Ein Mann und eine Frau

Nach nur drei Filmen – „Le propre de l’homme“, „Die Fahndung“ und „Das Mädchen und die Gangster“ -, die Claude Lelouch Anfang der 1960er Jahre mit seiner eigenen Produktionsfirma Les Films 13 realisiert hatte, gelang dem französischen Filmemacher 1966 sein größter Erfolg. Seine simpel „Ein Mann und eine Frau“ (1966) betitelte Romanze wurde mit je einem Oscar für den besten fremdsprachigen Film und für das beste Originaldrehbuch ausgezeichnet.

Inhalt:

Sowohl Anne (Anouk Aimée) als auch Jean-Louis (Jean-Louis Trintignant) haben ihre Kinder im selben Internat in Deauville untergebracht und besuchen sie am Wochenende. Als Anne eines Abends, nachdem sie ihre Tochter Françoise (Souad Amidou) zurück ins Internat gebracht hat, den Zug verpasst, nimmt sie Jean-Louis in seinem Jaguar mit zurück nach Paris. Nachdem Jean-Louis Anne zuhause abgesetzt hat, verabreden sie sich fürs kommende Wochenende, gemeinsam nach Deauville zu fahren. Während der Fahrt dorthin lernen sie sich näher kennen. Jean-Louis bekam von Anne bereits während der ersten Fahrt zu hören, dass sie als Skriptgirl mitansehen musste, wie ihr Mann, der als Stuntman gearbeitet hat, bei einer Explosion beim Dreh einer Szene getötet worden ist.
Gemeinsam mit den Kindern verbringen die beiden einen Tag am Meer, essen mit den Kindern in einem Restaurant und kommen sich dabei näher, und so erfährt Anne, dass Jean-Louis Rennfahrer ist und seine Frau verloren hat, als sie nach einem schweren Autounfall, den Jean-Louis bei den 24 Stunden von Le Mans erlitt, einen Nervenzusammenbruch erlitt und Selbstmord beging.
In der folgenden Woche arbeitet Anne wieder beim Film, während er die Rallye Monte Carlo fährt. Beim abschließenden Festbankett für die Teilnehmer des Rennens erhält Jean-Louis ein Telegramm von Anne mit einer Liebeserklärung. Sofort macht er sich mit seinem Rallyefahrzeug auf den Weg nach Paris. Dort muss er jedoch erfahren, dass Anne bereits nach Deauville abgereist ist. Er fährt ihr nach und findet sie mit beiden Kindern am Strand. Sie bringen die beiden zurück ins Internat, gehen gemeinsam essen und buchen anschließend ein Hotelzimmer. Im Bett merken sie jedoch, dass Anne in Gedanken noch immer bei ihrem verstorbenen Mann ist…

Kritik:

Claude Lelouch hat das Oscar-prämierte Drehbuch zu „Un homme et une femme“ in nur dreißig Tagen geschrieben und drehte den Film in Echtzeit in nur drei Wochen, nachdem Francis Lai bereits die berühmt gewordene Filmmusik bereits vorher fertiggestellt hatte und so den Schauspielern bereits vor dem Dreh ein Gefühl für die Szenen vermittelte. 
Lelouch wollte den Film eigentlich komplett in Schwarzweiß drehen, doch ein Produzent, der die Rechte für den amerikanischen Fernsehmarkt kaufte, verlangte Farbaufnahmen, sodass Lelouch zumindest die Außenaufnahmen in Farbe drehte. Für mehr reichte das Budget nicht. Mit einer einfach zu bedienenden Handkamera konnte Lelouch schneller auf schauspielerische Momente reagieren und die auf Improvisation angelegte Regiearbeit unterstützen. Dabei ist die Geschichte genauso einfach gehalten, wie der Titel vermuten lässt. Ungewöhnlich ist allein der Umstand, dass sich hier zwei Menschen in den mittleren Dreißigern ineinander verlieben und nicht nur jeweils ein Kind haben, sondern dass auch ihre Ehepartner unglücklich verstorben sind. 
Lelouch arbeitet dabei mehr mit Bildern als mit Worten, um die zaghafte Annäherung der beiden verwitweten Erwachsenen zu darzustellen. Von vielen Gesprächen zwischen Anne und Jean-Louis bekommen wir nichts mit, weil statt der Dialoge Francis Lais Musik eingespielt wird. Über die Protagonisten erfahren wir vor allem über die Rückblenden sehr viel. Dabei wird deutlich, wie Jean-Louis durch die Begeisterung für den Rennsport den Verlust seiner Frau zu vergessen sucht, während Anne melancholischen Gedanken an die wunderbaren Momente mit ihrem Mann nachhängt, so dass schnell klar wird, dass die Liebe zwischen Anne und Jean-Louis keine Zukunft hat. Durch den Einsatz unterschiedlicher formaler Mittel wie Werbe- und Musikvideoästhetik, Sportreportagen und dem Wechsel zwischen rasanten Schnitten und langen Einstellungen gestaltet Lelouch die Romanze sehr vielschichtig und setzt vor allem Anouk Aimée hervorragend in Szene.
1985 drehte Lelouch mit denselben Hauptdarstellern eine Fortsetzung unter dem Titel „Ein Mann und eine Frau – Zwanzig Jahre später“, 2019 folgte mit „Die schönsten Jahre eines Lebens“ noch ein dritter, allerdings weitgehend unbemerkter Teil.

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