Schonungslos
Ende der 1930er Jahre war Abner Biberman noch als Darsteller in Filmen wie „Nacht über Indien“, „Die wilden Zwanziger“, „Noch ein dünner Mann“ und „Sein Mädchen für besondere Fälle“ zu sehen, Mitte der 1950er Jahre versuchte er sich auch im Regiefach. Einer seiner ersten Filme war der Film noir „Schonungslos“ (1956) mit Old-Shatterhand-Darsteller Lex Barker und Merle Oberon in den Hauptrollen – Biberman selbst ist in einer kleinen Nebenrolle als Pathologe zu sehen.
Inhalt:
Entsetzt muss Dave Barrett (Lex Barker) als Betreiber einer Hunderennbahn erfahren, dass sein Partner Lou (Tim Sullivan) seinen Anteil an den Gangster Frankie Edare (Warren Stevens) verkauft hat, der natürlich ganz andere Geschäfte mit der Sportarena im Sinn hat als Barrett. Als dieser Edare in seinem Restaurant „Intermezzo“ zur Rede stellt, will der Gangster nichts davon wissen, Lous Anteil wieder zu verkaufen. Als Lou das Restaurant betritt, beteuert er Dave gegenüber, dass er keine Wahl gehabt habe, und verweist auf seine gebrochenen Rippen. Barrett zeigt jedoch wenig Verständnis für seinen alten Partner und droht, ihn beim nächsten Wiedersehen umzubringen. Währenddessen verlässt die erfolgreiche Geschäftsfrau Jessica Warren (Merle Oberon) den „Domino Club“, wo sie ihren letzten Abschluss feierte. Auf dem Heimweg fährt die leicht angetrunkene und fröhliche Frau den alten Mr. Ferranti (Ken Terrell) an, dessen Hund gerade die Straße überquert hat. Jessica betrachtet nur kurz das von ihr verursachte Unglück und fährt zur nächsten Telefonzelle, um den Diebstahl ihres Wagens der Polizei zu melden.
Als Dave von Edares Handlangern verfolgt wird, kommt ihm Jessicas Wagen gerade recht, allerdings weiß er nicht, dass mit ihrem Auto gerade erst Fahrerflucht begangen wurde. Schließlich wird ihm auch noch der Mord an seinem alten Partner angehängt, der aus einem fahrenden Auto mit einem Gewehr erschossen worden sein soll. Da Dave schlecht zur gleichen Zeit zwei Verbrechen verübt haben kann, gibt er das kleinere Vergehen zu und verliebt sich in Jessica. Doch als das Unfallopfer stirbt, werden die Karten neu gemischt, zumal Dave letztlich schlussfolgert, dass Jessica Mr. Ferranti angefahren haben muss …
Kritik:
Abner Biberman verwendet einige typische Elemente des Film noir wie die Femme fatale und den unschuldig Verfolgten, doch hat sich Drehbuchautor Robert Tallman, der sonst Episoden für Fernsehserien wie „Omnibus“, „Climax!“, „Perry Mason“ und „Hawaiian Eye“ geschrieben hat, wenig Mühe gegeben, die Story von Dick Irving Hyland glaubwürdig zu adaptieren. Bereits die Eröffnungssequenz wirkt etwas aufgesetzt, wenn ein Erzähler aus dem Off auf die Hunde bei ihrem Rennen verweist, die mit der weiteren Geschichte aber nichts zu tun haben, denn danach ist von dem Erzähler nichts mehr zu hören.
Interessant wird die Geschichte ohnehin erst mit dem Aufeinandertreffen von Dave und dem Gangsterboss Edare. Dagegen wird der Plot immer unglaubwürdiger, seit Jessica Warren nach ihrer Fahrerflucht den Wagen in genau dem Moment abstellt, als Dave auf der Flucht vor Edares Häschern ist und folglich für zwei Verbrechen ins Visier gerät. Die Story nimmt daraufhin immer abstrusere Züge an, wird unnötig verkompliziert und durch eine nicht gerade glaubwürdige Liebesstory angereichert. Dabei zieht Lex Barker („Tarzan und das Sklavenmädchen“, „Duell mit dem Teufel“) als ungewöhnlich gelassener Verdächtigter nicht nur die Aufmerksamkeit der älteren Hollywood-Diva Merle Oberon („Stürmische Höhen“, „Scotland Yard greift ein“) auf sich, sondern auch die von Gia Scala („Der weiße Teufel von Arkansas“, „Die Kanonen von Navarone“) als der jungen Tochter des verstorbenen Unfallopfers.
Die Chemie zwischen Barker und der acht Jahre älteren Oberon funktioniert eher schlecht als recht. Allein durch das hohe Tempo von Bibermans Inszenierung und das recht spannende Finale kann „Schonungslos“ überzeugen, zumal Biberman mit keinen inszenatorischen Finessen aufwarten kann.
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