Eins, zwei, drei

In seiner langjährigen Karriere als Drehbuchautor, Produzent und Regisseur hat Billy Wilder bei allem komödiantischem Flair gerade in den Filmen nach seiner Film-noir-Phase auch immer wieder gesellschaftskritische Töne angeschlagen. So persiflierte er in „Manche mögen’s heiß“ (1959) die Rollenklischees der Geschlechter und in „Das Appartement“ (1960) die Scheinheiligkeit, mit der Männer ihren Frauen und Geliebten Versprechen geben, die sie nicht einzuhalten in der Lage sind. Mit „Eins, zwei, drei“ inszenierte Wilder 1961 schließlich eine spritzige Ost-West-Komödie, die jedes Vorurteil über Kapitalisten und Kommunisten durch den Kakao zieht. 

Inhalt: 

Der für Westberlin zuständige Coca-Cola-Chef MacNamara (James Cagney) verfolgt den ehrgeizigen Plan, das beliebte Erfrischungsgetränk hinter den Eisernen Vorhang zu exportieren. Dazu lädt er Mitglieder der sowjetischen Handelskommission ein, zu der die überzeugten Kommunisten Peripetchikoff (Leon Askin), Borodenko (Ralf Wolter) und Mishkin (Peter Capell) gehören. Während die Sowjets darauf bestehen, dass sie dazu von MacNamara das Rezept zur Herstellung von Coca-Cola erhalten, lässt sich der Coca-Cola-Chef nicht davon abbringen, den Kommunisten den bereits fertigen Sirup zu liefern. Die sowjetischen Herren lassen sich vor allem deshalb auf den Deal ein, weil es ihnen MacNamaras attraktive Sekretärin und Geliebte Ingeborg (Lieselotte Pulver) angetan hat, die die Unterlagen persönlich zu ihnen ins Grand Hotel Potemkin bringen soll. Doch während MacNamaras unterwürfiger Assistent Schlemmer (Hanns Lothar) und sein Chauffeur Fritz (Karl Lieffen) die Dinge zum Laufen bringen, hat MacNamara auf einmal ganz andere Sorgen am Hals: Der Coca-Cola-Konzernchef Hazeltine (Howard St. John), der MacNamara die Vertretung des Unternehmens für Westeuropa in Aussicht stellt, bittet ihn, seine in Europa reisende Tochter Scarlett (Pamela Tiffin) für zwei Wochen in Berlin zu beherbergen. Doch schon bei der Abholung vom Flughafen wird MacNamara gewahr, dass die Siebzehnjährige sich scheinbar wahllos verliebt und verlobt. Als Aufpasser taugt MacNamaras Fahrer nur bedingt. Er chauffiert die wilde Dame nämlich jede Nacht nach Ost-Berlin, wo sie sich mit dem jungen Kommunisten Otto Ludwig Piffl (Horst Buchholz) trifft und ihn sogar zu heiraten beabsichtigt. Schließlich ist sie von ihm schwanger. 
Aus dem geplanten zweiwöchigen Aufenthalt werden zwei Monate, bis Hazeltine sich ankündigt, seine Tochter persönlich aus Berlin abzuholen. Damit MacNamara nicht in Ungnade fällt, versuchen er und seine Mitarbeiter, aus Scarletts Verlobten einen wohlerzogenen Zögling eines deutschen Adelsgeschlechts zu machen, der den Ansprüchen des Konzernchefs auch genügt … 

Kritik: 

Wieder einmal haben Billy Wilder und sein langjähriger Co-Autor I.A.L. Diamond ein Bühnenstück für das Kino adaptiert, diesmal Ferenc Molnárs „Egy, kettő, három“ aus dem Jahre 1929, wobei sie die Handlung in das geteilte Berlin verlegten und so die perfekte Kulisse für ihre turbulente Ost-West-Komödie fanden. James Cagney, der in Filmen wie „Die wilden Zwanziger“ (1939) und „Maschinenpistolen“ (1949) zum Aushängeschild des Gangsters in Hollywood avanciert war, ist hier in seiner letzten großen Hauptrolle zu sehen und brilliert als temperamentvoller Unternehmenschef, der nicht nur sein Produkt auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs verkaufen will, sondern auch Familie und Geliebte sowie den Betreuungsjob gegenüber der liebestollen Tochter seines Bosses unter einen Hut bekommen soll. Wilder lässt kaum eine Gelegenheit aus, Kommunisten wie Kapitalisten in ihren Rollenbildern zu entlarven. Ebenso wie die Westler nur an verantwortungslosen Vergnügungen und der Anhäufung von Kapital interessiert zu sein scheinen, werden die Kommunisten als indoktrinierte Trottel vorgeführt, die nur für ihre Ideologie, Wodka, Kaviar und Feiern leben. 
Während Cagney als kontrollsüchtiger Coca-Cola-Direktor brilliert, der alles versucht, um das lukrative Geschäft abschließen und die Tochter seines Bosses unter Kontrolle bekommen zu können, ist vor allem Lilo Pulver („Ich denke oft an Piroschka“, „Das Nachtgespenst“) als sexy Sekretärin eine Wucht. Wie sie vor der sowjetischen Handelskommission auf dem Tisch tanzt und singt, lässt erkennen, dass ihr schauspielerisches Talent über Rollen als romantisch verträumtes Mädchen weit hinausgeht.  
„Eins, zwei, drei“ überzeugt als vielschichtige, geistreiche wie temporeiche Demaskierung sämtlicher Klischees, die man sich über gegensätzliche Ideologien, Geschlechter und Staatsangehörigkeiten nur vorstellen kann, wobei das spielfreudige Ensemble, die spritzige Inszenierung und der prickelnde Dialogwitz ihren wertvollen Beitrag leisten.  

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