Stadt in Angst

Bevor Meisterregisseur John Sturges Western-Klassiker wie „Zwei rechnen ab“ (1957), „Die glorreichen Sieben“ (1960) und „Vierzig Wagen westwärts“ (1965), den Steve-McQueen-Meilenstein „Gesprengte Ketten“ (1963) sowie die Hemingway-Verfilmung „Der alte Mann und das Meer“ (1958) schuf, inszenierte er 1954 mit „Stadt in Angst“ ein packendes Drama, das ihm seine erste und einzige Oscar-Nominierung einbrachte. Auch Hauptdarsteller Spencer Tracy wurde mit einer Nominierung bedacht. 

Inhalt:

Im Spätsommer 1945 kommt erstmals nach vier Jahren der Stromlinienzug in der abgelegenen Kleinstadt Black Rock im Südwesten der USA zum Halten. Mit John J. Macreedy (Spencer Tracy) steigt auch nur ein Mann aus dem Zug aus. Der im Krieg verletzte, einarmige Mann wird alles andere als freundlich empfangen, im einzigen Hotel am Ort will man ihm auch kein Zimmer geben, da diese angeblich monatlich an Cowboys vermietet sind. Doch Macreedy lässt sich von diesem reservierten Gebaren nicht beeindrucken, trägt sich ins Gästebuch ein und nimmt in seinem Zimmer erst einmal ein Bad. Einen Wagen will man ihm ebenfalls nicht vermieten. Allerdings gibt sich der Fremde auch nicht sehr auskunftsbereit. Er suche nur nach einem Japaner namens Kamoko, der in der Nähe eine Farm bewirtschaftet haben soll. 
Der einflussreiche Rancher Reno Smith (Robert Ryan), der nicht nur den schwächlichen Sheriff, sondern auch alle anderen Bewohner der Kleinstadt in seinem eisernen Griff hält, gibt sich als einziger zuvorkommend und erzählt dem Besucher, dass Kamoko nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor in ein Internierungslager gebracht worden und seitdem nicht wieder aufgetaucht sei. Als es Macreedy gelingt, im Ort einen Jeep zu mieten und zu Kamokos Farm rauszufahren, entdeckt er neben der abgebrannten Gebäude auch wilde Blumen, die auf ein Grab hindeuten. Derweil versuchen Smith und seine Leute (u.a. Lee Marvin und Ernest Borgnine), auch Macreedy aus dem Weg zu räumen … 

Kritik:

Nach einer Story von Howard Breslin und dem Oscar-nominierten Drehbuch von Millard Kaufman („Wenn das Blut kocht“, „Die Normannen kommen“) hat John Sturges einen packenden Thriller inszeniert, der wie ein Western im modernen Gewand daherkommt und den einsamen Feldzug eines Mannes thematisiert, der die Wahrheit über das Schicksal eines Mannes herausfinden will, dessen Sohn ihm im Krieg das Leben gerettet hat. Die unverhohlen ablehnende Haltung der Einwohner von Black Rock ihm gegenüber macht nicht nur Macreedy, sondern auch den Zuschauer schnell stutzig, dass Smith und seine Handlanger ein Verbrechen zu vertuschen beabsichtigen. 
Dieses Ungleichgewicht der Kräfte könnte die Situation an sich schnell für die Einwohner von Black Rock entscheiden, doch trotz seines körperlichen Handicaps erweist sich Macreedy als Mann, der sich absolut nicht aus der Ruhe bringen lässt und in entscheidenden Momenten einen Kniff parat hat, um seine Gegner wenigstens zu überraschen. Das Geheimnisvolle sowohl in Macreedys Mission als auch in dem offensichtlich zu vertuschenden, rassistisch motivierten Verbrechen sorgt dabei ebenso für anhaltende Spannung wie die gefährlichen Situationen, denen sich Macreedy immer wieder ausgesetzt sieht. Neben Sturges‘ äußerst geradlinigen, schnörkellosen Inszenierung punktet „Stadt in Angst“ vor allem durch Spencer Tracys („Wer den Wind sät“, „Fesseln der Liebe“) charismatische Darstellung und die ebenfalls gut aufgelegten Nebendarsteller.  

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