Die zwölf Geschworenen (1997)

1957 inszenierte Sidney Lumet mit seinem Kinodebüt „Die zwölf Geschworenen“ nach dem gleichnamigen Bühnenstück von Reginald Rose einen Klassiker des Justizfilm-Genres. Damals brillierte Henry Fonda als zunächst einziger Geschworener, der berechtigte Zweifel an der Schuld des 19-jährigen Angeklagten, der seinen Vater erstochen haben soll, in dem Drama, das in Schwarzweiß in eigentlich nur einem Raum gedreht worden war. Vierzig Jahre später nahm sich Horror- und Action-Spezi William Friedkin („Der Exorzist“, „French Connection“, „Leben und sterben in L.A.“) der Geschichte für eine TV-Neuverfilmung an, wobei Jack Lemmon in der Hauptrolle überzeugen durfte.

Inhalt:

Ein 19-jähriger Junge aus einem Einwandererghetto wird angeklagt, seinen Vater in einem Streit am Abend erstochen zu haben, nachdem dieser ihn seit seiner frühesten Jugend immer wieder geschlagen hat. Sein Pflichtverteidiger hat vor Gericht wenig dazu beigetragen, die von der Staatsanwaltschaft vorgebrachten Beweise zu widerlegen. Nun liegt es an den zwölf Geschworenen, über Schuld bzw. Unschuld, über Leben oder Tod des Angeklagten zu entscheiden – und zwar einstimmig, wie die Richterin (Mary McDonnell) betonte. Zunächst sind elf Geschworene (u.a. George C. Scott, James Gandolfini, Tony Danza, Armin Müller-Stahl, William Petersen und Edward James Olmos) fest von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Nur der Geschworene Nr. 8 (Jack Lemmon) äußerst „berechtigte Zweifel“. An diesem laut Wettervorhersage „heißesten Tag des Jahres“ folgt eine lange, lebhafte, teils hitzige Diskussion unter den von Herkunft, Hautfarbe, Bildung, Lebensalter und Persönlichkeit sehr unterschiedlichen Männern. Während einige zu einer möglichst schnellen Entscheidung drängen, um noch Plänen für den Abend nachgehen zu können, gelingt es dem Geschworenen Nr. 8 mit Hinweisen auf Schwächen in der Beweisführung erste Zweifel bei den anderen Geschworenen zu säen. Schließlich fallen einigen von ihnen ebenfalls Details auf, die im Prozess nicht zur Sprache gekommen sind…

Kritik:

Es mutet schon etwas kurios an, dass ein Filmemacher wie Friedkin, der in seiner langen Karriere immer wieder grenzüberschreitende Genrefilme abgeliefert hatte, sich an einem formal relativ zahmen Remake eines Klassikers versucht, das gar nicht erst versucht, etwas anders zu machen. Zwar filmt er die ebenfalls fast ausschließlich im Zimmer der Geschworenen stattfindende Handlung in Farbe, doch die Bühnenvorlage von Reginald Rose übernimmt er ohne jede Veränderung. Es ist eher die zeitlose Geschichte über Zivilcourage, über die Bedeutung, sich über Vorurteile und vorschnelle Deutungen hinweg auf das zu fokussieren, worum es wirklich geht – um das Leben eines Menschen. Im Original noch zugespitzter „12 Angry Men“ betitelt, geht es hier nicht nur um das Abwägen von Argumenten, sondern um grundsätzliche Einstellungen. Ausgerechnet ein schwarzer Geschäftsmann bringt hier lautstark die ganze Sammlung an Vorurteilen zusammen, die man gegenüber jungen Schwarzen aus den Ghettos entgegenbringen kann, und es liegt an der besonnenen Darstellung des Geschworenen Nr. 8, dass die vernünftigen Argumenten Zugänglichen nach und nach ebenfalls Zweifel an der Schuld des jungen Angeklagten bekommen. Friedkin braucht bei dem grandiosen Drehbuch nur noch die Kamera auf die Beteiligten zu richten, und die hervorragenden Darsteller tun das Übrige, um selbst ein 1:1-Remake gut dastehen zu lassen. 

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