Zabriskie Point

Nach dem künstlerischen wie kommerziellen Erfolg von Michelangelo Antonionis erster MGM-Produktion „Blow Up“ (1966) liefen die Dinge für seinen ersten in den USA gedrehten Film „Zabriskie Point“ (1970) alles andere als rund. Mit sieben Millionen US-Dollar an Produktionskosten verschlang Antonionis neues Werk nicht nur das Fünffache des Budgets von „Blow Up“, es entwickelte sich auch zu einem veritablen Flop, was nicht besonders überrascht, wenn man bedenkt, dass der italienische Autorenfilmer hier gegen alles schießt, was Amerika ausmacht. Dabei überzeugt „Zabriskie Point“ wie schon sein Vorgänger als ästhetisch perfekt inszeniertes Dokument einer spannenden Zeit, diesmal der Hippie-Bewegung.

Inhalt:

Nachdem der Student Mark (Mark Frechette) eine heftig geführte Debatte zwischen schwarzen und weißen Studenten und Studentinnen in Los Angeles verlassen hat, wird er beim Besuch eines inhaftierten Dozenten selbst vorübergehend grundlos festgenommen. In der Befürchtung, dass die Polizei auf demonstrierende Studenten schießen könnte, besorgt er sich einen Revolver. Als kurz darauf tatsächlich ein Teach-in gewaltsam aufgelöst wird und bei einem Schusswechsel ein schwarzer Student und ein Polizist erschossen werden, glaubt Mark, dass er dafür zur Rechenschaft gezogen werden könnte, und stiehlt ein Flugzeug, mit dem er fliehen kann.
Währenddessen ist die Sekretärin Daria (Daria Halprin) im Auftrag ihres Chefs Lee Allen (Rod Taylor) mit dem Auto zu einer Konferenz in Phoenix unterwegs. Unterwegs erlebt sie, wie Mark mit seinem Flugzeug wiederholt sehr knapp über ihren Wagen hinwegfliegt. Nachdem der Landung bittet er sie, ihn mitzunehmen. Am Zabriskie Point im Death Valley verlassen sie den Wagen und spazieren durch die imposanten Landschafts- und Felsformationen, genießen die Landschaft ebenso wie einen Joint, toben miteinander und lieben sich.
Mark entschließt sich trotz Darias Bedenken und dem Angebot, mit ihr nach Phoenix zu fahren, das gestohlene Flugzeug nach Los Angeles zurückzubringen, und malt es mit ihr vor dem Rückflug mit psychedelischen Farben und politischen Slogans als vogelartiges Zwitterwesen bunt an. Während sich Marks Entscheidung bitter rächen sollte, gewinnt Daria in Phoenix eine wegweisende Erkenntnis…

Kritik:

Als Antonioni seinen Film „Blow Up“ in den USA vorstellte, fiel ihm ein Zeitungsartikel in die Hände, in dem über einen jungen Mann berichtet wurde, der ein Kleinflugzeug gestohlen hatte und beim Versuch, es in Phoenix (Arizona) zurückzugeben, erschossen worden war. Der Vorfall inspirierte den Regisseur zu einem Drehbuch-Entwurf, der von Sam Shepard, Franco Rossetti, Tonino Guerra und der britischen Autorin Clare Peploe, der späteren Ehefrau von Bernardo Bertolucci, weiterentwickelt wurde. Nach Art des cinéma vérité fangen Antonioni und sein Kameramann Alfio Contini („Verliebt in scharfe Kurven“, „Der Nachtportier“) zunächst eine hitzige Debatte zwischen schwarzen und weißen StudentInnen ein und die Polizeibrutalität in Zusammenhang mit Demonstrationen. 
Auf der anderen Seite wird mit Daria eine junge, attraktive Frau vorgestellt, die sich von der Lebensweise der Hippies verabschiedet und sich dazu entschieden hat, einem geregelten Job bei einem Unternehmen anzunehmen, der Luxuswohnungen in abgeschiedenen Gegenden baut. Die Lebenswelten des alternativen und des bürgerlichen Lebensstils prallen im landschaftlich atemberaubenden Death Valley zusammen, wenn Mark und Daria die Zivilisation und ein Stück weit ihr Leben hinter sich lassen und sich auf eine leidenschaftliche Affäre einlassen, wobei Antonioni Schauspieler des in New York ansässigen Open Theatre den akrobatisch verspielten Liebesakt im Sand vervielfachte und damit den Einfluss der Drogen mitschwingen ließ. Im Vergleich zu dem hektischen Auftakt mit den Studentenunruhen in Los Angeles wirken die Cinemascope-Aufnahmen am Zabriskie Point berauschend schön. Zu den psychedelischen Klängen von Pink Floyd, Grateful Dead, Jerry Garcia und Kaleidoscope wird hier ein Lebensentwurf skizziert, der zum Scheitern verurteilt wird. 
Wenn Daria am Ende davon träumt, dass die Luxusvilla in der Wüste, wo ihr Chef gerade sein nächstes großes Projekt eintüten will, in die Luft gesprengt wird, geht damit auch das Ende einer Ära einher, die mit der Wahl Richard Nixons zum US-Präsidenten manifestiert wurde.

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