Opfer der Unterwelt
Der 1898 im polnischen Krakau geborene Rudolph Maté begann seine Filmkarriere in den 1920er Jahren als Kameramann für Filme wie Conrad Wienes „Unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ (1927), Carl Theodor Dreyers „Die Passion der Jeanne d’Arc“ (1928) und Alfred Hitchcocks „Der Auslandkorrespondent“ (1940), bevor er sich ab 1947 auch der Regie widmete und 1949 mit seinem dritten Werk „Opfer der Unterwelt“ auch gleich einen Klassiker des Film noir schuf, der zwei Remakes nach sich zog, zuletzt 1988 unter dem Titel „D.O.A. – Bei Ankunft Mord“ mit Dennis Quaid und Meg Ryan in den Hauptrollen.
Etwas unsicher auf den Beinen begibt sich Frank Bigelow (Edmond O'Brien) abends ins Polizeihauptquartier von San Francisco und fragt sich bis zur Mordkommission durch. Dort gibt er an, einen Mord melden zu wollen. Als er den Kommissaren seinen Namen nennt, schauen sie sich vielsagend an, denn Bigelows Name befindet sich bereits auf einer Fahndungsliste. Auf die Frage, wer denn ermordet worden sei, antwortet Bigelow, er selbst - und beginnt seine Geschichte zu erzählen … Bigelow stammt aus der kalifornischen Kleinstadt Banning, wo er als selbstständiger Buchhalter und Notar arbeitet – und eine Beziehung mit seiner Assistentin Paula (Pamela Britton) führt, die auf eine Heirat drängt und alles andere als begeistert ist, dass ihr Geliebter eine Woche allein Urlaub in San Francisco machen will, wovon er sich absolut nicht abbringen lässt.
Als Bigelow im Hotel St. Francis in San Francisco eincheckt, findet auf der Ebene, in der sich auch sein Zimmer befindet, eine Abschlussparty von Geschäftsleuten statt, bei der dem Kleinstädter auch einige attraktive Frauen aufgefallen sind. Als er eingeladen wird, mit der Truppe noch um die Häuser zu ziehen, lässt er sich nicht lange bitten. Vor allem im Jazz-Club „The Fisherman“ geht die Post ab. Während Bigelow erst mit der Frau eines der Verkäufer turtelt und sich dann einer attraktiven Blondine am Tresen nähert, wird sein Drink von einem Fremden vertauscht. Er kehrt allerdings allein ins Hotel zurück, freut sich über den Blumenstrauß, den Paula ihm schicken ließ, und zerreißt den Zettel mit der Telefonnummer der Blondinen. Am nächsten Morgen wacht Bigelow mit einem ungewöhnlichen Gefühl des Unwohlseins auf und sucht einen Arzt auf, der ihm die erschütternde Diagnose stellt, dass er mit einem „leuchtenden“ Gift vergiftet worden sei – und zwar so schwer, dass er nur noch kurze Zeit zu leben habe.
Nachdem auch ein zweiter Arzt diese Diagnose bestätigt, macht sich Bigelow in den letzten Stunden seines Lebens auf die Suche nach seinem Mörder. Dabei ist es zunächst ein Anruf von Paula, die ihm einen ersten Hinweis gibt. Ein gewisser Mr. Philips habe nämlich versucht, ihn telefonisch zu erreichen – am nächsten Tag sei er überraschend gestorben. Nachdem der Totgeweihte Philips‘ Import- und Exportfirma aufgesucht hatte, um von Phillips‘ Kollegen Mr. Halliday (William Ching) zu erfahren, dass Philips Selbstmord begangen hätte, informiert Paula ihren geliebten Bigelow, dass er vor sechs Monaten ein Geschäft beglaubigt hatte, bei dem es um den Verkauf von gestohlenem Iridium ging …
Kritik:
Matés „Opfer der Unterwelt“ beginnt mit einem klassischen Film-noir-Szenario, nämlich der aus der Sicht des Protagonisten in der Rückblende erzählten Geschichte, die tragisch enden wird. Der Umstand, dass Bigelow selbst derjenige sein soll, der bereits ermordet worden ist, verleiht dem Plot seinen besonderen Reiz. „D.O.A.“ – also „Dead On Arrival“ – erzählt die Geschichte eines Mannes, der vor den drohenden Fesseln der Ehe in die Großstadt zu flüchten scheint, um sich dort einfach zu vergnügen und die Bürde einer richtig festen Beziehung für eine Weile zu vergessen. Sein Ausflug in die lasterhafte Großstadt mit ihren oft anonymen Verführungen erweist sich allerdings schon am ersten Abend als Ticket ins Himmelreich. Der vertrackte Plot wird dabei nicht immer nachvollziehbar entwickelt, aber die Schnitzeljagd erweist sich vor allem als Wettlauf gegen die Zeit, bei dem die Frage im Raum steht, ob Bigelow seine Mörder identifizieren kann, bevor er stirbt.
Dabei spielt „Opfer der Unterwelt“ geschickt mit den Urängsten von Menschen, denen in der Großstadt nur das Böse, das Verbrechen, die teuflische Verführung und der Tod aufzulauern scheint. Matés langjähriger Erfahrung als Kameramann ist zu verdanken, dass „Opfer der Unterwelt“ stimmungsvoll fotografiert worden ist. Dazu sorgen die guten Darstellerleistungen vor allem von Edmond O'Brien („Maschinenpistolen“, „Der Mann, der Liberty Valance erschoss“) sowie der packende Score von Dimitri Tiomkin für ein reizvolles Filmvergnügen, das die Remakes „Der leuchtende Tod“ (1969) und „D.O.A. – Bei Ankunft Mord“ (1988) nicht annähernd vermitteln können.
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