Die Mächte des Wahnsinns

Zwanzig Jahre nach seinem Regiedebüt „Dark Star“ und in der Zwischenzeit auf der einen Seite so großartigen Filmen wie „Assault – Anschlag bei Nacht“, „The Fog – Nebel des Grauens“, „Das Ding aus einer anderen Welt“, auf der anderen Seite gefälligen Mainstream-Produktionen wie „Starman“ und „Jagd auf einen Unsichtbaren“ kehrte John Carpenter 1994 wieder zu seinen Wurzeln zurück. Mit „Die Mächte des Wahnsinns“ inszenierte er einen klaustrophobischen Horror-Streifen in bester Tradition von H.P. Lovecraft, Clive Barker und David Lynch

Inhalt: 

Der private Versicherungsdetektiv John Trent (Sam Neill) wird vom Verleger Jackson Harglow (Charlton Heston) damit beauftragt, den seit zwei Monaten vermissten Bestseller-Horror-Autor Sutter Cane (Jürgen Prochnow) aufzuspüren, denn auch von dem bereits angekündigten Manuskript zu „Die Mächte des Wahnsinns“ fehlt jede Spur. Trent will mit Canes persönlicher Lektorin Linda Styles (Julie Carmen) herausfinden, ob hinter Canes mysteriösem Verschwinden vielleicht ein Versicherungsbetrug steckt. Trent deckt sich zunächst mit den bisher erschienenen Romans des Autors ein, der mehr Bücher verkauft als Stephen King und dessen neues Werk auch verfilmt werden soll, und macht sich gleich am Abend an die Lektüre. 
Zwar verursacht ihm das Eintauchen in Canes Geschichten Alpträume, dafür kommt Trent die geniale Eingebung, Teile der Cover-Illustrationen auszuschneiden und zu einer Karte zusammenzulegen. Mit dieser Karte versuchen Trent und die Lektorin die fiktive, aber Canes Romanen erwähnte Stadt Hobb’s End zu finden. 
Nach einer nächtlichen Fahrt voller merkwürdiger Ereignisse landen Trent und Styles am nächsten Morgen tatsächlich in Hobb’s End und treffen Cane in einer Kirche an. Der euphorisierte Schriftsteller teilt ihnen mit, dass seine Bücher nicht länger Fiktion seien, sondern durch die Macht der Millionen fanatischer Fans Wirklichkeit würden. Tatsächlich werden Trent und Styles Zeugen, wie die Menschen in ihrer Umgebung zunehmend dem Wahnsinn verfallen … 

Kritik: 

Bereits mit „Sie leben“ (1988) hat John Carpenter geschickt mit den manipulierenden Mechanismen der Massenmedien gespielt und daraus eine düstere Zukunftsvision kreiert. Mit „Die Mächte des Wahnsinns“ geht er sogar noch ein Stück weiter. So wie sich in „Sie leben“ unterschwellige Botschaften aus der Werbung ins Unterbewusstsein der Konsumenten schlichen, wird in „Die Mächte des Wahnsinns“ die suggestive Kraft schriftstellerischen Schaffens zum Wegbereiter für die Apokalypse. Carpenter setzt bei der Umsetzung des Drehbuchs von Michael De Luca („A Nightmare on Elm Street 6: Freddy’s Finale“, „Judge Dredd“) vor allem auf Spezialeffekte, die den um sich greifenden Wahnsinn veranschaulichen, aber wie gewöhnlich leiden darunter die Charakterisierungen der Figuren. Allein Sam Neill („Jagd auf einen Unsichtbaren“, „Jurassic Park“) kann als skeptischer Versicherungsdetektiv, der allmählich selbst dem Wahnsinn verfällt, überzeugen, während Jürgen Prochnow („Das Boot“, „Das siebte Zeichen“) seine wenigen Momente durchaus nutzt, um die diabolische Persönlichkeit des Untergangs-Propheten zu verkörpern. Dagegen bleiben sowohl Charlton Heston („Planet der Affen“, „Ben Hur“) als auch Julie Carmen („Mein Nachbar, der Vampir“, „Gloria, die Gangsterbraut“) leider sehr farblos. 
Die lieblos gezeichneten Figuren fallen allerdings beim temporeichen Höllenritt der Story kaum ins Gewicht. Mit der geschickten Vermischung von Fiktion und Realität begibt sich Carpenter nicht nur auf die Spuren der populären „A Nightmare on Elm Street“-Reihe, sondern huldigt auch prominenten Kollegen wie Clive Barker („Hellraiser“, „Lord of Illusions“), David Lynch („Lost Highway“, „Mulholland Drive“) und den Geschichten von H.P. Lovecraft
Das mag nicht im Ganzen nicht wirklich originell sein, doch ist hier noch einmal John Carpenters inszenatorisches Können zu erleben, bevor er zunehmend in der Bedeutungslosigkeit verschwand. Schließlich konnte auch „Die Mächte des Wahnsinns“ - wie zuvor schon „Jagd auf einen Unsichtbaren“ - seine Produktionskosten nicht wieder einspielen. Nichtsdestotrotz gaben sowohl Universal („Das Dorf der Verdammten“) als auch Columbia („Ghosts of Mars“) und Paramount („Flucht aus L.A.“) Carpenter noch die Gelegenheit, je einen Film für sie zu machen. 

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