Flucht aus L.A.
Mit „Escape From New York“, der hierzulande als „Die Klapperschlange“ in den Kinos anlief, schuf John Carpenter 1981 einen Klassiker und ließ seinen Hauptdarsteller Kurt Russell den dringend nötigen Imagewechsel vom Disney-Spaßvogel zum Action-Star vollziehen. Dieses Erfolgskonzept wollten die beiden 1996 mit „Escape From L.A.“ fortsetzen, doch „Flucht aus L.A.“ ist nur ein müder Abklatsch des Originals mit einigen interessanten Besetzungs-Coups und coolem Soundtrack.
Anno 2013 werden die USA von einem theokratischen Präsidenten (Cliff Robertson) regiert, der vor einem großen Problem steht. Seine rebellische Tochter Utopia (A.J. Langer) hat nämlich die zu einer Satellitenwaffe gehörende EMP-Fernbedienung an sich gebracht und sie dem peruanischen Terroristen Cuervo Jones (Georges Corraface) geliefert, der zugleich als Anführer der gefürchteten L.A.-Gang Mescalito Justice fungiert. Los Angeles ist seit einer Flut, die im Jahr 2000 durch ein Erdbeben ausgelöst wurde, vom Festland abgeschnitten und dienst seither als Deportationszone für alle unerwünschte, moralisch abtrünnige Menschen. Während Jones bereits eine Invasion der USA mit Kräften aus Süd- und Mittelamerika vorbereitet, ruft Utopia zum Aufstand gegen ihren „korrupten und verlogenen“ Vater auf. Nachdem bereits ein fünfköpfiges Rettungsteam versagt hat, soll es nun wieder einmal Snake Plissken (Kurt Russell) richten. Der hat bereits einmal einem amerikanischen Präsidenten das Leben gerettet, ist danach allerdings wieder in Ungnade gefallen. Snake hat knapp zehn Stunden Zeit für seine Mission, denn einmal mehr wurde er mit einem Virus infiziert, das ihn nach Ablauf des Countdowns töten würde. Plissken gelangt mit einem U-Boot nach Los Angeles, wo er die Fernbedienung an sich bringen und bestenfalls Utopia töten soll. Das letzte Mitglied des Rettungsteams findet Plissken nur tot vor, also ist Plissken auf die Unterstützung von Leuten wie dem Stadtführer „Map to the Stars“-Eddie (Steve Buscemi), dem Surfer Pipeline (Peter Fonda), der hübschen Taslima (Valeria Golino) und der Transsexuellen Hershe Las Palmas (Pam Grier) angewiesen, um an Utopia und Jones heranzukommen.
Als die Funkverbindung zu Plissken abbricht, will der Präsident bereits militärische Maßnahmen ergreifen, doch kann Commander Malloy (Stacy Keach) ihn dazu überreden, Plissken noch Zeit zu lassen. Die wird allerdings knapp, denn Jones hat bereits seine Truppen in Marsch setzen lassen …
Kritik:
Dass John Carpenter und Kurt Russell nach fünfzehn Jahren noch einmal eine unerwartete wie letztlich unnötige Fortsetzung ihres gemeinsamen Erfolgsfilms „Die Klapperschlange“ in Angriff genommen haben, kann nur dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass beide ihr Karrieretief zu überwinden hofften. Carpenter hatte mit „Jagd auf einen Unsichtbaren“, der Anthologie „Body Bags“ und dem Remake von „Das Dorf der Verdammten“ Anfang der 1990er drei Flops hingelegt und nur mit „Die Mächte des Wahnsinns“ zwischenzeitlich sein früheres Genie aufblitzen lassen. Und Kurt Russell konnte trotz Auftritten in Blockbuster-Erfolgen wie „Stargate“ und „Backdraft“ auch nicht mehr an seine Blütezeit mit John Carpenter anknüpfen, die mit dem Fernsehfilm „Elvis – The King“ (1979) anfing und über „Die Klapperschlange“, „Das Ding aus einer anderen Welt“ und „Big Trouble in Little China“ weitgehend erfolgreich fortgeführt wurde.
Carpenter und Russell schrieben gemeinsam mit Debra Hill („Halloween“) auch das Drehbuch, verlegten das Geschehen von New York nach Los Angeles, nahmen ansonsten aber kaum Änderungen an der Story vor, so dass „Flucht aus L.A.“ nur wie ein uninspiriertes Remake von „Die Klapperschlange“ wirkt. Russell trägt nach wie vor seine Augenklappe und langes Haar, verliert nicht viele Worte und beschränkt sich auf cool getrimmte Oneliner, hat aber wenigstens sein Outfit der Zeit etwas angepasst.
Die offensichtlichen Schwächen des Drehbuchs versucht Carpenter mit temporeicher Action zu kompensieren, doch die CGI-Effekte wirken dabei oft nur sehr billig. Das trifft auch auf die Atmosphäre von Los Angeles zu, die längst nicht so apokalyptisch ausfällt wie im 1981er Film. Da hat Carpenter aus weniger definitiv mehr gemacht. Immerhin hat sich Carpenter durch verschiedene Massenszenen etwas mehr darum bemüht, das subkulturelle Leben auf der Insel abzubilden. Exploitation-Queen Pam Grier („Jackie Brown“), Steve Buscemi („Fargo“, „Reservoir Dogs“), Peter Fonda („Easy Rider“) und Bruce Campbell („Tanz der Teufel“) als verunstalteter Schönheits-Chirurg bringen zumindest darstellerisch einige nette Akzente, der Mix aus John Carpenters elektronischen und Shirley Walkers orchestralen Klängen wirkt wie aus einem Guss, ansonsten scheitert „Flucht aus L.A.“ grandios daran, der Geschichte von „Die Klapperschlange“ neue Akzente abzugewinnen. Selbst der Clou des Finales wurde sehr ideenlos wiederholt.
So wurde „Flucht aus L.A.“ leider nur zu einem weiteren Film, der den Niedergang eines einst großartigen Regisseurs dokumentiert.
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