Seit William Friedkin Anfang der 1970er Jahre mit dem
harten Cop-Thriller „The French Connection“ (1971) und dem kontroversen
Horror-Film „Der Exorzist“ (1973) für Aufsehen sorgte, ließ er zwar noch
einige gute Filme wie „Cruising“ (1980) mit Al Pacino als Cop,
der einen Serienmörder jagte, der in den 1970er Jahren in New York City homosexuelle
Männer tötete, und den harten Thriller „Leben und sterben in L.A.“ (1985)
folgen, doch in den 1990er Jahren schien sein Pulver bereits verschossen zu
sein. Nach zwei mäßigen Thrillern („Rules – Sekunden der Entscheidung“ und „Die
Stunde des Jägers“) ließ der Horror-Thriller „Bug“ (2006) allerdings
wieder aufhorchen.
Inhalt:
Agnes White (Ashley Judd) vermisst seit einigen
Jahren ihren Sohn, lebt in einem heruntergekommenen Motel in Oklahoma und
bekommt ständig mitten in der Nacht Anrufe, ohne dass sich der Teilnehmer an
der anderen Seite der Leitung zu erkennen gibt. Sie glaubt aber zu wissen, dass
es sich bei dem mysteriösen Anrufer um ihren gewalttätigen Ex-Mann Jerry Goss (Harry
Connick Jr.) handelt, der im Gefängnis landete, nachdem er sie fast zu Tode
geprügelt hatte, nun aber bereits wieder auf freiem Fuß sein könnte. Ihr
tristes Dasein als Kellnerin erträgt sie nur durch den Konsum von Alkohol und
Drogen, wobei sich ihr einziger nennenswerte soziale Kontakt auf ihre Freundin RC
(Lynn Collin) beschränkt, die mit ihrer Lebensgefährtin gerade um die
Adoption eines Kindes kämpft. Eines Abends bringt RC den stillen Peter (Michael
Shannon) mit zu Agnes nach Hause. Agnes fasst schon bald Vertrauen zu dem
sympathischen, aber auch immer wieder sonderbare Dinge von sich gebenden Mann,
den sie einlädt, bei ihr zu wohnen. Als er ihr offenbart, vom Militär gesucht
zu werden, Opfer militärischer Versuche geworden zu sein und Käfer in sich zu
tragen, die sich von seinem Blut ernähren, zieht er auch Agnes immer tiefer in
seine Welt der Angst und Paranoia…
Kritik:
Dass William Friedkin zumindest sein Handwerk nicht
verlernt hat, bewies er 1997 mit seinem für das Fernsehen produzierte Remake
des Justizdrama-Klassikers „Die zwölf Geschworenen“. Mit „Bug –
Tödliche Brut“ begab sich Friedkin fast zehn Jahre später erneut auf
das Terrain des psychologischen Kammerspiels, diesmal beruhend auf dem
gleichnamigen Theaterstück des vor allem als Schauspieler bekannten Tracy
Letts („Little Women“, „Lady Bird“). Friedkin gelingt es, von
Beginn an eine klaustrophobische Atmosphäre zu erzeugen, wobei er das Geschehen
fast ausschließlich auf die schäbigen, engen Räumlichkeiten von Agnes‘
Apartment in einem heruntergekommenen Motel reduziert. Bereits durch ihre
gewalttätige Beziehung, den Verlust ihres Sohnes, den Drogenkonsum und die
ständigen anonymen Anrufe psychisch destabilisiert, sorgt die Bekanntschaft mit
dem zunächst unscheinbaren Peter dafür, dass sie völlig den Boden unter den
Füßen verliert. Dabei lässt sie mit Peter zunächst nur einen Mann in ihr
verkorkstes Leben, damit sie nicht mehr so einsam ist und er sich durch seine
ruhige Art so wohltuend von den Gewaltausbrüchen ihres Ex-Mannes abhebt. Doch
hinter dieser ruhigen Fassade lauert ein noch größeres psychisches Wrack, das
Agnes immer mehr mit seinem Wahn ansteckt. Friedkin erweist sich als Meister,
diese psychische Abhängigkeit fast ohne musikalische Untermalung mit ausdrucksstarken,
düster leuchtenden Bildern zu beschreiben, wobei Ashley Judd („Twisted“,
„Doppelmord“) und Michael Shannon („Take Shelter“, „Shape of
Water“), der Peter bereits in dem Bühnenstück spielte, die wortreiche Tour
de Force Oscar-würdig darstellen. Wenn sich Peter zum Ende hin immer mehr
verstümmelt, um die versteckten Eier der Insekten aus seinem Körper zu
entfernen, spürt man als Zuschauer fast selbst die Schmerzen, die mit diesen
Selbstverstümmelungen einhergehen. Dabei lässt Friedkin offen, inwieweit
Peters Eindrücke der Wahrheit entsprechen, bekommt das Publikum doch nie auch
nur einziges Insekt zu sehen. Das macht „Bug“ so beängstigend.
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