Spätestens seit dem psychologischen Drama „Der
Nachtportier“ (1974) mit Charlotte Rampling und Dirk Bogarde
in den Hauptrollen gilt die italienische Filmemacherin Liliana Cavani („I
cannibali“, „Franziskus“) als Skandalregisseurin. Zu diesem Ruf trug auch
der mit den Altstars Burt Lancaster, Marcello Mastroianni und Claudia
Cardinale prominent besetztes Kriegsdrama „Die Haut“ (1981) bei.
Inhalt:
Der Zweite Weltkrieg neigt sich 1943/44 auch in Italien spürbar
dem Ende entgegen. Nachdem die Nazis Neapel nach starkem Widerstand
der Bevölkerung aufgegeben haben, marschiert die fünfte amerikanische
Armee unter dem selbstverherrlichenden US-Kommandant General Clark (Burt
Lancaster) in die Stadt ein und versucht, die aus den Fugen geratene Ordnung
wieder herzustellen. Dabei sollen ihm vor allem der zuvor mit den Faschisten gemeinsame
Sache machende italienische Reiche Curzio Malaparte (Marcello Mastroianni)
und der amerikanische Verbindungsoffizier Jimmy Wren (Ken Marshall) behilflich
sein. Allerdings müssen sie entsetzt feststellen, dass der Plan schwieriger
umzusetzen ist als gedacht, denn die Zivilbevölkerung leidet über die Maßen unter
Armut und Hunger, so dass sich die Frauen genötigt sehen, sich zu prostituieren.
Da die Amerikaner diese Notlage schamlos ausnutzen, machen sie sich bei den Einheimischen
nicht unbedingt beliebt. Dass sich Jimmy auch noch in die „letzte Jungfrau
Neapels“ verliebt, macht die Sache nicht einfacher, denn deren Vater nimmt von
den US-Soldaten einen Dollar Eintritt, um ihnen einen Blick auf die unberührte
Pussy seiner Tochter zu gewähren…
Kritik:
Liliana Cavani hat mit „Die Haut“ den 1949
erschienenen Roman des Journalisten und Kriegsberichterstatters Curzio
Malaparte mit einer altgedienten Star-Besetzung verfilmt. Doch weder Burt
Lancaster, noch Marcello Mastroianni und Claudia Cardinale können
dem episodenhaft angelegten Kriegsdrama sehenswerte Akzente verleihen. Statt
auf die schauspielerischen Qualitäten ihrer Stars zu setzen, verliert sich Cavani
in der Präsentation der unerfreulichen Nachwehen der Besatzung Neapels
durch die Nazis. Da bieten Frauen wie auf einer Stange sitzende Hühner ihre
sexuellen Dienstleistungen an und präsentieren ungeniert ihre Schamhaar-Perücken,
die US-amerikanischen Soldaten stehen Schlange bei den besonders ausgesuchten Prostituierten,
und selbst Kleinwüchsige buhlen um die Gunst der Befreier, während die Kriegsgewinner
bei Champagner und Austern das Leben genießen.
Zwar stören hin und wieder
Fische, die wie menschliche Babys aussehen, oder getötete junge Frauen den
Gaumenschmaus der Reichen, wenn die Leichen auf dem gerade noch mit den
erlesensten Weinen und Speisen gedeckten Tisch zur Verabschiedung von den
Hinterbliebenen gebettet werden, aber die Lebenslust der Verbrecher und Adligen
tut das keinen Abbruch.
Durch die vielen Figuren und Nebenhandlungen geht die ganz
offen beabsichtigte skandalöse Wirkung allerdings schnell verloren. Kurzfristige
Schockmomente ersetzen hier eine dramaturgisch differenzierte Handlung, so dass
vor allem Burt Lancaster und Claudia Cardinale in ihren Rollen fast
schon als Karikaturen durchgehen. Das mag für einige als skandalträchtiges
Arthouse-Kino durchgehen, doch nachhaltigen Eindruck hinterlässt „Die Haut“
beim Betrachter nicht.
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