Spätestens seit seinem internationalen Durchbruch mit dem
Oscar-prämierten Liebesdrama „Ein Mann und eine Frau“ (1966) hat der
französische Filmemacher Claude Lelouch immer wieder bevorzugt das
Zusammenleben von und die Beziehungen zwischen Männern und Frauen thematisiert,
u.a. auch in dem weit weniger bekannten Drama mit dem simplen Titel „Eine Ehe“
aus dem Jahre 1974.
Inhalt:
Kurz vor der Landung der Alliierten an der Küste in der
Normandie schauen sich die beiden Verlobten Janine (Bulle Ogier) und
Henri Thierry (Rufus) ein zum Verkauf stehendes Haus am Strand an, vor
dem die deutschen Soldaten im Schutz eines Bunkers patrouillieren. Trotz
erheblicher Bedenken zieht das Paar nach seiner Hochzeit in das fünfzig Jahre
alte Haus ein, in dem die Wände feucht sind, kein Tageslicht in die Küche fällt,
das Schlafzimmerfenster klemmt und das über keine Toilette verfügt. Janines und
Henris Hochzeit fällt auf den Tag der Invasion der Alliierten in der Normandie
1944, doch von dem Glück, das Henri seiner Frau verspricht, ist nach zehn
Jahren nichts mehr übrig. Aus Gleichgültigkeit wird schließlich Hass und
Einsamkeit…
Kritik:
Am Fixpunkt der Invasion der Alliierten in der Normandie
1944 entlang erzählt Claude Lelouch in Zehn-Jahres-Rhythmen zu den jeweiligen
Gedenktagen zu dem geschichtsträchtigen Ereignis den rapiden Verfall einer Ehe
von anfangs jungen, fröhlichen, verliebten und glücklichen Menschen, denen der
Alltag bald jede Liebe entzieht. Das an der Wand hängende Hufeisen, das zum Einzug
des jungen Paars, noch alles Glück der Welt verheißt, so wie es der Verkäuferin
– angeblich – dreißig Jahre Glück beschert hatte, verkommt zum Symbol einer
Beziehung, in der kein Wort der Ermunterung, Dankbarkeit oder Zuneigung die
Liebe speist, sondern nur noch von ätzenden Tiraden und abschätzigen
Kommentaren geprägt wird.
Durch die radikalen Zehn-Jahres-Intervalle wird
dieser Prozess nicht schleichend dargestellt, sondern wirkt wie ein rapider
Verfall, der keiner psychologisierten Interpretation bedarf. Passenderweise
sind die Bilder in ausgewaschenen Sepia-Tönen gehalten, die erst gegen Farbe
getauscht werden, als das nächste kaufinteressierte Ehepaar vorgestellt wird,
das von Janine durch das Haus geführt wird. Bei aller ernüchternden Monotonie bringt
Lelouch aber auch gelegentlich eine Prise hintergründigen Humor unter.
"Eine Ehe" in der IMDb
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