Robert Redford hatte sich seit Mitte der 1960er Jahre
mit Hauptrollen in Filmen wie „Barfuß im Park“, „Zwei Banditen“, „Blutige
Spur“, „Jeremiah Johnson“, „Der Clou“ und „Die Unbestechlichen“ längst
zum Hollywood-Star hochgearbeitet, als er 1980 seine Rolle vor der Kamera mit
der auf dem Regiestuhl eintauschte und mit dem einfühlsamen Familien-Drama „Eine
ganz normale Familie“ seinen ersten und einzigen Oscar einheimste.
Inhalt:
Der Steueranwalt Calvin Jarrett (Donald Sutherland)
lebt mit seiner Frau Beth (Mary Tyler Moore) und seinem Sohn Conrad (Timothy
Hutton) in einem Vorort von Chicago, wo sie sich in gehobenen
mittelständischen Kreisen bewegen. Auch wenn sie es langweilig finden, ständig zu
Partys anderer Leute eingeladen zu werden und einschläfernde Theaterstücke zu
besuchen, scheinen sie mit ihrem Leben ganz zufrieden zu sein. Doch seit dem
Bootsunfall, bei dem Conrads älterer Bruder Buck ums Leben kam, und Conrads
anschließendem Suizidversuch, auf den ein mehrmonatiger Klinikaufenthalt
folgte, zeigt die bürgerliche Fassade erste Risse. Während Calvin versucht, nach
Conrads Rückkehr in sein Zuhause einen Zugang zu ihm zu finden, kann Beth ihre
Trauer über den Verlust ihres geliebten Erstgeborenen nicht verhehlen und versteckt
sich hinter einer Mauer von Gefühlskälte, die auch ihrem Mann nicht verborgen
bleibt. Conrad selbst wird ständig von Albträumen über den Bootsunfall geplagt,
geißelt sich mit Selbstvorwürfen und fühlt sich sowohl an der Highschool als
auch in der Schwimmmannschaft und bei seinen Freunden nicht mehr wohl. Erst die
Therapie bei Dr. Tyrone Berger (Judd Hirsch) und die Freundschaft zu
seiner Chor-Mitstreiterin Jeannine (Elizabeth McGovern) scheint ihn allmählich
aus seinem seelischen Tief zu befördern…
Kritik:
Mit der Verfilmung des Romans „Ordinary People“ von Judith
Guest hat der vor der Kamera meist als Sunnyboy etablierte Robert
Redford einen mehr als gelungenen Start für seine neue Herausforderung
hingelegt. Das Drama überzeugt durch seine leisen Töne, die unaufgeregte Inszenierung,
die tiefgründige Charakterisierung aller Familienmitglieder und die großartigen
Darsteller. Es verwundert kaum, dass „Eine ganz gewöhnliche Familie“ mit
Oscars in den Kategorien Bester Film, Beste Regie, Bestes adaptiertes Drehbuch
und Bester Nebendarsteller (Timothy Hutton) prämiert worden ist und
weitere Nominierungen für die Schauspieler Mary Tyler Moore und Judd
Hirsch. Redford und Drehbuchautor Alvin Sargent gelingt es, aus
wechselnden Perspektiven heraus die Art und Weise herauszuarbeiten, wie Menschen
mit Trauer, Tod und Verlust umgehen, wie Schuldgefühle und Gefühlskälte zu
Depressionen führen und das Gefüge einer ganzen Familie durchrütteln. Vor allem
der zurecht Oscar-prämierte Schauspieldebütant Timothy Hutton überzeugt
in der Rolle des von Schuldgefühlen zerfleischten jungen Mannes, dem es nicht
gelingen will, wieder in die Normalität zurückzukehren. Dabei bekommt er durch
eine Leidensgenossin, die er nach dem Klinikaufenthalt wiedertrifft, und Jeannine,
die ihre eigenen Probleme zu bewältigen versucht, durchaus gespiegelt, dass er
mit diesem Problem nicht alleine steht. Der Film funktioniert aber nicht nur
durch die feinsinnigen Dialoge, sondern gleichermaßen durch die Bilder und
Stimmungen, die ohne Worte transportiert werden. Da kommt eine Leere und Ohnmacht
zum Ausdruck, für die es auch keine erklärenden Worte braucht. Mit seinen
späteren Regiearbeiten sollte der in diesem Jahr verstorbene Robert Redford
(„Der Pferdeflüsterer“, „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“) nur noch
selten an diese emotionale Dichte und Authentizität herankommen.
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