Christine

Nachdem John Carpenter in seinen ersten Jahren seine ganz eigenen Ideen in seinem ebenso individuellen Stil verwirklichen konnte und in kürzester Zeit zum Kult-Regisseur avancierte, hatte er bei seinen Filme, die ab 1982 von Major-Studios produziert worden sind, natürlich nicht mehr die komplette Kontrolle. Bei seinem Remake des Science-Fiction-Klassikers „Das Ding aus einer anderen Welt“ war davon kaum etwas zu spüren, auch wenn das Drehbuch und die Musik erstmals nicht von ihm selbst stammten. 1983 reihte sich Carpenter in die Riege prominenter Filmemacher wie Brian De Palma, David Cronenberg und Stanley Kubrick ein, die einen der Bestseller von Horror-Kult-Autor Stephen King für die große Leinwand adaptierten. Der Versuch ist zwar nicht wirklich misslungen, aber auch kein Meisterwerk. 

Inhalt: 

Der Highschool-Schüler Arnie Cunningham (Keith Gordon) ist der Inbegriff des klassischen Losers. Mit schwarzer Brille, einer wenig ansprechenden äußeren Erscheinung und mangelndem Selbstbewusstsein zählt er fraglos zu den Außenseitern an der Schule und wird vor allem von der Gang von Buddy Repperton (William Ostrander) drangsaliert. Immerhin hat er in dem beliebten Football-Star Dennis (John Stockwell) einen guten Freund, der auch schon seinen eigenen Wagen besitzt. 
Als er eines Tages auf einem heruntergekommenen Grundstück einen völlig verschmutzten und stark restaurierungsbedürftigen 1958er Plymouth Fury entdeckt, ist es um Arnie aber geschehen. Nichts kann Arnie davon abbringen, diesen Schrotthaufen für 250 Dollar zu kaufen. Von dem Verkäufer LeBay (Roberts Blossom) erfährt er nur, dass es sich um den Wagen seines verstorbenen Bruders handelt und Christine heißt. Arnie behält den Wagen trotz des Widerspruchs seiner Eltern (Christine Belford, Robert Darnell), die sich aber immerhin bereit erklären, den Wagen für ihren 17-jährigen Sohn anzumelden. Allerdings darf der Wagen nicht im Vorgarten stehen. So bringt Arnie den Wagen zu Will Darnell (Robert Prosky), in dessen Selbstschrauber-Werkstatt Arnie seiner Anschaffung in liebevoller Kleinarbeit wieder zu altem Glanz verhilft. Dabei macht er innerhalb kürzester Zeit die erstaunlichsten Fortschritte, was auch dem mürrischen Darnell Respekt abringt. 
Mit der zeitaufwendigen Arbeit an Christine hat sich Arnie allerdings nicht nur von Dennis entfremdet, sondern er hat sich auch zu einem selbstbewussten jungen Mann entwickelt, der nicht nur seine von Buddy Repperton zertretene Brille abgelegt hat, sondern auch die umworbene Highschool-Schönheit Leigh (Alexandra Paul) als Freundin gewinnen konnte. Doch dann dringen Repperton und seine Jungs in Darnells Garage ein und machen aus Christine einen Totalschaden. Arnie ist bei dem Anblick seines völlig zerstörten Wagens zunächst am Boden zerstört, macht sich aber wieder an die Arbeit, seine geliebte Christine wieder zu reparieren. Dabei demonstriert der Wagen ungewöhnliche Selbstheilungskräfte. Als anschließend erst Moochie (Malcolm Danare) und dann auch Repperton und die übrigen Gang-Mitglieder getötet werden, gerät Arnie in den Fokus der Ermittlungen von Detective Junkins (Harry Dean Stanton) … 

Kritik: 

Nachdem Carpenter mit „Das Ding aus einer anderen Welt“ das Grauen thematisiert hatte, das ein Alien über die Mitglieder einer Forschungsstation in der Antarktis bringt, ist es in „Christine“ ein wunderschöner Oldtimer, dem dämonische Kräfte zugeschrieben werden. Geschickt fängt Carpenter in der Eröffnungssequenz das Flair einer Autofabrikation im Jahr 1957 ein, als eine Reihe von beigen Plymouth Furys über das Band der Endkontrolle läuft. Bereits hier nimmt das leuchtend rot lackierte Auto, das dem Film seinen Titel leiht, eine Sonderstellung ein. Als kurz hintereinander ein Mechaniker durch die plötzlich herabfallende Motorhaube an der Hand verletzt wird und dann ein Mechaniker, der achtlos die Asche seiner Zigarre auf dem Vordersitz abschlägt, zum Feierabend tot auf dem Vordersitz aufgefunden wird, macht Carpenter deutlich, dass der Wagen offenbar ein teuflisches Eigenleben führt. Dem Underdog Arnie Cunningham verhilft das Gefährt nach der Restaurierung allerdings zu unverhofftem Selbstbewusstsein, macht ihn ebenso sexy wie arrogant. Gegen seine Liebe Christine gegenüber können weder sein bester Freund Dennis noch die Highschool-Schönheit Leigh einen Stich gewinnen. 
Carpenters Adaption fokussiert sich ganz auf die psychologisch interessante Bindung von Arnie zu seinem Wagen, lässt wie so oft aber die Nebenfiguren ziemlich blass aussehen. Im Mittelpunkt steht ohnehin der aufreizend schöne Oldtimer, der mit brutaler Gewalt jeden Neider, Provokateur und Zerstörer ausschaltet. Hier hat „Christine“ seine stärksten Momente. Wenn der Wagen entweder vom alten Rock’n’Roll aus dem Radio oder von Carpenters hypnotischen elektronischen Klängen untermalt seine Opfer verfolgt und zerquetscht oder überfährt, bringt Carpenter die ganze dämonische Wucht zum Ausdruck, die in Christine steckt. Grandios sind auch die Szenen gelungen, in denen sich Christine wieder selbst repariert. Doch davon abgesehen sind die Dialoge recht einfältig, die Figuren schwach gezeichnet, das Ende absolut vorhersehbar. Hier wird der Film der Romanvorlage am wenigsten gerecht. Doch von diesem Manko abgesehen bietet „Christine“ vor allem eine atmosphärisch stimmige und ungewöhnliche Coming-of-Age-Geschichte mit Darstellern, die kaum gefordert werden. 

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