Mord, mein Liebling

Mit seinen Romanen um den melancholischen wie zynischen Privatdetektiv Philip Marlowe hat der US-amerikanische Schriftsteller Raymond Chandler nicht nur das Genre des Hardboiled-Krimis mitbegründet, sondern auch eine Figur geschaffen, die wie gemacht war für das Film-noir-Genre, in dem sich Regisseure wie Fritz Lang, Orson Welles, Billy Wilder, Anthony Mann und Howard Hawks teilweise ihre ersten Lorbeeren verdienten. Edward Dmytryk verhalf dem charismatischen Detektiv 1944 in „Murder, My Sweet“ (deutsche Alternativtitel: „Mord, mein Liebling“ oder „Lebwohl, Liebling“) zu seiner ersten Leinwandauftritt und schuf mit dem komplexen wie düsteren Kriminaldrama einen Klassiker des Genres.

Inhalt: 

Der abgebrannte Privatdetektiv Philip Marlowe (Dick Powell) steckt sich abends in seinem Büro in San Francisco gerade eine Zigarette ein, als er Besuch von Moose Malloy (Mike Mazurki) bekommt, einem kräftigen Hünen, der gerade nach acht Jahren aus dem Gefängnis entlassen worden ist und nun nach seiner alten Flamme Velma Valento sucht. In dem Club, in dem sie damals aufgetreten war und der nun einen neuen Besitzer hat, kann sich allerdings niemand an die Gesuchte erinnern. Marlowe findet allerdings bei der trinkfreudigen Witwe des ehemaligen Betreibers, Jessie Florian (Esther Howard), ein Foto der Tänzerin, die nach Auskunft der alten Dame allerdings tot sein soll. 
Bevor sich Marlowe weiter mit der Suche nach Velma machen kann, erhält er einen weiteren Auftrag. Der dandyhafte Lindsay Marriot (Douglas Walton) bittet den Detektiv, ihn bei einer nächtlichen Geldübergabe für den Rückkauf einer gestohlenen Jade-Kette zu begleiten. Als Marlowe die Gegend am abgelegenen Übergabeort absucht, bekommt er einen Schlag auf den Kopf und entdeckt beim Aufwachen, dass Marriot ermordet auf dem Rücksitz seines Wagens liegt. Polizeileutnant Randall (Donald Douglas) lässt Marlowe zwar laufen, gibt ihm aber noch die Warnung auf den Weg, sich von dem wahrscheinlich beteiligten Hehler Jules Amthor (Otto Kruger) fernzuhalten. 
Marlowe wird daraufhin von Ann Grayle (Anne Shirley) aufgesucht, die sich zunächst als Reporterin ausgibt, dann aber als Tochter aus der ersten Ehe des abgeschieden lebenden Millionärs Grayle (Miles Mander) entpuppt, dessen weitaus jüngerer, attraktiver Frau Helen (Claire Tervor) die besagte Kette im Wert von 100.000 Dollar gestohlen worden war. Als Marlowe von Helen Grayle beauftragt wird, die Halskette und Marriotts Mörder zu finden, macht er auch die Bekanntschaft von Amthor, der offenbar mehr in die Sache verstrickt ist, als es zunächst den Anschein hat … 

Kritik: 

Zwar hatte RKO Pictures Chandlers Roman „Farewell, My Lovely“ bereits 1942 verfilmt, allerdings die Hauptfigur durch RKOs Serienhelden The Falcon ersetzt. Da Raymond Chandler mit Billy Wilder an „Frau ohne Gewissen“ arbeitete und bei Paramount unter Vertrag stand, schrieb John Paxton („Der Wilde“, „Im Kreuzfeuer“) das Drehbuch, das sich allerdings - trotz einiger Entschärfungen – dicht an der Romanvorlage hielt. Wie so oft bei Film noirs wird die Geschichte von „Mord, mein Liebling“ als Rückblende von der Hauptfigur aus dem Off erzählt. Philip Marlowe befindet sich in der ersten Szene bei einem Polizeiverhör – mit verbundenen Augen. Marlowe zieht mit seiner lakonischen Art schnell die Sympathien des Publikums auf seine Seite und erzählt eine Geschichte, die sich immer komplexer gestaltet und bei dem die anfangs separat erteilten Aufträge durch Malloy und Helen Grayle schließlich zusammengeführt werden. 
Auch wenn die Story komplizierter ausfällt als nötig, gelingt es Regisseur Edward Dmytryk („Die Caine war ihr Schicksal“, „Im Kreuzfeuer“) eine durchgängige Spannung zu erzeugen, die durch die schöne Low-Key-Fotografie von Harry J. Wild („Blondinen bevorzugt“, „Ein Satansweib“) und die überzeugenden Darsteller noch unterstützt wird. Musical-Star Dick Powell („Happy Go Lucky“, „Gehn wir bummeln“) macht als Philip Marlowe eine starke Figur und bringt die coolen Sprüche, die ihm Chandler/Paxton in den Mund legen, knackig rüber. An seiner Seite geben aber auch Claire Trevor („Gangster in Key Largo“, „Höllenfahrt nach Santa Fé“) als Femme fatale und Mike Mazurki („Manche mögen’s heiß“, „Eine total, total verrückte Welt“) als bulliger Ex-Knacki eine tolle Figur. Damit zählt „Mord, mein Liebling“ bis heute zu den ausdrucksstärksten und packendsten Beiträgen des Film-noir-Genres.  

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