1917

Seit seinem gleich fünffach Oscar-prämierten Hollywood-Debüt „American Beauty“ (1999) ist der britische Filmemacher Sam Mendes Dauergast bei Oscar-Verleihungen und hat mit „Skyfall“ (2012) und „Spectre“ (2015) auch dem James-Bond-Franchise eine eigene Note verliehen. Mit seinem Kriegsfilm „1917“ zählte er in diesem Jahr sogar zu den am höchsten gehandelten Oscar-Kandidaten mit zehn Nominierungen. Am Ende wurden es zwar „nur“ drei für Roger Deakins („No Country For Old Men“, „Blade Runner 2049“) einmal mehr grandiose Kameraarbeit sowie die visuellen Effekte und den Sound, doch berührt „1917“ vor allem mit einer sehr persönlichen Geschichte, die auf Mendes‘ Großvater zurückzuführen ist, der im Ersten Weltkrieg als Nachrichtenbote tätig gewesen ist.

Inhalt: 

Am 6. April 1917 werden die beiden jungen Soldaten Blake (Dean-Charles Chapman) und Schofield (George MacKay) mit einer heiklen Mission betraut. Nachdem sich die Alliierten und die Deutschen seit einer gefühlten Ewigkeit an der Westfront im Norden Frankreichs immer wieder bekämpft haben, ohne dass Bewegung in die Frontlinie gekommen ist, wird die Tatsache, dass sich die Deutschen nun plötzlich weit zurückgezogen haben, bereits als beginnende Kapitulation interpretiert, doch die britische Heeresführung hat durch ihre Luftaufklärung erfahren, dass es sich bei diesem vermeintlichen Rückzug um eine Finte der Deutschen handelt. Da sie dafür auch alle Funkverbindungen der Briten gekappt haben, sollen die beiden Lance Corporals eine Nachricht an Colonel Mackenzie überbringen, der kurz davor steht, mit dem II. Bataillon des Devonshire Regiment einen Angriff auf die Deutschen zu befehlen.
Da er nicht weiß, dass das deutsche Heer auf der Siegfriedlinie in bestens ausgebauten Stellungen den britischen Angriff erwartet, würden 1600 britische Soldaten in den sicheren Tod gehen. Für Blake hat diese Mission auch eine sehr persönliche Bedeutung, da sich sein Bruder unter diesen Männern befindet. Zunächst bewegen sich Blake und Schofield sehr skeptisch auf die Frontlinie zu, doch als sie die deutschen Schützengräben erreichen, finden sie diese tatsächlich verlassen vor. Bei einer durch eine Ratte ausgelöste Sprengfalle, die die Befestigung mit dem Schlafsaal teilweise zum Einsturz bringt, wird Schofield verschüttet, doch unter großem Aufwand kann ihn Blake retten. Doch das ist erst der Anfang einer gefährlichen Reise, bei der den beiden Freunden die Zeit davonläuft …

Kritik: 

Dass „1917“ zu den großen Oscar-Favoriten des Jahres 2020 zählte, überrascht nicht, denn das Kriegsdrama überzeugt als gesamtästhetisches Konzept und großes Schauspielkino. Mit seinem langjährigen Kameramann Roger Deakins, der vor allem durch seine Zusammenarbeit mit den Coen-Brüdern und zuletzt auch mit Denis Villeneuve bekannt geworden ist, hat Mendes eine Filmsprache perfektioniert, die die subjektive Sichtweise der beiden Protagonisten durch eine ausgefeilte „One-Shot“-Technik noch hervorhebt. Mendes und seiner Co-Autorin Krysty Wilson-Cairns („Penny Dreadful“) ist weniger an dem allgemeinen Geschehen während des Ersten Weltkriegs in Frankreich gelegen, sondern sie konzentrieren sich ganz auf die beiden jungen Soldaten und ihre unmittelbare Umgebung, die sich auch für den Zuschauer ständig unter einem wolkenverhangenen Himmel und voller Überraschungen präsentiert. Dazu zählt nicht nur das Staunen über den ausgebauten Schlafsaal in den deutschen Stellungen, sondern auch die Begegnung mit einem frisch abgestürzten deutschen Piloten oder einer jungen Französin, die sich um ein ihr fremdes Baby kümmert.
Dabei sorgt nicht nur der stets bedeckte Himmel für eine trostlose Stimmung. Deakins ist mit seiner Kamera immer so dicht bei seinen Figuren, dass sich der Zuschauer fühlt, mit ihnen durch den Schlamm zu kriechen und die ausgeblichenen Gesichter ihrer toten Kameraden zu sehen. Überhaupt vermitteln gerade die mit britischen Soldaten gefüllten Schützengräben, die Stacheldrähte und die effektvoll beleuchteten Ruinen ein selten authentisches Bild des Krieges, das durch die dezente musikalische Untermalung von Mendes‘ Stamm-Komponist Thomas Newman (der im Gegensatz zu Deakins nach ebenfalls 13 Oscar-Nominierungen unverständlicherweise nach wie vor auf seine erste Auszeichnung wartet!) noch in entscheidenden Momenten verstärkt wird. Die intensive Darstellung der beiden Jung-Darsteller Dean-Charles Chapman („Game of Thrones“, „The King“) und George MacKay („How I Live Now“, „Captain Fantastic“) wird durch prominente Mimen in den Nebenrollen (Benedict Cumberbatch, Colin Firth, Mark Strong) in eindringlichen Szenen wunderbar unterstützt. So ist „1917“ ein sehr persönliches, eindringliches und authentisch wirkendes Kriegsdrama geworden, das auch in filmästhetischer Hinsicht neue Maßstäbe setzt.
"1917" in der IMDb

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