Tote schlafen besser

1946 schuf Meisterregisseur Howard Hawks mit der Verfilmung von Raymond Chandlers vertrackten Krimi „The Big Sleep“ ein Meisterwerk des Film noir und präsentierte einen wunderbar spielenden Humphrey Bogart als den ebenso coolen wie pessimistischen Detektiv Philip Marlowe. 1978 legte Michael Winner („Lawman“, „Ein Mann sieht rot“) mit „Tote schlafen besser“ eine längst nicht so gelungene Neuverfilmung vor, die weniger durch den nach wie vor verwirrenden Plot noch durch eine außergewöhnliche Atmosphäre, sondern vor allem durch promintente Darsteller wie die alternden Robert Mitchum und James Stewart sowie Oliver Reed und Joan Collins aufhorchen lässt. 

Inhalt: 

Der schwerreiche, aber an den Rollstuhl gefesselte Kriegsveteran General Sternwood (James Stewart) lässt den Privatdetektiv Philip Marlowe (Robert Mitchum) zu seinem außerhalb von London gelegenen Landsitz bestellen, um ihn in einer heiklen Angelegenheit zu engagieren. Er wird erneut wegen des Lebenswandels seiner jüngeren Tochter Camilla (Candy Clark) erpresst, diesmal wegen Spielschulden in Höhe von tausend Pfund. In dem Gespräch erwähnt Sternwood auch, wie sehr er seinen Schwiegersohn Rusty Regan vermisse, der mit seiner älteren Tochter Charlotte (Sarah Miles) verheiratet, aber seit einem Jahr spurlos verschwunden sei. Marlowe schließt sich mit Inspector James Carson (John Mills) von Scotland Yard kurz, dem er den Auftrag zu verdanken hat, und wird mit ihm zusammen Zeuge, wie kurz darauf Sternwoods Chauffeur in einem Auto tot aus der Themse geborgen wird. Die Ermittlungen des Privatdetektivs bringen ihn schnell mit dem zwielichtigen Nachtclubbesitzers Eddie Mars (Oliver Reed) in Berührung, mit dessen Frau Regan durchgebrannt sein soll … 

Kritik: 

Auch wenn es Howard Hawks in der Verfilmung von Chandlers Roman nach dem Drehbuch von William Faulkner und Leigh Brackett nicht gelungen ist, die komplexen Vorgänge der Krimihandlung transparenter auf die Leinwand zu übertragen, hat er doch die zynische Weltsicht seines Protagonisten inmitten einer hoffnungslosen Gesellschaft mit der entsprechend düsteren Großstadtatmosphäre versehen können, in der Bogart mit wunderbaren Sprüchen großartig aufspielen konnte. Daran kann der sichtlich gealterte und irgendwie gelangweilt wirkende Robert Mitchum in Winners Neuverfilmung von „The Big Sleep“ bei weitem nicht anknüpfen. Dabei ist ihm die Figur von Philip Marlowe noch aus der drei Jahre zuvor entstandenen Chandler-Verfilmung „Fahr zur Hölle, Liebling“ vertraut gewesen. Mitchums Performance passt allerdings in die wenig inspirierte Inszenierung von Michael Winner, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnete und in den 1970er Jahren mit Filmen wie „Lawman“, „Chatos Land“, „Kalter Hauch“, „Scorpio, der Killer“ und „Ein Mann sieht rot“ von sich reden machte, danach aber spürbar an Qualität einbüßte. 
Zwar hat sich Winner enger an die Romanvorlage gehalten, doch kommen in seiner spröden Adaption die Unzulänglichkeiten des Plots viel stärker zu Geltung. Das ist fraglos auch dem Umstand geschuldet, dass Winner die Geschichte aus dem Los Angeles in den späten 1930er/frühen 1940er Jahren in das weitaus hellere Ambiente des Londoner Umlands der 1970er transportierte und so einen Großteil der Atmosphäre versickern ließ, der Hawks‘ Verfilmung ihren besonderen Reiz verliehen hatte. Und natürlich können weder Candy Clark noch Sarah Miles mit ihren überdrehten Darstellungen der coolen Lauren Bacall das Wasser reichen. 
So stellt „Tote schlafen besser“ ein ganz und gar unnötiges Remake dar, das neben oftmals müden Darbietungen der Akteure keine inszenatorischen Höhepunkte aufweisen kann und so nur leicht gehobenes TV-Niveau erreicht.  

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