Die Faust im Nacken

Method-Actor Marlon Brando hat mit dem ehemals kommunistischen Filmemacher Elia Kazan bereits erfolgreich in der Tennessee-Williams-Verfilmung von „Endstation Sehnsucht“ (1951) und John Steinbecks „Viva Zapata“ (1952) zusammengearbeitet, wobei er jeweils mit einer Oscar-Nominierung bedacht worden ist. Ihren größten Erfolg feierten die beiden schließlich mit „Die Faust im Nacken“ (1954), der mit insgesamt acht Oscars ausgezeichnet worden ist – darunter auch für Regisseur Kazan und seinen Hauptdarsteller Brando. Das brillant inszenierte und wunderbar gespielte Sozial-Drama ist allerdings auch als Kommentar des Regisseurs auf seine Rolle bei den gegen ihn gerichteten Ermittlungen des House Committee on Un-American Activities (HUAC) zu verstehen, während dieser das ehemalige Mitglied der Kommunistischen Partei die Namen ehemaliger linker Weggefährten ausplauderte.

Inhalt: 

Eigentlich hätte aus Terry Malloy (Marlon Brando) ein großer Boxer werden können, doch als er sich auf Rat seines Bruders Charley (Rod Steiger) darauf einließ, einen Kampf wegen einer Wette absichtlich zu verlieren, war es mit seiner vielversprechenden Karriere schon wieder vorbei. Stattdessen muss er wie viele andere junge wie alte Männer jeden Morgen an den Docks von Hoboken in New Jersey darauf hoffen, dass die Arbeitsvermittler vor Ort ihm einen Job zuteilen. Terry hat vor allem deshalb stets gute Karten, weil sein Bruder die rechte Hand des korrupten Gewerkschaftsbosses Johnny Friendly (Lee J. Cobb) ist. Die Dockarbeiter bilden eine eingeschworene Gemeinschaft, die eher der Polizei misstraut als ihrem skrupellosen Boss, dem sie treu ergeben sind. Als jedoch einer der Arbeiter, Joey Doyle, gegen Friendly aussagen will, wird Terry damit beauftragt, den Verräter in eine Falle zu locken, damit ihm ein Denkzettel verpasst werden kann. Doch als Terry sich mit Doyle auf dem Dach eines Wohnhauses verabredet, um ihm eine seiner vermissten Tauben zu übergeben, stoßen Friendlys Leute Doyle vom Dach. Während Terry sich schockiert über diese Tat zeigt, sind die Dockarbeiter nicht bereit, gegen Friendly etwas zu unternehmen, nicht mal Doyles resignierter Vater. Allein die Schwester des Toten, die Klosterschülerin Edie (Eva Marie Saint), will den Täter zur Rechenschaft ziehen und darf dabei auf die Unterstützung des unerschrockenen Paters Barry (Karl Malden) zählen, der in seiner Kirche versucht, ein paar Dockarbeiter zum Kampf gegen Friendlys korruptes Gebaren zu bewegen.
Als sich Terry in Edie zu verlieben beginnt, plagt ihn zunehmend sein schlechtes Gewissen. Friendly versucht durch Charley herauszufinden, ob Terry gegen Friendly aussagen will, doch Charley weigert sich, seinen Bruder in diesem Falle auch umzubringen. Da Friendly jedoch um jeden Preis seine machtvolle Position verteidigen will, greift er zu weiteren drastischen Maßnahmen, um seine Leute bei der Stange zu halten …

Kritik:

Es ist eine düstere, passenderweise in kontrastreichem Schwarz-Weiß gefilmte Atmosphäre, die Elia Kazan in „On the Waterfront“ – so der Originaltitel – präsentiert, kurz nachdem er vor dem McCarthy-Ausschuss wegen seiner unamerikanischen Umtriebe rehabilitiert worden war. Das Drehbuch des ebenfalls vor den Ausschuss zitierten Budd Schulberg („Ein Gesicht in der Menge“) basierte dabei auf der 1948 von Malcolm Johnson in der „New York Sun“ veröffentlichten und mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Reportageserie „Crime on the Water Front“ über die Arbeitsbedingungen New Yorker Hafenarbeiter. Wegen der Ermittlungen gegen mutmaßliche oder tatsächliche Kommunisten vor dem HUAC lag das Projekt, an dem zunächst auch Robert Siodmak und Arthur Miller beteiligt waren, einige Jahre auf Eis, doch durch das Engagement des unabhängigen Produzenten Sam Spiegel, der auch den zunächst abgeneigten Marlon Brando zur Zusage an „Die Faust im Nacken“ bewegen konnte, wurde das Drama 1954 an nur 35 Tagen an Originalschauplätzen mit einem moderaten Budget von ungefähr 900.000 Dollar abgedreht, um bei der Erstauswertung nahezu zehn Millionen Dollar einzuspielen.
„Die Faust im Nacken“ präsentiert zunächst ein authentisches Bild des täglichen Überlebenskampfes der Hafenarbeiter in New Jersey, die oft genug ohne Arbeit und damit ohne Lohn nach Hause geschickt werden und vor allem von der Gunst ihres korrupten Gewerkschaftsbosses abhängig sind, der sich auch nicht scheut, durch seine Handlager unbequeme Typen ein für alle Mal aus dem Weg zu räumen. Obwohl das Sozialdrama aus dem Arbeitermilieu durch die Menge der Not leidenden Arbeiter geprägt wird, konzentriert sich das Drama auf wenige Personen: Während Lee J. Cobb („Lawman“, „Exodus“) als temperamentvoller, machtbesessener Gewerkschaftsboss die dunkle Seite der Macht überzeugend verkörpert, kämpfen auf der anderen Seite Karl Malden („Endstation Sehnsucht“, „Patton – Rebell in Uniform“) als streitlustiger Pater, Eva Marie Saint („Der unsichtbare Dritte“) in ihrer ersten Filmrolle und Marlon Brando („Der Pate“, „Apocalypse Now“) auf der Seite der Gerechtigkeit. Während gerade Pater Barry und Edie keine Kompromisse bei ihrer Mission eingehen, stehen Terry Malloy und sein Bruder Charley allerdings zwischen den Stühlen, sind zwischen der Hand, die sie füttert, und ihrem Gerechtigkeitssinn hin- und hergerissen. „Die Faust im Nacken“ hat gerade in den Szenen zwischen den beiden Brüdern und zwischen Edie und Terry seine stärksten Momente, denn in den wunderbar von Boris Kaufman („Die zwölf Geschworenen“) eingefangenen Großaufnahmen kommt gerade bei den Malloys die Mutlosigkeit und Verzweiflung zum Ausdruck, wie man das Richtige tun soll. Das Finale wirkt zwar sehr pathetisch inszeniert, doch das tut dem großartigen, realistisch wirkenden Drama überhaupt keinen Abbruch. 
Ganz unproblematisch ist „Die Faust im Nacken“ jedoch nicht. Elia Kazan setzte Marlon Brandos und Karl Maldens Figuren im Kampf gegen die Gewerkschaft stellvertretend für seine eigene Abrechnung mit den Kommunisten ein, doch im Gegensatz zu Kazan, der seine Freunde vor dem HUAC verraten hat, geht es Terry Malloy bei seinem Verrat an Friendly vor allem darum, das Leben seiner Freunde zu retten.
"Die Faust im Nacken" in der IMDb

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