Der Todeskuss
Einen besseren Start hätte sich Richard Widmark für seine Schauspielkarriere kaum wünschen können: In dem 1947 von Meisterregisseur Henry Hathaway („Kennwort 777“, „Niagara“) inszenierten Film noir „Der Todeskuss“ durfte er einen exaltierten Ganoven verkörpern, was ihm gleich eine Oscar-Nominierung als Bester Nebendarsteller und einen Golden Globe als Bester Nachwuchsdarsteller einbrachte.
An Heiligabend nutzen der Kleinganove Nick Bianco (Victor Mature) und seine beiden Komplizen den Trubel auf den Straßen und in den Geschäften aus, um in einem New Yorker Wolkenkratzer ein Juweliergeschäft auszurauben. Allerdings kann der gefesselte Juwelier den Alarm auslösen, bevor Bianco das Gebäude verlassen kann. Zwar gelingt es ihm, einen Polizisten auf dem Weg nach draußen kampfunfähig zu schlagen, aber auf der Straße wird er schließlich angeschossen und festgenommen. Der zuständige Staatsanwalt Louis D’Angelo (Brian Donlevy) bietet Bianco einen Deal an, wenn er seine Komplizen verrät, doch darauf lässt er sich nicht ein. Schließlich vertraut er darauf, dass sein Anwalt Howser (Taylor Holmes) ihn auf Bewährung herausbekommt. Doch die Hoffnung erfüllt sich nicht. Als eines Tages die Briefe an seine Frau Mary mit dem Vermerk „unbekannt verzogen“ zurückkommen, hört sich Bianco um und erfährt, dass Mary sich umgebracht hat und seine beiden Töchter in einem Waisenhaus untergekommen sind.
Unter diesen Umständen ist Bianco dann doch bereit, gegen seine alten Mitstreiter auszusagen. Um durch seinen Verrat nicht selbst in die Schusslinie zu geraten, erwähnt Bianco einen anderen Überfall, an dem er mit seinem Komplizen Pete Rizzo beteiligt gewesen, aber nicht zur Rechenschaft gezogen worden ist. Damit dieser nichts ausplaudern kann, beauftragt Howser den Auftragskiller Tommy Udo (Richard Widmark) mit dessen Tötung, doch da Rizzo bereits das Weite gesucht hat, stößt Udo stattdessen Rizzos Mutter an ihren Rollstuhl gefesselt die Treppe runter. D’Angelo lässt Bianco auf freien Fuß setzen, damit dieser draußen weiter für ihn den Informanten verkörpert. Bianco verliebt sich in Nettie Cavallo (Coleen Gray), die früher seine Kinder betreut hat, und beginnt mit ihr ein neues Leben. Doch die Bekanntschaft mit Udo wird für Bianco lebensgefährlich …
Kritik:
Die Oscar-nominierte Geschichte von Eleazar Lipsky („Der Killer mit der sanften Stimme“) haben die routinierten Drehbuchschreiber Ben Hecht (Oscars für „Underworld“ und „The Scoundrel“) und Charles Lederer („Sein Mädchen für besondere Fälle“, „Das Ding aus einer anderen Welt“) zu einem jederzeit packenden, fast schon dokumentarisch wirkenden und nie zu melodramatischen Plot geformt, in dem Victor Mature („Faustrecht der Prärie“, „Rache ohne Gnade“) überzeugend einen von Verzweiflung getriebenen Mann verkörpert.
Wird er zunächst durch anhaltende Arbeitslosigkeit gezwungen, den Lebensunterhalt für seine Familie durch einen Überfall zu sichern, hängt sein Schicksal schließlich von Menschen ab, die nur ihre eigenen Interessen im Sinn haben. Da der Unterwelts-Anwalt Howser sein Versprechen bricht, Bianco auf Bewährung freizubekommen, ist dieser auf das Wohlwollen des Staatsanwalts angewiesen, um wenigstens seine Kinder mal sehen zu dürfen. Während Bianco schnell die Sympathien des Publikums auf sich zieht, brilliert Richard Widmark („Zwei ritten zusammen“, „Cheyenne“) in seiner ersten Filmrolle als ebenso unberechenbarer wie skrupelloser Killer. Dazwischen stehen Figuren wie der Staatsanwalt oder Biancos Anwalt, die zwar fürsorglich erscheinen, letztlich aber vor allem ihre eigenen Ziele verfolgen. In dieser Hinsicht wirkt „Der Todeskuss“ extrem düster, was allerdings durch die romantische Liebe zwischen Nick Bianco und der jungen Nettie abgemildert wird.
Henry Hathaway inszenierte den Film noir mit der richtigen Mischung aus rasantem Tempo, gut herausgearbeiteten Konflikten und emotionaler Dynamik. Karl Malden ist einer Nebenrolle als Polizei Sergeant zu sehen. 1995 drehte Barbet Schroeder unter dem Originaltitel „Kiss of Death“ ein Remake mit Nicolas Cage in der Hauptrolle.
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