Heaven's Gate

Mit seinen ersten beiden Filmen – „Die Letzten beißen die Hunde“ (1974) und „Die durch die Hölle gehen“ (1978) - ist Michael Cimino zu einem der begnadetsten Autorenfilmer des New-Hollywood-Kinos avanciert. Mit seinem nächsten Projekt hat er sich allerdings – zumindest finanziell – mächtig verhoben. Das mehr als dreieinhalbstündige Historien-Epos „Heaven’s Gate“ im Gewand eines Spät-Westerns floppte gewaltig an den Kinokassen und polarisierte die Kritiker. Der Flop leitete nicht nur das Ende der New-Hollywood-Ära ein, in der Regisseure nahezu freie Hand bei der Realisierung ihrer Projekte hatten, sondern führte auch zum Verkauf von United Artists an MGM. 

Inhalt

Als Jim Averill (Kris Kristofferson) und William C. „Billy“ Irvine (John Hurt) 1870 ihren Abschluss an der Harvard University machen, sind sie noch voller Ideale. Zwanzig Jahre später hat es Averill zum Marshal von Johnson County in Wyoming gebracht, während sich Irvine der einflussreichen Rancher-Vereinigung Wyoming Stock Growers Association angeschlossen hat und seinen Frust im Alkohol ertränkt. Als sie sich zufällig wiederbegegnen, erzählt Irvine seinem alten Freund im betrunkenen Zustand von einer Todesliste, die die Rancher im Auftrag ihres Vorstandes Frank Canton (Sam Waterston) erstellt haben und auf der 125 meist osteuropäische Einwanderer stehen, die den Ranchern ein Dorn im Auge sind, weil sie ihnen das Vieh stehlen, um ihren Hunger zu stillen. Da Cantons Verwandtschaft bis in höchste Regierungskreise reicht, hat er das Gesetz auf seiner Seite. Dagegen kann auch Averill wenig ausrichten, der den Einwanderern zur Seite steht. 
Die Lage spitzt sich allerdings zu, als er es mit Nathan Champion (Christopher Walken) zu tun bekommt, der nicht nur als Auftragsmörder von Canton angeheuert wurde, sondern sich auch in Averills Freundin Ella Watson (Isabelle Huppert) verguckt, die im County ein Bordell betreibt. Ella steht nämlich auch auf der Todesliste, weil sie auch Vieh als Bezahlung für ihre Dienstleistungen akzeptiert und mit den Einwanderern sympathisiert. Erst als Champion erlebt, wie skrupellos Canton gegen die Einwanderer vorgeht, wechselt er die Fronten … 

Kritik: 

Das Trauma, das der Vietnam-Krieg in der US-amerikanischen Bevölkerung hinterließ, verarbeitete Cimino in seinem Oscar-prämierten Meisterwerk „Die durch die Hölle gehen“, ohne die eigentlichen Kriegsgefechte zu zeigen. Stattdessen fokussierte er sich zum einen auf das zum Glücksspiel pervertierten russischen Roulette, um die Sinnlosigkeit des Krieges zu veranschaulichen, zum anderen aber auch die Gegenüberstellung des Lebens einfacher Stahlarbeiter vor und nach dem Krieg, um vor allem die seelischen Wunden zu thematisieren, die die Kriegsveteranen mit nach Hause nahmen oder die in Vietnam zurückgeblieben sind, um in einer Endlosschleife das längst verlorene Leben wieder und wieder aufs Spiel zu setzen. Für seinen nachfolgenden Film „Heaven’s Gate“ wählte Cimino nicht nur ein weit weniger vertrautes Kapitel der amerikanischen Geschichtsschreibung, sondern auch eine weitaus gewalttätigere Inszenierung. 
Ähnlich wie in seinem gefeierten Antikriegsdrama ist auch „Heaven’s Gate“ in drei Akte eingeteilt. Das Vorher wird hier allerdings nur kurz als Prolog erwähnt, aber die Verabschiedung der Absolventen vermittelt ebenso wie in „Die durch die Hölle gehen“ eine Stimmung der Sorglosigkeit und Ausgelassenheit. Danach nimmt sich Cimino viel Zeit, vor allem die Biografien von Averill und Champion zu erzählen. Während sich Averill als rechtschaffener Marshal profiliert und mit Ellen eine glückliche Beziehung aufbaut, schlägt sich Champion aus reiner Profitsucht auf die Seite der wohlhabenden Rinderbarone, denen jedes Mittel recht ist, ihre Besitztümer zu verteidigen. Auch wenn Cimino sich für „Heaven’s Gate“ nur für ein meist unbekanntes, lokal begrenztes Ereignis entschieden hat, nutzt er alle filmischen Mittel, um einmal mehr ins Herz der amerikanischen Nation zu schauen, die nicht nur die Ureinwohner abgeschlachtet und in Reservate verdrängt hat, sondern auch sonst das Recht des Stärkeren brutal durchsetzte und ethnische Minderheiten auf der Grundlage fragwürdiger Gesetze ausmerzte. Vor allem im letzten Viertel des Films gibt Cimino jede Zurückhaltung auf und inszeniert die Schlacht zwischen den Einwanderern und den Rinderbaronen als Spektakel, bei dem Gliedmaßen zerquetscht, Innereien und Köpfe zerplatzen. 
Im Gegensatz zu „Die durch die Hölle gehen“ brilliert „Heaven’s Gate“ allerdings weniger durch die Darstellerleistungen. Kris Kristofferson („Convoy“, „Alice lebt hier nicht mehr“) bleibt als Hauptdarsteller sogar recht blass, erhielt eine Nominierung für die Goldene Himbeere als schlechtester Schauspieler und war seither nur noch in Fernsehproduktionen und B-Movies zu sehen. Isabelle Huppert konnte auch nicht in Hollywood Fuß fassen, avancierte aber im europäischen Arthouse-Kino zum Star. In kleineren Nebenrollen sind auch der alternde Joseph Cotten („Der dritte Mann“, „Citizen Kane“), Mickey Rourke, Terry O’Quinn, Jeff Bridges, Geoffrey Lewis und Brad Dourif zu sehen. 
Über alle Zweifel erhaben ist allerdings erneut die großartige Kameraarbeit von Vilmos Zsigmond und das aufwendige Produktionsdesign, das allerdings auch mitverantwortlich für die katastrophale Überziehung des Budgets war, das am Ende bei 44 Millionen Dollar lag, von denen nicht mal ein Zehntel wieder eingespielt worden ist. Der Riesen-Flop bedeutete nicht nur für United Artists und die Arbeit von Regisseuren eine Zäsur, sondern auch für Cimino selbst, der erst 1985 mit „Im Jahr des Drachen“ seinen nächsten Film vorlegte und schließlich in der Bedeutungslosigkeit verschwand.

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