch packend genug, um auch als Nicht-Rugby-Fan von dem Spiel gefesselt zu werden. Übrigens waren Eastwoods Söhne auch an dem Film beteiligt: Kyle komponierte zusammen mit Michael Stevens die Musik zum Film, und Scott Eastwood ist als einer der Spieler der Springboks zu sehen.
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