Kalter Hauch

Seit Charles Bronson als wortkarger Harmonica in Sergio Leones Italo-Western-Meisterwerk „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) den Durchbruch als Schauspieler geschafft hatte, avancierte er in den 1970er Jahren zu einem der gefragtesten Hollywood-Darsteller, wobei seine Zusammenarbeit mit Regisseur Michael Winner eine Schlüsselrolle einnahm. Bevor sie die ersten drei „Death Wish“-Filme (1974-1985) miteinander realisierten, entstanden 1972 sowohl der Western „Chatos Land“ als auch der eigenwillige Thriller „Kalter Hauch“, von dem 2011 unter dem Originaltitel „The Mechanic“ ein Remake mit Jason Statham in der Hauptrolle produziert wurde. 

Inhalt:

Wann immer ein Auftragsmord so aussehen soll, als wäre ein Unfall die Todesursache, wird Arthur Bishop (Charles Bronson) als „Mechanic“ von einer mysteriösen Organisation engagiert, zu der Bishop über seinen alten Freund „Big Harry“ McKenna (Keenan Wynn) als Mittelsmann Kontakt hat. Die Organisation geht allerdings auch innerhalb der eigenen Reihen wenig zimperlich mit den Leuten um, die den hohen Qualitäts- und Vertraulichkeitsstandards nicht mehr genügen. Bishop hat sich allerdings über die Jahre einen tadellosen Ruf erarbeitet, sich eine schicke Villa am Mulholland Drive gegönnt und genießt zu seinen minutiösen Vorbereitungen erlesenen Rotwein und klassische Musik. Allerdings muss er für dieses Leben auch einen hohen Preis bezahlen. Wirkliche Freunde kennt er nicht. Eine Prostituierte (Bronsons Ehefrau Jill Ireland) bezahlt er sogar dafür, dass sie ihm aufrichtig klingende Liebesbriefe schreibt. Und eine Überdosis seiner Antidepressiva bringt Bishop sogar ins Krankenhaus. Als er eines Tages den Auftrag bekommt, ausgerechnet seinen Freund und Mentor „Big Harry“ zu eliminieren, tut er das auf gewohnt emotionslose wie überlegte Art und Weise. Bei der Beerdigung trifft er auch Harrys verzogenen Sohn Steve (Jan-Michael Vincent) wieder, der sich wenig bewegt angesichts des Todes seines alten Herrn präsentiert. 
Stattdessen zeigt er ein starkes Interesse an Bishops Handwerk, worauf ihm der „Mechanic“ Schießunterricht erteilt. Bishop lernt den talentierten Steve sogar so weit an, dass er zukünftig auf seine Hilfe bei schwierigeren Coups zurückgreift. Doch als es bei einem dieser gemeinsam ausgeführten Aufträge zu Komplikationen kommt, ist die Organisation von Bishops eigenmächtigen Vorgehen mehr als nur enttäuscht und setzt Steve darauf an, Bishop aus dem Weg zu räumen. Als Bishop seine eigene Akte in Steves Schreibtisch entdeckt, lässt er sich auf ein gefährliches Spiel ein und lässt sich von seinem jungen Kontrahenten nach Italien begleiten, wo der nächste Auftrag auf Bishop wartet … 

Kritik: 

Michael Winner („Lawman“, „Scorpio, der Killer“) inszenierte „Kalter Hauch“ nach dem Drehbuch von Genre-Spezi Lewis John Carlino („Auftrag Mord“, „Der Mann, der zweimal lebte“, „Spiegelbild der Angst“), der es versteht, die psychologischen Komponenten in der Beziehung zwischen dem alternden „Mechanic“ Bishop und seinem gelehrigen Schüler Steve in den Mittelpunkt der Geschichte zu stellen. Zunächst nehmen sich Winner und Carlino viel Zeit, Bishop bei der Arbeit zu beobachten. Dabei macht er ausgiebig Fotos von der Wohnung seiner Zielperson, nachdem er sich in einer höhergelegenen Wohnung auf der anderen Straßenseite eingemietet hat, studiert den Tagesablauf seines Opfers und präpariert den Ofen, die Teebeutel und ein Buch mit Sprengstoff so, dass die Explosion wenig später wie ein Unglücksfall erscheint. Ebenso ausführlich wird Bishops Vorbereitungszeit in seinem schicken Heim geschildert, bevor die Geschichte mit dem Mord an Bishops Freund „Big Harry“ Fahrt aufnimmt, denn in diesem Moment wird klar, dass es auch Bishop einmal so ergehen könnte. 
Tatsächlich rückt dieses Szenario durch die Bekanntschaft mit Harrys Sohn Steve viel näher als erwartet. Was Bishop überhaupt daran interessiert, Steve als Killer auszubilden, bleibt allerdings offen. Es könnten ebenso Schuldgefühle darüber sein, Steves Vater getötet zu haben, als auch das Gefühl, einen Ersatz-Sohn oder Gleichgesinnten gefunden zu haben, der ihm die Einsamkeit vertreibt. Spannend wird die Konstellation natürlich durch Bishops Erkenntnis, dass die Organisation ausgerechnet seinen eigenen Schüler auf ihn angesetzt hat. Daraufhin entwickelt sich vor Neapels wunderschöner Kulisse ein packendes Katz- und Maus-Spiel, indem sich Bishop und Steve in erster Linie auf ihren komplizierten Job konzentrieren, aber sich auch gegenseitig immer im Auge behalten. Das ist trotz einiger Längen meist packend inszeniert und bietet gleichermaßen psychologisches Taktieren wie Action, die sich besonders im letzten Viertel in den Vordergrund schiebt und von einem coolen Finale gekrönt wird. 

Kommentare

Beliebte Posts