Das Appartement
Auch wenn Billy Wilder vor allem für seine Film noirs und Komödien berühmt geworden ist, haben seine Filme oft genug einen gesellschaftskritischen Unterton und beleuchten die Schattenseiten der menschlichen Persönlichkeit. Während er in „Boulevard der Dämmerung“ mit der goldenen Ära Hollywoods abrechnete, machte er in „Das verlorene Wochenende“ die Nöte eines Alkoholikers zum Thema und enthüllte in „Reporter des Satans“ schonungslos menschliche Sensationsgier und Ruhmsucht. Zu seinen anspruchsvolleren Komödien zählt vor allem das 1960 inszenierte und mit fünf Oscars ausgezeichnete Meisterwerk „Das Appartement“ mit Jack Lemmon, Shirley MacLaine und Fred MacMurray in den Hauptrollen.
Inhalt:
C.C. Baxter (Jack Lemmon) ist einer von über 30.000 Mitarbeitern der New Yorker Versicherungsgesellschaft „Consolidated Life” und in einem Großraumbüro als Sachbearbeiter in der Prämienabteilung zuständig. Was ihn vor allem bei seinen Vorgesetzten beliebt macht, ist die Tatsache, dass er sein schickes Appartement an Manhattans Westside fast an jedem Abend der Woche an sie „vermietet“, damit die feinen Herren unbeschwerte Stunden mit ihren Geliebten verbringen können.
Für ihn selbst bedeutet dies allerdings, dass er die Abende in Bars oder auch auf einer Parkbank verbringen muss, wo er sich bei dem aktuell schlechten Wetter auch mal eine Erkältung zuzieht. Immerhin steigt Baxter durch diese Gefälligkeiten langsam die Karriereleiter herauf, wird von Personalchef Sheldrake (Fred MacMurray) sogar zu seinem Assistenten mit eigenem Büro und Privilegien wie der Benutzung des Waschraums und der Kantine für Führungskräfte befördert wird. Was Baxter allerdings nicht weiß, ist die Tatsache, dass die Fahrstuhlführerin Fran Kubelik (Shirley MacLaine), in die er sich verliebt hat, Sheldrakes aktuelle Geliebte ist. Das erfährt er erst durch einen Zufall und treibt ihn in eine Bar, wo er sich betrinkt und sich mit einer Tresenbekanntschaft zu trösten versucht. Als er mit ihr in sein Appartement zurückkehrt findet er Fran nahezu leblos in seinem Bett vor. Sie hatte durch Sheldrakes eifersüchtige, ebenfalls enttäuschte Sekretärin erfahren, dass sich Sheldrake nie von seiner Frau trennen und sie nur eine in der Reihe von vielen seiner Geliebten bleiben würde, weshalb sie sich mit einer Überdosis Schlafmitteln umzubringen versuchte.
Baxter alarmiert seinen Nachbarn, Dr. Dreyfuss (Jack Kruschen), der Fran glücklicherweise wieder zu Bewusstsein bringt. Baxter informiert Sheldrake über Frans Zustand, doch da Weihnachten ist und er bei seiner Familie bleiben muss, bleibt es Baxter überlassen, sich um Fran zu kümmern …
Kritik:
Billy Wilder ließ sich für „Das Appartement“ von David Leans „Begegnung“ (1945) inspirieren und schrieb mit seinem langjährigen Co-Autor I.A.L. Diamond ein Oscar-prämiertes Drehbuch, das die Doppelmoral in Berufswelt und auf privater Ebene bis zur Groteske entlarvt. So wie der riesige Versicherungskonzern, für den Baxter und seine scheinheiligen Vorgesetzten arbeiten, seinen Kunden vermeintliche Absicherung verspricht, wiegen auch diese Männer ihre Frauen und Geliebten in der Überzeugung, dass sie sie über alles lieben. Letztlich geht es dem Konzern natürlich nur um die Gewinne und den Männern um eigennützige Abwechslung in ihrem Liebesleben. Hier regiert das Prinzip des Nehmens und Gebens. Baxter erhofft sich durch seine Gutmütigkeit einen Karriereschub, den er auch erhält, während die Männer, denen er stundenweise seine Wohnung überlässt, diesen Gefallen tatsächlich mit entsprechenden Beförderungen belohnen.
Schließlich wollen sie weiterhin in den Genuss dieses für alle Seiten vorteilhaften Arrangements kommen und besitzen so auch ein entsprechendes Druckmittel, sollte Baxter mal nicht mehr so kooperativ bei der Vermietung seines Appartements sein.
Jack Lemmon, der bereits ein Jahr zuvor in der satirischen Geschlechter-Komödie „Manche mögen’s heiß“ für Wilder vor der Kamera stand, ist die Idealbesetzung für den durchschnittlichen Angestellten, der sich mit seiner gutmütigen Art mühsam durch das Leben kämpft, sich aber dabei auch eher dafür zuständig fühlt, das Glück anderer Männer sicherzustellen, als selbst glücklich zu werden. Als er die sympathische Fahrstuhlführerin Fran näher kennenlernt und sich in sie verliebt, nimmt die zwischenzeitlich tragisch gewordene Geschichte aber doch noch eine versöhnlichere Wendung, die Hoffnung macht, dass sich bei all der Katzbuckelei auf dem Weg nach oben doch die Menschlichkeit siegen kann.
Wilder erhielt neben dem Oscar für das beste Drehbuch auch noch den Oscar für die beste Regie und den besten Film, dazu wurden das Szenenbild und der Schnitt prämiert, Jack Lemmon und Shirley MacLaine erhielten darüber hinaus Nominierungen als beste Hauptdarsteller.
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