Live by Night

Im Jahr 2007 begann der erfolgreiche Hollywood-Darsteller Ben Affleck („Pearl Harbor“, „To the Wonder“) seine Regie-Karriere mit der Verfilmung von Dennis Lehanes Roman „Gone Baby Gone“ und bewies mit seinen nachfolgenden Inszenierungen „The Town – Stadt ohne Gnade“ (2010) und „Argo“ (2012), dass er als Regisseur mehr als nur talentiert ist. 2016 nahm er sich eines weiteren Romans von Dennis Lehane an, „In der Nacht“. Dabei übernahm Affleck nicht nur die Drehbuch-Adaption und die Regie, sondern auch die Hauptrolle, die zunächst seinem den Film co-produzierenden Kollegen Leonardo DiCaprio vorbehalten war. 

Inhalt: 

Nachdem Joe Coughlin (Ben Affleck) 1917 in Frankreich für sein Land gekämpft hatte und zusehen musste, wie viele gute Leute um ihn herum gestorben waren, schwor er sich nach seiner Heimkehr, keinen Befehlen mehr gehorchen zu wollen und fortan sein eigener Herr zu sein. Boston leidet in den 1920er Jahren wie viele andere Städte im Land unter wachsender Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Doch trotz oder gerade wegen der allgemeinen Armut floriert während der Prohibition das Geschäft mit dem Alkohol. Coughlin überfällt mit zwei Kumpels illegale Hinterzimmer-Glücksspiele. Seine Geliebte Emma Gould (Sienna Miller), die eigentlich mit dem skrupellosen Gangsterboss Albert White (Robert Glenister) liiert ist, fungiert als Informantin, doch bringt diese Liaison weder Emma noch Coughlin Glück. Als White erfährt, dass ihm Hörner aufgesetzt wurden, bezieht Coughlin die Prügel seines Lebens, während Emma von Whites Leuten aus dem Weg geschafft werden soll. 
Nach einem missglückten Überfall, bei dem drei Polizisten getötet werden, kann er sogar froh sein, dass sein Vater (Brendan Gleeson) in seiner Funktion als stellvertretender Polizeipräsident, durch Erpressung des Staatsanwalts erreicht, dass sein Sohn nur drei Jahre absitzen muss. Um seinen Racheplan nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis umzusetzen, bandelt Coughlin mit Whites italienischen Rivalen Maso Pescatore (Remo Girone), für den er zusammen mit seinem langjährigen Freund und Partner Dion Bartolo (Chris Messina) die Einfuhr illegalen Rums von Kuba nach Florida überwachen soll. Dabei erweist sich Coughlin nicht nur als äußerst geschäftstüchtig, sondern verliebt sich auch noch in die ebenso geheimnisvolle wie schöne Schwester des Kubaners Esteban Suarez (Miguel), Graciela (Zoe Saldana). 
Zwar steigen die Gewinne aus dem Handel mit Alkohol in astronomische Höhen, doch ist allen Beteiligten klar, dass die Prohibition demnächst aufgehoben wird. Coughlin plant deshalb den Bau eines Casinos in der Nähe von Tampa, macht sich sowohl Polizeichef Irving Figgis (Chris Cooper) als auch dessen Schwager RD Pruit (Matthew Maher) gefügig, der sich mit seinem Ku-Klux-Klan zwischenzeitlich als größeres Hindernis bei der Umsetzung seiner Pläne erweist. Um freie Hand gegen RD Pruit zu haben, erpresst Coughlin Figgis mit kompromittierenden Fotos seiner Tochter Loretta (Elle Fanning), die auf dem Weg nach Hollywood in der Drogen- und Prostituierten-Szene hängengeblieben ist … 

Kritik: 

Mit dem knapp 600 Seiten umfassenden Roman „In der Nacht“ hat der aus Boston stammende Bestseller-Autor Dennis Lehane ein vielschichtiges Gangster-Epos geschaffen, das kaum in einen zweistündigen Kinofilm umzusetzen ist. Affleck konzentriert sich in dem Film ganz auf die von ihm selbst dargestellte Figur des Joe Coughlin, der stets betont, kein Gangster, sondern nur ein Outlaw zu sein. Doch die Art und Weise, wie Coughlin seine Mission immer wieder mit Gewalt umsetzt, lässt an diesem Anspruch ständig zweifeln. Affleck gelingt es kaum, den Unterschied darzustellen, noch Sympathie für Coughlin zu entwickeln, dabei hätte bereits die Affäre mit Albert Whites Mätresse das Zeug dazu gehabt, Coughlins Profilierung als Gesetzloser zu manifestieren. 
Bei der vollgestopften Handlung, die Coughlin von Boston nach Tampa treibt, nimmt sich Affleck keine Zeit, die Figuren näher zu charakterisieren. So bleiben Sienna Miller („American Sniper“, „High-Rise“) und Zoe Saldana („Avatar“, „Guardians of the Galaxy“) eher auf ihre äußeren Reize beschränkt, den großartigen Brendan Gleeson („Brügge sehen… und sterben?“, „Am Sonntag bist du tot“) und Chris Cooper („American Beauty“, „Enttarnt“) können zwar in ihren wenigen Szenen gute Akzente setzen, mehr aber auch nicht. Einzig Elle Fanning („The Neon Demon“, „Super 8“) bekommt etwas mehr Raum zur Entfaltung ihrer Figur. 
Der Verfilmung von Lehanes großartigen Roman hätte es gut getan, wenn das Ensemble und die Handlungsstränge vehementer gekürzt worden wären, um der Geschichte und ihren Figuren mehr Tiefe zu verleihen. Über allem steht dann auch noch ein recht ausdruckslos agierender Ben Affleck, dem man die Rolle des eigensinnigen Outlaws nicht wirklich abnimmt. Da können auch die schicken Bilder des Oscar-prämierten Kameramanns Robert Richardson („The Hateful 8“, „Shutter Island“) wenig retten. So bietet „Live by Night“ allzu konventionelles und oberflächliches Ganster-Kino mit überfrachtetem Plot und zu vielen Charakteren.  

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