Der Mann, den es niemals gab

Der britische Filmemacher Ronald Neame wurde für seine Special Effects für „One of Our Aircraft Is Missing“ (1943) und als Drehbuchautor für seine Arbeiten an den beiden David-Lean-Filmen „Begegnung“ (1945) und „Die großen Erwartungen“ (1946) jeweils mit einem Oscar nominiert, bevor er 1947 ins Regiefach wechselte. Nach „Das rettende Lied“, „Der goldene Salamander“, „Der Unwiderstehliche“ und „Sein größter Bluff“ präsentierte er mit seinem fünften Film „Der Mann, den es nie gab“ 1956 ein Kriegs-Drama nach dem auf Tatsachen beruhenden, gleichnamigen Roman von Ewen Montagu aus dem Jahre 1954. 

Inhalt: 

Im Kriegsjahr 1943 wollen die Alliierten möglichst von der deutschen Wehrmacht unbedrängt im italienischen Mittelmeerraum landen. Lieutenant Commander Ewen Montagu (Clifton Webb) und sein Lieutenant George Acres (Robert Flemyng) vom britischen Geheimdienst tüfteln einen Plan aus, der die Deutschen glauben lässt, dass nicht Sizilien, sondern Griechenland das Ziel der Alliierten sei, so dass die Nazis einige auf Sizilien gebündelten Kräfte abziehen. Als ein schottischer Pilot mit seinem Flugzeug abstürzt, erhalten die britischen Offiziere vom Vater des Verstorbenen die Erlaubnis, den Leichnam für ihr Täuschungsmanöver zu verwenden. Dazu wird die Leiche mit dem Namen Major William Martin von den Marines versehen und mit allerlei gefälschten privaten und offiziellen Papieren präpariert. Montagus Sekretärin Pam (Josephine Griffin) wird damit beauftragt, einen authentisch wirkenden Liebesbrief zu schreiben, den der Tote bei sich tragen soll. Stattdessen diktiert ihre Mitbewohnerin Lucy (Gloria Grahame) ihr den Brief, da sie ihren Geliebten gerade verabschiedet hat und deshalb aus eigener Erfahrung weiß, wie sich ein Trennungsschmerz anfühlt. Schließlich wird die durch eine Kette am Toten befestigte Aktentasche mit fingierten Briefen gefüllt, in der ranghohe Offiziere andeuten, dass die Alliierten Sardinien und Griechenland angreifen würden. Die Leiche wird in einen mit Trockeneis gefüllten Kanister in einem U-Boot bis nach Spanien gebracht, wo sie an den Strand gespült wird. 
Die „Operation Pfefferminz“ scheint aufzugehen: Die mit den Deutschen sympathisieren Spanier übergeben die gefundenen Unterlagen an einen Agenten der Abwehr, der wiederum das Oberkommando der Wehrmacht informiert. Patrick O’Reilly (Stephen Boyd) soll nun herausfinden, ob der Hintergrund des aufgefundenen Soldaten den Fakten entspricht, und sucht Lucy auf … 

Kritik: 

Nigel Balchin („23 Schritte zum Abgrund“, „Der blaue Engel“) hat in seiner Drehbuchfassung des Romans das Täuschungsmanöver des britischen Geheimdienstes sehr akribisch nachgezeichnet, so dass Regisseur Neame den Zuschauer an jedem der geplanten und ausgeführten Schritte teilhaben lässt. Spannung kommt dabei lange Zeit nicht auf, aber der Film macht in seinem detaillierten Storytelling deutlich, mit wieviel Aufwand so ein Manöver verbunden gewesen sein muss. Jeder kleinste Fehler hätte schließlich zu einem Scheitern der Mission führen können und etlichen alliierten Soldaten das Leben gekostet. 
Sobald die Leiche am spanischen Strand landet, ist es faszinierend zu beobachten, wie die durch und durch fingierte Geschichte des Mannes überprüft wird, wobei die Operation in eine äußerst brenzlige Phase kommt, als nicht nur verfolgt werden muss, wie wasserdicht sich die konstruierte Geschichte erweist, sondern auch wie mit dem nachforschenden Agenten umgegangen werden soll. Neame hat dieses Szenario ganz unaufgeregt und unspektakulär umgesetzt. Hier steht eindeutig die Geschichte im Vordergrund, die von den teilweise recht prominenten Darstellern wie Clifton Webb („Laura“, „Auf Messers Schneide“), Robert Flemyng („Ein süßer Fratz“, „Geheimauftrag für John Drake“), Gloria Grahame („Ein einsamer Ort“, „Heißes Eisen“), Stephen Boyd („Ben Hur“, „ …denn keiner ist ohne Schuld“), Laurence Naismith („James Bond 007 – Diamantenfieber“, „Das Dorf der Verdammten“) und André Morell („Ben Hur“, „Die Brücke am Kwai“) souverän getragen wird. 

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