Flammendes Inferno

Die 1970er waren DAS Jahrzehnt des Katastrophenfilms und brachten gleich mehrere imponierende Blockbuster hervor, in denen Menschen auf heroische Art verschiedenen Naturgewalten und den Elementen trotzen müssen. Nachdem George Seaton mit „Airport“ (1970) den Alptraum eines Flugzeugabsturzes thematisierte, Ronald Neame mit „Die Höllenfahrt der Poseidon“ (1972) ein Luxus-Passagierschiff kentern ließ und Mark Robson mit „Erdbeben“ (1974) den Zuschauern den Boden unter den Füßen wegzog, verlegte Regisseur John Guillermin bei „Flammendes Inferno“ (1974) die Katastrophe in ein spektakuläres Hochhaus und schickte die Super-Stars Steve McQueen und Paul Newman in die Flammenhölle zur Zeit der prominent besuchten Einweihungsfeier.

Inhalt: 

Der prominente Architekt Doug Roberts (Paul Newman) kommt gerade aus einer ungenannten Einöde zurück, um an der Einweihung des von ihm konstruierten und von Firmenchef Jim Duncan (William Holden) gebauten Wolkenkratzers teilzunehmen, nach der er Duncan Enterprises endgültig verlassen will, als er während der Sicherheitsüberprüfungen über einen Kurzschluss im technischen Kontrollraum informiert wird. Bei der persönlichen Begutachtung des Schadens stellt Roberts fest, dass die elektrischen Installationen nicht die vorgeschriebene Isolierung aufweisen. Roberts macht dafür vor allem Duncans Schwiegersohn Roger Simmons (Richard Chamberlain) verantwortlich, der die entsprechenden Arbeiten ausführen ließ, sich dabei aber offensichtlich nur an den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen orientiert hat, um Kosten einzusparen. Während Simmons den Schwarzen Peter an seinen Schwiegervater weiterreicht und weiterhin dem Alkohol und der Jagd nach Frauen frönt, spielt Duncan die Dramatik der Komplikationen in dem mit 138 Stockwerken höchsten Gebäude der Welt herunter. Schließlich steht für den Abend der Besuch von über dreihundert Gästen zur Einweihung an, darunter Bürgermeister Robert Ramsay (Jack Collins) und Senator Gary Parker (Robert Vaughn). Währenddessen sorgt ein weiterer Kurzschluss in einem Lagerraum im 81. Stock für einen sich langsam ausbreitenden Brand, der erst bei der persönlichen Inspektion von Roberts und seinem Mitarbeiter Will Giddings (Norman Burton) einiger Verteilerkästen im Hochhaus entdeckt wird. Giddings wird beim Öffnen der Tür des Lagerraums so schwer verletzt, dass er seinen Verbrennungen erliegt. Mit der Alarmierung der Feuerwehr übernimmt deren Chef O’Hallorhan (Steve McQueen) die Leitung des Einsatzes und richtet im 79. Stock eine Kommandozentrale ein und weist Duncan an, dass er seine Feier vom Promenadenraum im 135. Stock ins Erdgeschoss verlegen soll, was er allerdings nur zögerlich umsetzt und damit Menschenleben aufs Spiel setzt. Tatsächlich breitet sich das Feuer schneller aus als erwartet. So kommen PR-Mann Dan Bigelow (Robert Wagner) und seine Sekretärin Lorrie (Susan Flannery) bei einem geheimen Schäferstündchen in seinem Büro durch das Feuer ums Leben, und auch einige der Feuerwehrleute kommen bei ihrem engagierten Einsatz um. Als schließlich die Aufzüge und die Treppen wegen des Feuers nicht mehr benutzt werden können, sind Roberts und O’Hallorhan gefordert, immer neue Optionen zur Rettung der Gäste zu finden, denn die Zeit rennt ihnen davon …

Kritik: 

Nach den Romanen „The Tower“ von Richard Martin Stern und „The Glass Inferno“ von Thomas N. Scortia und Frank M. Robinson inszenierte Action-Spezialist John Guillermin („Die Brücke von Remagen“, „King Kong“) einen imposanten Katastrophenfilm, der immerhin acht Oscar-Nominierungen erhielt und drei davon auch gewinnen konnte (u.a. für die beste Kameraarbeit und den besten Schnitt). Natürlich hat der Blockbuster damals vor allem wegen der illustren Starriege das Publikum angezogen. Bis in die Nebenrollen ist „Flammendes Inferno“ großartig besetzt, doch abgesehen von den beiden gleichrangig agierenden und in ihren Rollen vorbildlich an vorderster Front kämpfenden Stars Steve McQueen und Paul Newman kann nur Fred Astaire in seiner Oscar-nominierten Nebenrolle Profil gewinnen. Dagegen punktet beispielsweise Faye Dunaway als angehende Chefredakteurin und Roberts Lebensgefährtin nur durch ihre sinnliche Ausstrahlung , Chamberlain bedient allenfalls das Stereotyp des oberflächlichen Lebemannes. Doch die menschlichen Figuren werden genreüblich ohnehin zur Nebensache und dienen in ihren skizzierten Geschichten nur dazu, lose Identifikationspotentiale für den Zuschauer zu schaffen. Mit dem Ausbruch des Feuers verlegt sich ohnehin das Geschehen auf dessen engagierte, für die Einsatzkräfte lebensbedrohliche Bekämpfung. Dabei wird natürlich auch menschlicher Gigantismus und Gewinnoptimierung auch auf Kosten menschlicher Leben thematisiert und im abschließenden Dialog zwischen den beiden Helden auf den Punkt gebracht.
Bis dahin wird das Publikum mit prächtigen Schauwerten des hell erleuchteten Wolkenkratzers, authentisch wirkende Feuerwehreinsätze und kleinere wie größere Dramen unterhalten, die sowohl menschliche Tugenden wie Schwächen der Figuren herauskristallisieren lassen. Dazu sorgt der Katastrophenfilm-erfahrene John Williams („Der weiße Hai“, „Erdbeben“, „Die Höllenfahrt der Poseidon“) für die passend dramatische musikalische Untermalung für „Flammendes Inferno“, das den tapferen Feuerwehrmännern ein filmisches Denkmal setzt. Dass der Film nach wie vor von aktueller Brisanz ist, zeigte übrigens der verheerende Brand im Londoner Grenfell Tower 2017.
"Flammendes Inferno" in der IMDb

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