Im Netz der Leidenschaften

Gleich mit seinem 1934 veröffentlichten Romandebüt „The Postman Always Rings Twice“ hat der US-amerikanische Schriftsteller James M. Cain einen Bestseller landen können, der ihn neben Raymond Chandler und Dashiell Hammett in die „Hardboiled“-Ecke des Krimi-Genres manövrieren ließ, obwohl er sich Zeit seines Lebens gegen diese Etikettierung verwahrte. MGM erwarb zwar frühzeitig die Rechte an der Verfilmung, doch wagte es das risikoscheue, konservative Studio nicht, den 1934 erlassenen Production Code zu unterwandern. Nachdem aber Billy Wilder Cains nachfolgenden Roman „Double Indemnity“ 1944 und Michael Curtiz mit „Mildred Pierce“ 1945 einen weiteren Cain-Roman erfolgreich verfilmt und demonstriert hatten, wie die Bestimmungen zur moralisch akzeptablen Darstellung von Sex und Gewalt eingehalten werden konnten, ohne auf die erotische Spannung in den handlungstreibenden Beziehungen verzichten zu müssen, nahm MGM das Projekt 1946 in Angriff. „Im Netz der Leidenschaften“ (Alternativtitel: „Die Rechnung ohne den Wirt“) war die erste US-amerikanische Adaption von Cains Roman, nachdem Pierre Chenal 1939 mit „Le Dernier Tournant“ und Luchino Visconti 1943 mit „Ossessione“ jeweils unautorisierte Verfilmungen in Europa veröffentlichten, die in den USA nicht gezeigt werden durften. 

Inhalt: 

Frank Chambers (John Garfield) hält es nie lange an einem Ort, und so landet der abgebrannte Anhalter eines Tages in einer Kleinstadt an der Küste Kaliforniens, wo er an dem Diner „Twin Oaks“ mit angeschlossener Tankstelle abgesetzt wird. Ein Schild mit der Aufschrift „Man Wanted“ macht Chambers mit dem „Twin Oaks“-Betreiber Nick Smith (Cecil Kellaway) bekannt, der den reiselustigen jungen Mann als Aushilfe beschäftigt. Als er die wasserstoffblonde und verführerische Cora (Lana Turner) kennenlernt, ist er sofort hin und weg, und auch Cora kann ihre leidenschaftlichen Gefühle für den neuen Angestellten nicht gut verbergen. Bei einem nächtlichen Ausflug zum Strand kommen sich beide näher und überlegen, wie sie Nick loswerden können, um gemeinsam ihr Glück zu finden. Als sie einen Badewannenunfall planen, sorgt eine herumstreuende Katze für einen Kurzschluss, Nick stürzt und wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Zwar verdächtigen Polizei und Staatsanwalt Sackett (Leon Ames) die beiden, an dem Unfall nicht ganz unbeteiligt gewesen zu sein, doch kann ihnen nichts nachgewiesen werden. Entsprechend vorsichtig gehen Chambers und Cora fortan miteinander um. Chambers kündigt sogar seinen Job, kann Cora aber nicht vergessen und wartet am Großmarkt darauf, sie wiederzusehen. Dort gabelt ihn Nick auf und schleppt ihn wieder ins „Twin Oaks“. Einmal mehr nehmen Chambers und seine Geliebte einen Plan in Angriff, Nick für immer aus dem Weg zu räumen … 

Kritik: 

Hollywood-Routinier Tay Garnett („Reise ohne Wiederkehr“, „Das Sklavenschiff“, „Tagebuch einer Frau“) hat mit „Im Netz der Leidenschaften“ einen Klassiker des Film noir geschaffen und trotz der Einschränkungen durch den Hays bzw. Production Code einen fesselnden Krimi um Liebe, Lust, Leidenschaft, Mord und Verrat inszeniert, der vor allem durch die laszive Präsenz von Hollywood-Diva Lana Turner („Solange es Menschen gibt“, „Stadt der Illusionen“) zum Verweilen einlädt. Schon zu Beginn wird mit dem zweideutigen Schild „Man Wanted“ auf die erotische Komponente der nachfolgenden Geschichte hingewiesen, worauf Garnett genüsslich den Auftritt von Cora zelebriert, indem er die Kamera zunächst nur auf den Lippenstift lenkt, der zu Chambers‘ Füßen rollt. Erst als dieser das Kosmetikutensil aufhebt und seinen Blick auf dessen Ursprung richtet, bekommt auch der Zuschauer erst die nackten Beine und dann die elegant in weißen Shorts und bauchfreiem Top gekleidete Cora zu sehen. Zwar lässt sich kaum nachvollziehen, warum die attraktive Cora einen gut 25 Jahre älteren und ganz und gar durchschnittlichen Mann geheiratet hat, um mit ihm im Nirgendwo ein Diner zu betreiben, doch wird dadurch umso deutlicher, warum sie mit dem draufgängerischen Frank Chambers durchbrennen will.  
Lana Turner verkörpert grandios den Prototyp der Femme fatale, die den letztlich unbedarften Frank mit in den Abgrund zieht. Garnett nimmt sich viel Zeit, die wechselhafte Beziehung zwischen Cora und Frank und ihre gemeinsamen Pläne zur Beseitigung des Ehemanns zu dokumentieren, wobei immer neue Wendungen die Dynamik zwischen den Liebenden nachhaltig verändert. 
Der Film wird als Rückblick aus Frank Chambers‘ Perspektive erzählt und beschränkt sich auf die Erlebnisse des Liebespaars, das am Ende für sein Verbrechen aus Leidenschaft bitter büßen muss. 1981 schuf Bob Rafelson mit „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ mit Jack Nicholson und Jessica Lange eine weitaus sinnlichere Version. 

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